
Klaus Jürgen Schmidt
Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Grundsätzlich sollen Texte für Nachrichten-Sendungen präzise, kurz und verständlich formuliert sein. Vor allem aber: Sie müssen ideologiefrei sein!


Gemeint war der Atompakt von 2015, der vorsah, dass der Iran Uran bis maximal 3,67 Prozent anreichern darf. Ziel der Vereinbarung war es, zu verhindern, dass das Land an Kernwaffen gelangt. Jetzt – so mussten Zuschauer von ARD- und ZDF-Nachrichten es verstehen – hat der Iran das Abkommen gebrochen.
Hat er das?

Kann Iran gegen ein Abkommen verstoßen, das von einem der wichtigsten Pakt-Partner bereits aufgekündigt worden ist, und das die übrigen Partner nicht zu retten vermochten?
Anders als bei Zeitungen kann ein Hörer (auch der Hörer von Fernsehnachrichten) einen Satz, den er nicht verstanden hat, nicht noch einmal lesen. Daraus ergibt sich für gesprochene und gehörte Nachrichten die Anforderung, dass ihre Sätze eingängig sind und nicht durch seltsame Wortwahl oder kuriose Konstruktionen zum Grübeln oder Schmunzeln und durch Schachtelsätze oder Fremdwörter zum Weghören verführen. Der Hörer soll, wenn er Nachrichten hört, nicht über Sprache oder Wortwahl nachdenken, sondern unmittelbar verstehen, was der Redakteur mitteilen wollte.
Haben ARD und ZDF-Nachrichten-Hörer verstehen können, dass US-Präsident Donald Trump und nicht Teheran den Iran-Vertrag gebrochen hat, u.a. weil der eine Hinterlassenschaft Barack Obamas war? Zusammen mit Partnern in Europa hatte dieser darauf gesetzt, besser ein mangelhaftes Abkommen zu haben als gar keines.
War es redaktionelle Nachlässigkeit? Oder soll die verwendete Nachrichten-Sprache bei einer weiteren Eskalation des Konflikts im Nahen Osten das Echo haben: DER IRAN IST SCHULD?
Dann müssten die Verantwortlichen bei ARD und ZDF daran erinnert werden, was am am 30. August 2018 die Nachrichten-Agentur REUTERS zu berichten wusste:

30.08.2018: Die Nachrichten-Agentur Reuters berichtet von der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, der Iran habe seine Verpflichtungen aus dem Atom-Abkommen von 2015 eingehalten.
Reuters zitiert aus einem vertraulichen Bericht der Atomkontrolleure der Vereinten Nationen.
In ihrem zweiten Vierteljahresbericht seit der Ankündigung von U.S.-Präsident Trump im Mai, das Abkommen aufkündigen und erneut Sanktionen verhängen zu wollen, bestätigen die Atomwächter der UN, der Iran habe die vereibarten Obergrenzen für die Urananreicherung, für bereits angereicherte Uran-Vorräte sowie für anderes dafür benötigtes Material eingehalten.

<<<< KJS als Nachrichten-Redakteur
© ARD / ZDF / Ting Shen/XinHua / Reuters / KJS
Info:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/iran-urananreicherung-atomwaffen-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/iran-uran-anreicherung-105.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Nachrichtensprache
https://www.reuters.com/article/us-iran-nuclear-idUSKCN1LF1KR
https://www.kellnerverlag.de/wie-ich-lernte-die-welt-im-radio-zu-erklaren.html