stadt koeln.deSerie: ES GEHT UMS GANZE. Die Pandemie ist mehr als Covid-19, Teil 2/4

Maly Malyssek

Wiesbaden (WEltexpresso) - Was wir zuletzt erlebt haben, was in den USA passierte, unter Ex-Präsident und Clanführer Donald Trump: Der Sturm auf das Kapitol, die Gefährdung der Demokratie und ein Aufstand des Mobs. Das Entsetzen ist groß. Der Geist ist aus der Flasche und das Grauen ist noch nicht zu ende. Zudem dort die neue demokratiefeindliche rechtsextreme Gruppe  QAnon, die über die a-sozialen Netzwerke ihre zahllosen Verschwörungsbotschaften verbreiten und damit die Radikalisierung der Protestbewegungen vorantreiben.

Die Situation in den USA und die politische Lage in Deutschland sind nicht vergleichbar, aber Radikalisierung, Massenproteste und wachsender Rechtsextremismus treten inzwischen auch hier in beängstigenden Erscheinungsformen auf. Die versuchte Erstürmung de s Reichstages am 29. Augustin war ein Tabubruch. Bereits Anfang August musste die Polizei ebenfalls in der Bundeshauptstadt einen Massenprotest von rund 20.000 Corona-Leugnern, Neonazis und Reichsbürgern auflösen, die die Hygieneregeln missachteten und unter Freiheit  vor allem keine Masken zu tragen  und keine Abstandsregeln einhalten zu müssen verstanden. Da waren Menschen, die antisemitische Parolen vor sich hertrugen, AfD-Anhänger, Leser des rechtsextremen „Compact-Magazin“, eine bunte Mischung von Leuten, die sich schon auf vielen Demos der letzten Zeit zu sehen waren. Der Geist ist auch in deutschen Landen aus der Flasche. Damit schaut die Welt auch auf das, was in Berlin und anderen Städten passiert.


Die Pandemie zeigt wie durch ein Brennglas die Ungleichheit in der Welt

bundesfinanzministerium.deDer Zusammenhalt der Gesellschaft wird dann am schwierigsten zu halten sein, wenn sich vor allem die sozialen Ungleichheiten verfestigen und gar verstärken, sprich: der inzwischen herrschende tiefe Graben zwischen den Reichen und Superreichen auf der einen Seite und den Unterprivilegierten und Armen in den westlichen Gesellschaften.  Dieses Schicksal lauert in der Weltgesellschaft in einem besonderen Maße, wenn die armen Länder weiter ausgeschlossen von  dem Reichtum der ausbeutenden westlichen Industrieländern. Das sehen wir jetzt an der ungerechten Verteilung der Impfstoffe an die Entwicklungsländer und die Folgen für deren Bevölkerung, die schon vor der Pandemie ausgeschlossen waren von den Geldern und Gütern des Welthandels.

Der eingesetzte Wettkampf auf dem Weltmarkt mit der Jagd nach dem Impfstoff und damit die Verschärfung der Chancenungleichheit, wird die Kluft bei Corona-Impfungen zwischen den reichen und den armen Ländern manifestieren.

Die Krise legt in gnadenloser Schärfe offen, was uns Menschen unterscheidet – und wie bedeutsam diese sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede sind. „Zu einem gesellschaftlichen Zusammenrücken hat dies nicht geführt. Das Gefühl, mit allen gemeinsam ein „Gefährdungsschicksal“ zu teilen, wie es der Soziologe Ulrich Beck nennt, ist, sofern es überhaupt je bestand, nach den ersten Pandemiewochen verblasst und hat auch in der politischen Debatte kaum Spuren hinterlassen.“ (Fabian Urech, NZZ, 23. Januar 2021)


Die Fratze des Bösen ...

kreis coesfeld.deUm die krassen Worte von Max Beckmann von 1918 hier aufzugreifen: „Jetzt haben wir vier Jahre dem Entsetzen täglich in die Fratze gesehen“,  so gilt übersetzt für heute, dass wir in und nach Krisen über die dunkle Seite des Menschen sprechen müssen und erkennen, dass der heute wieder auflebende Hass und die Gewalt, verstärkt durch die modernen schnellen Kommunikationswege im Zeitalter der Digitalisierung, eine ernste Gefahr für die Zukunft unseres Zusammenlebens.  Etwa auch die Warnung vor dem Teufelskreis der narzisstischen Wut (Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer, 2019), wie oben am Beispiel von Donald Trump und den erschreckenden Folgen.  Nämlich die nach einer Kränkung sich bahnbrechende Rache! Das Grauen ist noch nicht zu Ende.

Die Gräben werden immer tiefer, auch in Deutschland. Die Krise der Demokratie ist auch hier erkennbar und es bedarf großer Wachsamkeit und Widerstandskraft, den Anfängen zu wehren, die da aus den Reihen der Rechten, der Rechtsextremen, der Protesten der Corona-Leugner, der Wutbürger kommen.

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Info:
Literatur
Albert Camus: Die Pest. Reinbek bei Hamburg , 76. Aufl. November 2009
Jonathan Franzen: Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen, Essay, Reinbek bei Hamburg 2019
Ulrich Brand/Markus Wissen: Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus, München 2017
Karina Reiss/Sucharit Bhakdi: Corona. Fehlalarm? Berlin 2020