MyanmarDie Partei Die Linke muss sich entscheiden, ob sie sich der Welt stellen oder den Konflikten aus dem Weg gehen will

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Null Auslandseinsätze“ ist apodiktisch gesetzt. Die Position der Partei Die Linke zu eventuellen Auslandseinsätzen gehört auch nach der Wahl der neuen Chefinnen immer noch zum Komplex illusionäres PDS-Erbe abgeschotteter FunktionärInnen und Polit-Kader - DKP mit eingerechnet.


Damit wird sie WählerInnen-Stimmen verlieren bzw. abschrecken. Will sie sich ihre Realität denn eigenmächtig herbeifabrizieren? Sie hat doch potentiell mehr drauf als sich ins nationale Schneckenhaus zu verdrücken. Marx hat planetarisch gedacht. Keine Hemisphäre oder Zone der Welt kann mehr vom schonungslosen Urteil ausgenommen werden. Mit Konsequenzen. Aus den unterschiedlichen nicht hinnehmbaren Lagen und Verhältnissen müssen Schlüsse gezogen werden. Wie die Linke sich jetzt stellt, ist sie nicht wählbar.

Die Gewalt der Despotien und Autokratien verlangt Intervention zugunsten des Menschenrechts und der Grundwerte

Die neuen Frauenbewegungen und die Erhebungen einer jungen, nachrückenden Generation in autoritären Staaten machen es der übrigen Welt zurzeit vor, wie es gehen kann – alternativlos. Sofern die Linke darauf abzielt humanitär-menschenrechtlich veranlasste, durch die UN mandatierte Einsätze in ausufernden Konflikten per Dogma zu verweigern, muss Sie bedenken, dass Sie die Gequälten und Gepeinigten im Stich lässt, preisgibt und damit die eigene Art verleugnet, die Menschheit in Ihr selbst - nach Immanuel Kant. Das ist leider sehr menschlich. Will die Linke tatsächlich zuschauen, wenn bald um das ganze Erdenrund Verrat am menschlichen Geschlecht begangen wird? Soll Kronprinz Salman das letzte Wort bekommen? Sofern jedoch die UN-Versammlung handlungsunfähig ist, muss eine Koalition der Rettungswilligen sich des anstehenden Rettungswerks annehmen.

Will die Partei Die Linke wirklich die afghanischen Frauen und Männer den Taliban ausliefern? Gerade erst haben sich die Frauen dort ein Stück Autonomie erkämpft. Den Taliban muss die inoffizielle Herrschaft mit Macht entrissen werden, sie haben sich verselbständigt, bewegen sich auf der untersten Stufe der Bildung (aus Hass auf Bildung), repräsentieren die reine Macho-Lehre des ‚Ich-will‘. Sie dulden keine aus demokratischen Wahlen hervorgegangene Regierung. 

Egal, wer sie alle mal mit herangezogen hat (wie im Ur-Akt die Sowjetunion und im zweiten die US-Regierung), die Linke muss zu internationalen Brigaden und Bündnissen stehen, wie ehedem gegen Franco üblich und aktuell an der Seite der YPG-Kurden, die den IS und die über ihre Grenzen ausgreifende Türkei im Containment halten. Auch die Amerikaner unter Biden sollten sich wieder einbringen, nachdem Trump sich im Nahen Osten aus dem Staub gemacht hat. Die Kurden sind eine glaubwürdige Linke, keine Stubenhocker im Herrgottswinkel bequemer Fauteuils, die im Kerzenlicht der Flucht vor der Realität und der reinen Lehre es sich gemütlich machen.


Jegliche Toleranz in Bezug auf Despoten und Autokraten ist repressiv

Hier ist sehr aktuell an Weißrusslands Lukaschenko und die Myanmar-Junta zu erinnern. Dass die gegenwärtige Linke immer weniger Anklang findet, zeigt sich an der ungepflegten Die-Linke-Website. Es fehlt am Aufbruch jenseits liebgewonnener Doktrinen von vorgestern. Da wird eine Menge an Realität ausgeblendet, weil sie nicht in den Kram passt. Die Linke hat keine der Weltlage entsprechende Analyse mehr, die einer Nachfolge von Marx würdig wäre. Glaubt sie etwa, dass die unruhige Jugend auf sie anspringt? Die Namen der vorherigen Parteivorsitzenden sind schon fast entfallen, der Beobachter sieht sich veranlasst nachzuschlagen, allein um der korrekten Namensgebung wegen.

Äußerst fragwürdig ist auch die irritierende Nachsicht und der Langmut der Partei Die Linke im Verhältnis zu Autokraten und Despoten des Ostens wie des Westens, was u.a. die Zuchthausbetreiber Putin, Xi und Maduro angeht. Die FR titelte zum gegebenen Verhältnis der Partei Die Linke zu China: „Vor allem Lob“ (21.07.2020). Die Welt ist mehr und mehr gespalten in Despotie und Noch-nicht-Despotie. Wir leben in einem hochgefährlichen Stadium. Rechtsextreme Amerikaner wollten „das Kapitol, wörtlich, in die Luft jagen und so viele Kongressmitglieder wie möglich umbringen“ (wie kürzlich in ZDF-heute im direkt gesprochenen Beitrag Elmar Theveßens aus Washington gemeldet). Der American Way of Life soll mit aller Gewalt gerettet werden, also die Herrschaft der White anglosaxon People

Was stellt sich auch regelmäßig als gravierender Webfehler der Linken dar? Der Antiamerikanismus und die Westfeindlichkeit, wobei der Westen immer noch jederzeit Chancen auf grundlegende Veränderungen bietet. Die Distanz und Abgrenzung gegenüber dem Westen erscheint als armseliges Faustpfand, dessen frau und man sich sicher zu wissen glaubt, gleich einer seit Kinderzeit vertrauten Bildchen-Beilage aus religiösen Gesangbüchern und Evangelien. So lebt es sich komfortabel im Feld abgestandener Lehre, unberührt von Bedenken und Selbstzweifeln.

Foto:
© radio912.de