
Maly Malyssek
Wiesbaden (Weltexpresso) -
Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher,
dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.
(Blaise Pasqual)
Zweifelsohne sind die gesellschaftlichen Kräfte auf die Überwindung des Corona-Virus zu fokussieren und den Verlust und die schweren Erkrankungen weiterer vieler Menschen zu verhindern. Ende Januar 2021 sind mehr als 55.000 Menschen mit und an Corona in Deutschland gestorben. Doch hinter der Pandemie lauern all die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Versäumnisse und Fehlentwicklungen der letzten auf Wachstum, Profit, Ausbeutung und Ungerechtigkeit gerichteten Dekaden. Bekannterweise wirkt Corona wie ein Brennglas auf eine korrupte Welt, die es so weit gebracht, dass nur ein kleiner Bruchteil der Menschen über ein Vielfaches mehr vom Reichtum besitzen und profitieren als der ganze Rest der Erdbevölkerung.
Die Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus (Brand/Wissen 2017) sind an die Grenzen des Erträglichen und gesellschaftlich Verkraftbaren gekommen.Unser westlicher Lebensstil muss auf den Prüfstand. Wie soll der Mensch, die Weltgesellschaft in Zukunft mit Katastrophen, Klimawandel, Pandemien oder Kriegen umgehen?

Die Krisen, die uns zunächst noch erwarten, sind zum einen damit verbunden, wie wir überhaupt mit dem Leben auch nach Corona zurechtkommen, mit den Erschütterungen, Verlusten und sehr persönlichen Krisen. Wie widerstandsfähig sind wir wirklich? Folgt die Zeit der großen Verdrängung? Geht die Party weiter? Wer ist auf der Strecke geblieben?
Das menschliche Verhalten in und nach der Krise bleibt das Grundproblem.
Es gibt keine Politik dieser Welt, die dieses Dilemma beseitigen kann, allenfalls Schlimmeres verhüten. Selbst in den demokratischen Grundlinien stabil bleiben.
Neben den Pandemien, die uns in Varianten erhalten bleiben werden, befindet sich unsere Welt in einem instabilen Zustand: Die Umwelt- und Naturkatastrophen breiten sich weiter aus, der Klimawandel dürfte die schwierigste Herausforderung der nächsten Epoche sein. Kriege, Hunger, Flucht haben eine schier endlose Dimension erreicht. Bis in die westlichen Staaten hinein, geraten die Demokratien in immer größere Krisen. Nervöse Gesellschaften erschüttern durch Hass, Aggression, Wut und Gewalt die Grundfeste des friedlichen Zusammenlebens bis hin zur Überforderung von staatlichen Instanzen. Der Rechtsextremismus ist mitten unter uns. Mit alledem wachsen in fast allen Regionen der Welt die Armut vieler und der Reichtum weniger und damit die sozialen Ungleichgewichte, die wiederum ein stetiger Herd für weitere Eskalationen und Ausbeutungen bedeuten.
Die Demokratie in der Krise

Der Frankfurter Philosoph Rainer Forst schreibt dazu in seinem Essay „Demokratie in der Krise“ (FR, 2./3. Januar 2021): „Die Pandemie stellt (noch) keine Krise der Demokratie selbst dar, sondern sie ist eine gesellschaftliche Krise, die für die Demokratie eine besondere Herausforderung darstellt. [...] Eine Demokratie reagiert anders als ein autoritärer Staat, nämlich im Modus öffentlicher Rechtfertigung. Daran muss man festhalten.“
FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
Titel ©bundesgesundheitsministerium.de
©bremen.de
©bochum.de
Info:
Literatur
Albert Camus: Die Pest. Reinbek bei Hamburg , 76. Aufl. November 2009
Jonathan Franzen: Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen, Essay, Reinbek bei Hamburg 2019
Ulrich Brand/Markus Wissen: Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus, München 2017
Karina Reiss/Sucharit Bhakdi: Corona. Fehlalarm? Berlin 2020