Der Chor der Kritiker des Präsidenten ist um eine Cartoon-Stimme reicher geworden
Andreas Mink
Tel Aviv (Weltexpresso) - Gestern Sonntag folgte die Cartoon-Serie «The Simpsons» ihrem Familienvorstand Homer Simpson in eine Wahl-Kabine. Dort erinnerte ihn Tochter Lisa an all die Untaten von Donald Trump. Dann laufen insgesamt 50 Gründe, gegen Trump zu stimmen, vor Homers innerem Auge ab .
Darunter sind eher lächerliche wie: «Sieht lausig in Tennis-Kleidung aus; Bringt seine Frau nicht dazu, ihm die Hand zu halten», aber auch seriösere: «Sperrt Kinder in Käfige; Nennt weisse Rassisten 'feine Leute´; Bezichtigt Juden als unloyal, die Demokraten wählen» (Link).
Gravierender für Trump sind anhaltend schwache Umfragewerte. So fragwürdig Erhebungen auch sein mögen – bei den Republikanern und der engeren Umgebung des Präsidenten ist darüber anscheinend bereits Panik inklusive vorbeugender Schulzuweisungen ausgebrochen. Stand heute würde Joe Biden laut nahezu allen Erhebungen in zwei Wochen zum Präsident gewählt werden. Die Demokraten haben zudem starke Aussichten auf eine Machtübernahme im Senat.
Trump scheint dennoch nicht zu Disziplin und Fokus im Endspurt bereit. Er eskaliert seine Hetzreden und hat am Wochenende erneut Gretchen Whitmer attackiert, die Gouverneurin von Michigan. Whitmer war bekanntlich jüngst Ziel eines vom FBI vereitelten Anschlags von Rechtsextremisten. Aber Trump feuerte Anhänger an, die «Sperrt sie ein!» skandierten (Link). Mit dieser Rhetorik begeistert der Präsident den harten Kern seiner Anhängerschaft. Unentschlossene und Moderate treibt er so in die Arme der Demokraten – vor allem weisse Frauen mit höherer Bildung (Link).
Zudem geht der Trump-Kampagne das Geld aus. Grund sind Mismanagement und Verschwendung.Insgesamt hat sein Team seit 2017 über eine Milliarde Dollar an Spenden gesammelt. Aber der Wahlkampf-Manager Brad Parscale hat diese Mittel zu früh oder unklug in Anzeigen investiert. Millionen flossen in Parscales Kasse, aber etwa über die Nutzung eigener Immobilien oder durch Berater-Honorare in die Taschen der Trump-Familie. Umstritten ist auch die Rolle von Jared Kushner, der lange als letzte Instanz im Wahlteam agierte, aber mit sinkenden Umfragen seit dem Sommer in den Hintergrund abzutauchen scheint.
Allerdings gibt es auch gute Nachrichten für Trump: Nach längerem Zögern hat der Casino-Unternehmer Sheldon Adelson nun 75 Million Dollar für ihn gespendet (Link). Dennoch verfügen die Demokraten über vollere Kassen. Insgesamt haben die Partei und ihre Kandidaten im letzten Quartal mindestens 1,5 Milliarden Dollar eingenommen – primär von Millionen einzelner Spender, die Trump und den Republikanern um jeden Preis die Macht nehmen wollen.
Foto:
In dieser Aufnahme von 2016 hält Trump ein Bild von sich selbst in der Serie «The Simpsons», wo er jüngst wieder Thema war, sowie ein Foto mit Mike Tyson
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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 19. Oktober 2020
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