Bildschirmfoto 2021 01 16 um 00.30.47Aus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 2

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Zum Ende dieser Woche wird deutlich, wie schwierig die Corona-Lage ist: Der US-Pharmakonzern Pfizer senkt vorübergehend die Liefermengen seines Corona-Impfstoffs. Bis Anfang Februar wird es Schwankungen bei der Produktion am europäischen Standort in Belgien geben. Dort wird umgebaut, um auf lange Sicht die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Von dem Engpass sind auch die Impfstoff-Lieferungen nach Deutschland betroffen. Zugleich zieht Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren „Corona-Gipfel" mit den Ministerpräsidenten vor.

Schon am Dienstag könnten verschärfte Lockdown-Maßnahmen beschlossen werden. Die Infektionszahlen sind „zu hoch", wie Merkels Sprecher Steffen Seibert heute in Berlin erklärte.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte von Donnerstag auf Freitag 22.368 Neuinfektionen und 1113 Todesfälle. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitagmorgen bei 146,1. Sie dient als Richtwert für die Corona-Maßnahmen. Ginge es nach der Bundesregierung, müsste dieser Wert auf unter 50 reduziert werden. 


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Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 287,6 ist Thüringen vor Sachsen (274,1) aktuell das am stärksten von der Pandemie betroffene Bundesland.

Die hohen Todeszahlen lassen sich vor allem auf Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen zurückführen. Obwohl dies den Behörden seit Monaten bekannt ist, wurde kaum etwas unternommen. WELT veröffentlicht den „Altenheim-Report" mit exklusiven Daten aus den Bundesländern auf welt.de.



martin schmidDAS GESPRÄCH DER WOCHE

Quelle: MLLV/ Martin Schmid

Martin Schmid (im Foto) ist der Vorsitzende des Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverbands und Schulleiter einer Grundschule. Er berichtet, wie der Fernunterricht mit Grundschülern gelingen kann – und warum es dafür vor allem viel Eigeninitiative von Lehrkräften und Eltern braucht.


WELT: Herr Schmid, CSU-Chef Markus Söder hat gefordert, dass der Distanzunterricht im Januar „jetzt mal klar funktionieren" müsste. Da schwingt ein Vorwurf mit. Nehmen Sie diesen Vorwurf an?

Schmid: Ich glaube, dass das eher an das Kultusministerium adressiert war. Der Fernunterricht holpert natürlich. Das ist aber nicht auf die Kolleginnen und Kollegen zurückzuführen, sondern das liegt an den Voraussetzungen. Wir haben in München 180 Grund- und Mittelschulen und davon haben zehn Schulen einen kompletten W-Lan-Ausbau. Die Lehrkräfte haben keine Dienstgeräte. Sie müssen von zuhause aus mit ihren privaten Laptops den Digitalunterricht durchführen. Das ist natürlich mit der gleichzeitig geforderten Notbetreuung – also Schüler zusätzlich in der Schule zu betreuen – relativ schwierig. Der Distanzunterricht läuft gut an Schulen, die für sich sogenannte Insellösungen gefunden haben.


WELT: Und an Ihrer Grundschule?

Schmid: Bei uns an der Schule funktioniert es gut, weil wir eine Insellösung haben. Weil wir ganz starke Kooperationen mit den Eltern hatten und über diese starke Eltern-Mithilfe uns so schnell digitalisieren konnten. Das trifft aber natürlich nicht auf den Großteil der Schulen zu, weil die Voraussetzungen nicht gegeben sind. Wir haben uns relativ früh, also im April letzten Jahres, schon um eine Lösung gekümmert. Das heißt, wir haben nicht auf die bayerische Lernplattform Mebis gesetzt, sondern mithilfe der Schulfamilie und den Eltern Microsoft Teams initialisiert. Deshalb hatten wir keine Probleme.


WELT: Hätten Sie sich gerade für solche Maßnahmen mehr Unterstützung gewünscht, auch vom Kultusminister?

Schmid: Natürlich hätten wir uns mehr Unterstützung gewünscht. Vielleicht kann ich das so aufteilen: Seitens der Eltern und der Kollegen war immer Unterstützung da. Die Stadt als Sachaufwandsträger hat sich sehr bemüht, aber es ist natürlich ein sehr großer Apparat, der nicht punktgenau und schnell reagieren kann. Seitens des Freistaates hat von Anfang an ein relativ holpriger Informationsfluss stattgefunden. Die Schulen mussten meistens ihre Informationen aus der Presse beziehen und wir wurden selten vorab informiert.


WELT: Wie funktioniert denn Videounterricht mit den Kindern?

Schmid: Es ist ganz wichtig, dass man die Schülerinnen und Schüler motiviert. Da gibt es zum Beispiel jeden Tag wechselnde Morgenrituale. Wir setzen unterschiedliche digitale Medien ein, also Videos oder Lern-Apps. Wichtig ist auch, dass man Arbeitsergebnisse einfordert und auf diese Rückmeldungen gibt. Am allerwichtigsten finden wir den persönlichen Kontakt per Video, Mail oder Telefon. Und wir liefern nicht nur Angebote in den Hauptfächern, es gibt auch Angebote in Sport oder Musik oder Kunst. Da gibt es dann Hörspielvorschläge oder Spielideen. Also da kann man schon einiges tun.


WELT: Haben Sie das Gefühl, dass den Kindern das zurzeit ausreicht?

Schmid: Natürlich reicht den Kindern das nicht aus. Von der lerntechnischen Seite her sind sie sehr gut versorgt. Aber es fehlt natürlich der komplette soziale Aspekt. Die Kinder gehen gerne in die Schule, sie sehen gerne ihre Klassenkameraden oder Lehrerinnen und Lehrer. Und diese soziale Interaktion, die fehlt im Moment total.


WELT: Jetzt stehen bald die Halbjahreszeugnisse an. Können Sie die Kleinen überhaupt bewerten?

Schmid: Das ist ein sehr schwieriges Thema. Ich glaube, dass man das ganz anders angehen müsste. Man hätte die Möglichkeit gehabt, dass man einfach mal den Notendruck rausnimmt und das Zeugnis aussetzt. Und diese Zeit, die man jetzt mit erfassen von digitalen Noten und digitalen Prüfungen verschwendet, möchte ich es fast ausdrücken, in eine bessere Beratung oder in den Austausch mit den Eltern und Schülern investiert. Im Moment, da es ja gefordert wird, ist es so, dass die Leistungen mündlich oder auch digital eingeholt werden können. Manche Leistungen sind auch schriftlich erbracht worden in der Zeit, als wir Präsenzunterricht hatten. So ergibt sich dann eine Note. Der große Vorteil an der Grundschule ist, dass wir natürlich ein sehr großes pädagogisches Augenmerk auf die Kinder richten können und das Ganze sehr großzügig handhaben können.


WELT: Was hat die Corona-Pandemie über den Wert von Bildung gezeigt?

Schmid: Für mich hat Bildung – egal ob Pandemie oder nicht – immer einen extrem hohen Stellenwert. Wenn wir in der Bildung versagen, dann wird die Gesellschaft das irgendwann in der Zukunft bezahlen müssen. Natürlich hat die Pandemie eine Art Brennglas über die ganze Bildungssituation gelegt und die Unzulänglichkeiten, die schon lange vor der Pandemie bekannt waren – Stichwort Lehrermangel – noch einmal bestätigt. Man muss jetzt diese Zeit als Chance nutzen, um Dinge zu verbessern.

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