Bamf.de 4Der Skandal um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge-Bremen war das Werk des CSU-Ehrenvorsitzenden Seehofer auf Kosten der JesidInnen

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Seehofer sah sich spätestens 2018 vor der vehement reüssierenden Rechten getrieben. Es war aber schon damals per Intuition klar, dass es kommen musste wie es kam. Die schändliche Kampagne, die Mitte 2018 einsetzte, hatte keine fundierte Tatsachen-Basis, sackte in sich zusammen.

Die Diffamierung gegen das Bremer Bamf sollte zwei Jahre anhalten

Denn das abschließende Urteil am 14.11.2020 besagte: „Kein Asylmissbrauch in der Bamf-Stelle“. Schon im Juni 2018 hatten Juristen sich auf die Seite der Außenstelle Bremen des Bamf gestellt. Zumal es sich überwiegend um verfolgte Jesiden gehandelt habe. Die Asyl Beantragenden waren schlimmsten Traumata der mörderischsten Verfolgung durch den IS entronnen. Anwälte wussten von einer Verrohung auch in anderen Außenstellen, die von der Spitze her verfügt war. Bremen sei hierin eine Ausnahme gewesen. Hinter den Machenschaften steckten nacheinander die in Richtung Berlin hin willfährigen Innenminister Friedrich (CSU) und De Maizière (CDU), auch aufgrund eigener Überzeugung. Das Bremer Bamf hatte gleichwohl Beachtliches geleistet, war aber schlecht aufgestellt. Das bot die Gelegenheit einer fremdenfeindlichen Propaganda.

Schon im August 2018 lautete die entlastende Schlagzeile: „Was vom ‚Bamf-Skandal‘ übrigbleibt“. Erst am 14.10.2020 aber kam den kritisch Nachforschenden nicht ganz überraschend zur Kenntnis: „Kein Asylmissbrauch in Bremer Bamf-Stelle“. Bedeutsam ist die Intriganz, mit der seitens oberster Ebenen vorgegangen wurde. Der Skandal wurde zu einer Geschichte von zwei Jahren. Am 16.06.2018 wurde vermeldet: „Bamf-Chefin Cordt wird geopfert“. Diese hatte aber schon 18 000 Asylbescheide überprüfen und sich im Ergebnis sich nichts zuschulden kommen lassen. Am 22.August desselben Jahres besagte die entlastende Schlagzeile daher bereits vielsagenderweise: „Was vom Bamf-‚Skandal‘ übrig bleibt“.

Seehofer wollte ein Opfer vorweisen können

Zunächst aber sollte ein gerade rechtkommendes Opfer geschasst werden. Wie zu erwarten leitet die zweite Serie der Meldungen mehr als zwei Jahre später am 12.11.2020 knapp ein: „Wende im „Bamf-Skandal“‘“. Der Gesamthintergrund lag im Anstieg der Flüchtlingszahlen zwischen 2010 und 2015 begründet. Aus der Willkommenskultur sollte eine Ablehnungskultur - aus Getriebenheit von der extremen Rechten und ihrem Ableger im Parlament - werden. Der Skandal um Flucht, Verfolgung und Bedrohung an Leib und Leben reicht übrigens bis in die Türkei, wo 2018/19 dem System Erdogan sensible Daten von um die 2400 bis 4000 in Deutschland Asyl beantragenden türkischen Verfolgten durch sogenannte ‚Kooperationsanwälte‘ übergeben wurden. Das sind Vorgänge, die sich über Jahre hinziehen und für die Betroffenen über einen langen Zeitraum traumatisch sind.

Schon am 08.09.2018 kommt im abschließenden Prüfbericht des Bundesamts in Nürnberg heraus, dass nur 1,1 Prozent der Verfahren im Bremer Bamf nicht korrekt waren (145 Verstöße). Untersucht worden sei jede positive Entscheidung von 2006 bis 09.2018. Es handelte sich um knapp 13000 Verfahren mit gut 18000 Antragstellern. Flüchtigkeitsfehler seien vor allem in den turbulenten Jahren 2014-2016 passiert, sodass hier 2700 Mängel festgestellt werden konnten. Mehr Bearbeitungszeit hätte Nachfragen und Anhörungen bei gleich- oder ähnlich gestellten Behörden möglich gemacht.

Die EG-ANTRAG wurde als Arbeitskreis gegen das Bamf in Stellung gebracht

Heraus kam auch, dass eine zusätzlich eingesetzte Polizei-Ermittlungsbehörde zuungunsten der beschuldigten früheren Bremer Außenstellenleiterin Ulrike B. ermittelt habe. In diesem Zusammenhang kam es zu Ermittlungen wegen Verdachts der Urkundenfälschung gegen Mitglieder der sog. Ermittlungsgruppe EG-ANTRAG, aufgrund anonymer Hinweise. Von ausgegangenen 1200 möglichweise rechtswidrigen Asylbescheiden erwiesen sich die meisten als rechtmäßig ausgestellt.

Da die Ermittlungsgruppe ob der Rechtmäßigkeit in die Defensive geriet, ging sie dazu über, Asylbewerber persönlich einzuladen, um so leichter zu belastenden Tatsachen zu gelangen. Auch seien entlastende Dokumente der Hauptbeschuldigten Ulrike B. mit Absicht nicht zu den Akten genommen worden. Das erfüllte den Tatbestand der Urkundenunterdrückung. Ulrike B. wird nun abschließend nicht mehr vor Gericht zitiert. Es bleibt für B. nur noch ein Restbestand von Anklagepunkten wegen Weitergabe interner Behördenmails an Asylanwälte und Verletzung von Dienstgeheimnissen.

Im Raum steht auch für die zusätzlich ermittelnde Staatsanwaltschaft, ob die Ermittlungsgruppe einseitig ermittelt habe. Auch in einem solchen Fall wäre der Verdacht der Urkundenunterdrückung erheblich. Ein Problem besteht indessen drin, dass die Staatsanwaltschaft, obwohl sie schon an den Bamf-Ermittlungen beteiligt war, nun auch noch die Vorwürfe gegen die EG aufzuklären vorhabe.

Die Crux der ungenügend aufgearbeiteten Vergangenheit

Das Publikum der Freien Aussprache macht sich Gedanken über die Tatsache, dass trotz verbesserter Aufarbeitungspraxis es eben doch keine wirkliche Entnazifizierung gegeben habe und daher noch menschenverachtend, von oben herabschauend, mit Opfern der Verfolgung und des institutionellen Rassismus umgegangen werde, auch wenn die Ämter und Behörden zumeist bemüht sind, den Menschen mit Respekt und Beachtung zu begegnen.

Das gestaltete sich zu Beginn der Sechziger Jahre noch ganz anders. Der Bamf-Skandal zeige, wie ein Skandal parteipolitisch fabriziert werde, stellt ein Leser klar. Sein Schluss gipfelt in der schon angedeuteten Erkenntnis: „Der CSU-Innenminister und viele seiner Parteifreunde wollten Wähler an sich binden, damit die nicht zu verfassungsfeindlichen Parteien nach rechts abwandern. Die sind trotzdem abgewandert“.- Dazu seien Menschen und Verwaltungen benutzt worden.

Es wird wohl noch Jahre dauern, bis die Restbestände einer behördlichen Misstrauenskultur auf das nicht ausrottbare Minimum abgeschmolzen sind. Ein anderer Schreiber der Freien Rede fragt, an Horst Seehofer gerichtet: „Wird er sich wenigstens für diesen Skandal entschuldigen?“ – Er wird es wohl nicht, denn das, was er getan hat, würde er sonst in aller Öffentlichkeit mit dem Verlust seines Ansehens und Gesichts bezahlen müssen. Dann rückte der Einzug in die Walhalla in weite Ferne.

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