Bildschirmfoto 2020 10 13 um 04.32.47Der Präsident fällt bei Umfragen mehr und mehr zurück

Andreas Mink

New York (Weltexpresso) -  Eine Woche nach der Rückkehr aus dem Walter Reed Hospital in Washington aufgrund seiner Ansteckung mit Covid-19 steigt Donald Trump wieder in die Wahlkampf-Arena. Der Präsident plante für gestern, Montag, einen Auftritt in Florida und will in den kommenden Tagen weitere «Swing States» besuchen. Das Weisse Haus verweigert nach wie vor wesentliche Informationen über die Erkrankung des Präsidenten wie den genauen Zeitpunkt der Infektion. Aber Trump erklärte am Sonntag, er sei nun «immun» und «nicht mehr ansteckend».

Die Erkrankung und das zunehmend erratische Auftreten Trumps seither haben seinen ohnehin durchzogenen Chancen auf eine zweite Amtszeit deutlich geschadet. Auf Twitter und in Interviews reitet er alte Lieblingsthemen wie eine angebliche Verschwörung der Obama-Regierung gegen ihn und seine Kampagne im Jahr 2016: Deshalb müsse auch Joe Biden eingesperrt werden. So ist der Vorsprung seines Herausforderers bei der renommierten Erhebung der «Washington Post» und des TV-Senders ABC nun auf 54 zu 42 Prozent gestiegen. Wichtigster Grund hierfür sind die schlechten Noten für seinen Umgang mit der Covid-Krise. Hier geben nur 41 Prozent der Befragten Trump positive Noten. Aufgrund des unklaren Gesundheits-Zustandes von Trump hat die für die Ausrichtung von Debatten zuständige Kommission die für den 15. Oktober anberaumte Veranstaltung inzwischen abgesagt.

Auf Gliedstaats-Ebene sind Biden und demokratische Senats-Kandidaten sogar in konservativen Hochburgen wie Georgia, South Carolina oder Texas auf dem Vormarsch. Den Republikanern droht damit nicht allein der Verlust des Weissen Hauses, sondern auch ihrer Senats-Mehrheit. Besondere Aufmerksamkeit findet das Rennen in South Carolina. Dort muss der langjährige Amtsinhaber Lindsey Graham überraschenderweise um seinen Sitz fürchten: Graham ist als enger Verbündeter von Trump bei der Linken so verhasst wie kaum ein anderer Republikaner. Und als Vorsitzender des Justiz-Ausschusses ist Graham entschlossen, die Nomination der erzkonservativen Juristin Amy Coney Barrett im Eiltempo noch vor den Wahlen in drei Wochen durchzudrücken.

Sein Herausforderer Jaime Harrison empfängt daher eine erstaunliche Flut von Spenden: 57 Millionen Dollar von rund einer Million Spendern allein im letzten Quartal – ein Rekord für Senatsrennen. Der 44-jährige Harrison ist Afroamerikaner, Jurist, war in der Politik und als Lobbyist tätig und zeichnet sich durch Schlagfertigkeit und Sachkompetenz aus. Er liegt mit Graham derzeit Kopf an Kopf. Der Republikaner hat seinen Sitz bei den Wahlen 2014 mit 54 gegen 39 Prozent souverän verteidigt. Nun muss er Anhänger zunehmend verzweifelt um Spenden bitten, um Harrison bei Wahlwerbung Paroli zu bieten.

Geldsorgen hat auch Trump. Während Biden dank Rekord-Spenden von rund 400 Millionen Dollar allein im September die Medien in dem Dutzend Swing States mit Anzeigen flutet, hat die Trump-Kampagne zuletzt in Iowa und Ohio den Kauf von Werbeplätzen eingestellt. Beide Gliedstaaten könnten am 3. November den Ausschlag geben. In Iowa steht zudem die republikanische Senatorin Joni Ernst schwer unter Druck).

Aktuell problematisch für Trump ist zudem, dass die Chancen auf eine Einigung über ein neues Covid-Rettungspaket für Wirtschaft und Arbeitnehmer vor den Wahlen schwinden: Die Republikaner im Senat lehnen die Wünsche der Demokraten im Repräsentantenhaus nach 2,2 Billionen Dollar ab und Trump wechselt täglich seine Position in dieser für die Nation – und seine schwindenden Wahlchancen – so wichtigen Frage .

Foto:
Trump redet am vergangenen Samstag auf dem Balkon vom Weissen haus vor Anhängern
© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 12. Oktober 2020