Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Zu dem Anschlag auf die Bochumer Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung - Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“ in der Nacht vom 9. auf den 10. November erklärt DOSB-Präsident Alfons Hörmann: "Diese feige Tat trifft ganz SPORTDEUTSCHLAND. Wir verurteilen die hinterhältigen Angriffe auf das wichtige Andenken unserer Sportkameraden Lilli Hennoch, Alfred und Gustav Felix Flatow und Walther Bensemann auf das Schärfste. Zugleich stehen wir solidarisch mit unseren Mitgliedsverbänden DFB und Makkabi Deutschland und all denen, die sich für die Werte des Sports aktiv einsetzen."
WELTEXPRESSO hat von dieser besonders infamen Tat erst durch die öffentliche Erklärung des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes Alfons Hörmann erfahren, was zeigt, wie wichtig öffentliche Äußerungen gegen solche Naziverherrlicher sind. Das muß man sich mal vorstellen, diejenigen Deutschen, die durch die Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben oder sogar ermordet wurden, derer nun im Kontext des Sports gedacht wird, werden von Neuem geschändet. Wieso kann in Bochum und anderswo so etwas geschehen, ohne daß die Täter ermittelt werden. Die sind ja meist noch stolz auf ihre Sauereien und tönen herum. Bochum ist doch nicht als braunes Nest bekannt. Also erwarten wir, daß diese gemeine Untat aufgeklärt wird - und wie es heißt, die Schuldigen bestraft werden.
Liest man die Äußerungen von Hörmann, erkennt man, daß die Zerstörung nicht nur in dieser Gedenknacht geschahen. Man sei getroffen davon, erklärte er. "Die hinterhältigen Angriffe auf das wichtige Andenken unserer Sportkameraden sind auf das Schärfste zu verurteilen." Die Schau mit dem Titel „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“, zeigt 17 herausragende deutsch-jüdische Sportlerpersönlichkeiten, die Nationalspieler, Welt- und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter waren. Die Ausstellung gibt die damaligen jüdischen Sportler in lebensgroßen plakativen Figuren wieder und weist auf, ob sie sich retten konnten oder wie sie im Dritten Reich verfolgt, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurden. Jetzt wird bekannt, daß schon vor Wochen die Figur von Walther Bensemann beschädigt sowie die Stele der Brüder Flatow mit antisemitischen Parolen beschmiert worden war. Die beiden Cousins waren Olympiasieger.
Wir haben über sie in den Ausstellungsunterlagen http://juedische-sportstars.de/index.php?id=189 gefunden:
Alfred und Gustav Felix Flatow
Turner
Alfred Flatow:
geboren am 3. Oktober 1869 in Danzig – ermordet am 28. Dezember 1942 im KZ Theresienstadt
Olympiasieger am Barren (Einzel) in Athen 1896Olympiasieger an Barren und Reck (jeweils mit der Mannschaft) in Athen 1896Zweiter Platz am Reck (Einzel) bei den Olympischen Spielen in Athen 1896Turnfestsieger 1898
Gustav Felix Flatow:
geboren am 7. Januar 1875 in Berent (Westpreußen) – ermordet am 29. Januar 1945 im KZ Theresienstadt
Olympiasieger an Barren und Reck (jeweils mit der Mannschaft) in Athen 1896
Die Cousins Alfred und Gustav Felix Flatow gehören zu den ersten Olympiahelden der deutschen Sportgeschichte. Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 bleibt die Riege der deutschen Turner ohne Konkurrenz. Die Mannschaft gewinnt überlegen am Barren und siegt am Reck ohne Gegner. In den Einzelwettbewerben ruft man Alfred Flatow nach einer überragenden Barrenübung zum Sieger aus. Eine besondere Ehre wird den deutschen Turnern zuteil, als sie zu einem Diner mit der griechischen Königsfamilie eingeladen werden. Auch die beiden Flatows nehmen an dem dreistündigen Festessen teil, das in fünf Gängen serviert wird und bei dem neben dem König auch alle Prinzen zugegen sind. In der Heimat verschweigt die Deutsche Turnerschaft die Erfolge ihrer Athleten. Die nationalkonservative Verbandsführung lehnt die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen und den Olympischen Spielen strikt ab.
Alfred Flatow ist um die Jahrhundertwende einer der namhaftesten deutschen Turner. Bereits seit seinem achten Lebensjahr ist er Mitglied in einem Danziger Turnverein. 18-jährig kommt er nach Berlin und schließt sich sofort der Berliner Turnerschaft an. Für den mitgliederstärksten deutschen Turnverein erringt er seine größten Erfolge. Als besonderer Triumph gilt sein Sieg im Sechskampf beim Hamburger Turnfest 1898. Nach seiner aktiven Zeit übernimmt Alfred Flatow das Amt eines stellvertretenden Oberturnwarts und publiziert zahlreiche turnmethodische Schriften. Als er im Frühjahr 1933 nach 46-jähriger Mitgliedschaft aus seinem Verein ausgeschlossen wird, trifft ihn das schwer. Alfred Flatow bleibt trotz der wachsenden Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung in Berlin. Im Alter von 71 Jahren gerät er in die Maschinerie der „Endlösung“. Er wird 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Gustav Felix Flatow ist im Berliner Turner-Verein von 1850 organisiert, dem er bis zum Ende seiner aktiven Karriere 1904 angehört. Der Cousin von Alfred Flatow ist vielseitig interessiert: Er nimmt an Radrennen teil und besucht in den 1920er Jahren regelmäßig Boxkämpfe des jüdischen Boxklubs Maccabi, für den sein Sohn startet. Im Frühjahr 1933 flüchtet Gustav Felix Flatow nach Rotterdam. Hier ist der Kaufmann an einer Firma beteiligt, die sich auf die Herstellung von Kinderkleidung spezialisiert hat. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen ist die Familie auch dort nicht mehr sicher und muss 1943 untertauchen. Sie werden verraten und wie Alfred nach Theresienstadt gebracht. Hier verhungert Gustav Felix Flatow 1945, nur wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers.
Es dauert lange, bis sich die deutsche Turnerbewegung seiner ersten jüdischen Olympiasieger erinnert. Seit 1987 vergibt der Deutsche Turner-Bund die Flatow-Medaille zur „Mahnung und Erinnerung an die Verfolgung von Juden in der Deutschen Turnerschaft 1933 bis 1945“. Ein Jahr später benennt die Stadt Berlin die Reichssportfeldstraße am Olympiagelände in Flatowallee um. Vor den ehemaligen Wohnhäusern der Flatows und ihrer Familien in Berlin-Schöneberg und Berlin-Charlottenburg werden 2012 Stolpersteine verlegt.
Berno Bahro
Noch einmal im Klartext: Am Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 sind in der selben Nacht im Jahr 2020 diese Gedenkfiguren jüdischer Sportler zerstört worden. Nach Behördenangaben ermittelt die Staatsschutzabteilung der Polizei.
Eigentlich sollte die Reaktion der Öffentlichkeit diejenige sein, diese jüdischen Sportler erst recht zu ehren und durch Veröffentlichung ihrer Lebensdaten, der Erfolge und wie Deutschland mit diesen erfolgreichen jüdischen Sportlern umgegangen ist, diese im Nachhinein deutschlandweit bekannt machen, was wir mit obigem Abdruck zumindest über die Cousins und Olympiasieger Flatow tun wollen, deren Namen zumindest eine Schule trägt.
Fotos:
Standbilder © teamdeutschland.de
©Stolpersteine © flatow-os.de
Flatowmedaille © booklooker.de
Liest man die Äußerungen von Hörmann, erkennt man, daß die Zerstörung nicht nur in dieser Gedenknacht geschahen. Man sei getroffen davon, erklärte er. "Die hinterhältigen Angriffe auf das wichtige Andenken unserer Sportkameraden sind auf das Schärfste zu verurteilen." Die Schau mit dem Titel „Zwischen Erfolg und Verfolgung – Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach“, zeigt 17 herausragende deutsch-jüdische Sportlerpersönlichkeiten, die Nationalspieler, Welt- und Europameister, Olympiasieger und Rekordhalter waren. Die Ausstellung gibt die damaligen jüdischen Sportler in lebensgroßen plakativen Figuren wieder und weist auf, ob sie sich retten konnten oder wie sie im Dritten Reich verfolgt, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet wurden. Jetzt wird bekannt, daß schon vor Wochen die Figur von Walther Bensemann beschädigt sowie die Stele der Brüder Flatow mit antisemitischen Parolen beschmiert worden war. Die beiden Cousins waren Olympiasieger.
Wir haben über sie in den Ausstellungsunterlagen http://juedische-sportstars.de/index.php?id=189 gefunden:
Alfred und Gustav Felix Flatow
Turner
Alfred Flatow:
geboren am 3. Oktober 1869 in Danzig – ermordet am 28. Dezember 1942 im KZ Theresienstadt
Olympiasieger am Barren (Einzel) in Athen 1896Olympiasieger an Barren und Reck (jeweils mit der Mannschaft) in Athen 1896Zweiter Platz am Reck (Einzel) bei den Olympischen Spielen in Athen 1896Turnfestsieger 1898
Gustav Felix Flatow:
geboren am 7. Januar 1875 in Berent (Westpreußen) – ermordet am 29. Januar 1945 im KZ Theresienstadt
Olympiasieger an Barren und Reck (jeweils mit der Mannschaft) in Athen 1896
Die Cousins Alfred und Gustav Felix Flatow gehören zu den ersten Olympiahelden der deutschen Sportgeschichte. Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 bleibt die Riege der deutschen Turner ohne Konkurrenz. Die Mannschaft gewinnt überlegen am Barren und siegt am Reck ohne Gegner. In den Einzelwettbewerben ruft man Alfred Flatow nach einer überragenden Barrenübung zum Sieger aus. Eine besondere Ehre wird den deutschen Turnern zuteil, als sie zu einem Diner mit der griechischen Königsfamilie eingeladen werden. Auch die beiden Flatows nehmen an dem dreistündigen Festessen teil, das in fünf Gängen serviert wird und bei dem neben dem König auch alle Prinzen zugegen sind. In der Heimat verschweigt die Deutsche Turnerschaft die Erfolge ihrer Athleten. Die nationalkonservative Verbandsführung lehnt die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen und den Olympischen Spielen strikt ab.
Alfred Flatow ist um die Jahrhundertwende einer der namhaftesten deutschen Turner. Bereits seit seinem achten Lebensjahr ist er Mitglied in einem Danziger Turnverein. 18-jährig kommt er nach Berlin und schließt sich sofort der Berliner Turnerschaft an. Für den mitgliederstärksten deutschen Turnverein erringt er seine größten Erfolge. Als besonderer Triumph gilt sein Sieg im Sechskampf beim Hamburger Turnfest 1898. Nach seiner aktiven Zeit übernimmt Alfred Flatow das Amt eines stellvertretenden Oberturnwarts und publiziert zahlreiche turnmethodische Schriften. Als er im Frühjahr 1933 nach 46-jähriger Mitgliedschaft aus seinem Verein ausgeschlossen wird, trifft ihn das schwer. Alfred Flatow bleibt trotz der wachsenden Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung in Berlin. Im Alter von 71 Jahren gerät er in die Maschinerie der „Endlösung“. Er wird 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Gustav Felix Flatow ist im Berliner Turner-Verein von 1850 organisiert, dem er bis zum Ende seiner aktiven Karriere 1904 angehört. Der Cousin von Alfred Flatow ist vielseitig interessiert: Er nimmt an Radrennen teil und besucht in den 1920er Jahren regelmäßig Boxkämpfe des jüdischen Boxklubs Maccabi, für den sein Sohn startet. Im Frühjahr 1933 flüchtet Gustav Felix Flatow nach Rotterdam. Hier ist der Kaufmann an einer Firma beteiligt, die sich auf die Herstellung von Kinderkleidung spezialisiert hat. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen ist die Familie auch dort nicht mehr sicher und muss 1943 untertauchen. Sie werden verraten und wie Alfred nach Theresienstadt gebracht. Hier verhungert Gustav Felix Flatow 1945, nur wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers.
Es dauert lange, bis sich die deutsche Turnerbewegung seiner ersten jüdischen Olympiasieger erinnert. Seit 1987 vergibt der Deutsche Turner-Bund die Flatow-Medaille zur „Mahnung und Erinnerung an die Verfolgung von Juden in der Deutschen Turnerschaft 1933 bis 1945“. Ein Jahr später benennt die Stadt Berlin die Reichssportfeldstraße am Olympiagelände in Flatowallee um. Vor den ehemaligen Wohnhäusern der Flatows und ihrer Familien in Berlin-Schöneberg und Berlin-Charlottenburg werden 2012 Stolpersteine verlegt.
Berno Bahro
Noch einmal im Klartext: Am Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 sind in der selben Nacht im Jahr 2020 diese Gedenkfiguren jüdischer Sportler zerstört worden. Nach Behördenangaben ermittelt die Staatsschutzabteilung der Polizei.
Eigentlich sollte die Reaktion der Öffentlichkeit diejenige sein, diese jüdischen Sportler erst recht zu ehren und durch Veröffentlichung ihrer Lebensdaten, der Erfolge und wie Deutschland mit diesen erfolgreichen jüdischen Sportlern umgegangen ist, diese im Nachhinein deutschlandweit bekannt machen, was wir mit obigem Abdruck zumindest über die Cousins und Olympiasieger Flatow tun wollen, deren Namen zumindest eine Schule trägt.
Fotos:
Standbilder © teamdeutschland.de
©Stolpersteine © flatow-os.de
Flatowmedaille © booklooker.de