Bildschirmfoto 2021 11 04 um 00.47.36Dem Projekt werden wenige Chancen auf Verwirklichung eingeräumt

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Rabbiner Chaim Kanievsky, 93, und Gershon Edelstein, 98, reagieren mit beißender Kritik auf die Pläne für Reformen des jüdischen Lebens in Israel, welche die Regierung vorgeschlagen hat. In einem gemeinsam verfassten und am Dienstag in der charedischen Zeitung «Yated Neeman» veröffentlichten Artikel lassen die beiden höchstrangigen Geistesgrössen der charedischen (ultra-orthodoxen) Gemeinschaft Israels kaum ein gutes Haar an dem Programm.

Die Ablehnung des Programms durch die zwei rabbinischen Koryphäen dürften den Bemühungen der Regierung um eine Straffung und Reformierung des israeischen Rabbinats über kurz oder lang  auch außerhalb der Grenzen des Jüdischen Staates hinaus den Boden unter den Füßen entziehen. Die zwei Rabbiner beleuchteten in ihrem Artikel unter anderem einige Probleme der charedischen Welt mit der gegenwärtigen Regierung des Landes. Diese Probleme könnten das religiöse Leben der Gemeinschaft zusehends erschweren oder erschweren es bereits schon. Die «ungerechte, bösartige» Regierung sei, so heißt es in dem Artikel sinngemäß, bestrebt, «alle Säulen (Grundfesten, JU) der Welt zu erschüttern und habe ihre Pfeiler gegen Jene gerichtet, die Torah lernen. Sie mischte sich ein in das Leben verheirateter Jeschiwa-Studenten und die Unterstützung, die sie für ihre jungen Kinder erhalten würden. Sie wollten auch verschiedene Steuern auferlegen, um das Leben von Torah-Studenten zu erschweren, beeinträchtigten die Kaschrut-Aufsicht für alle in Zion lebenden Personen, verstärken die Anerkennung für Gruppen, die dem traditionellen Judentum fernstehen, entwurzeln die Regeln der Halacha und fördern die Entweihung der heiligen Orte der Überreste des Tempels».

Die Rabbiner bezogen sich in ihren Ausführungen auf verschiedene Prinzipien und Vorschläge der Regierung, einschließlich der bereits durchgeführten Kürzungen für subventionierte Tageszentren für Kinder von ganztägig studierenden Jeschiwa-Studenten, oder eine Gesetzgebung zur Aufhebung des Monopols des Oberrabbinats über die Kaschrut-Aufsicht. Hinzu käme die Wahrscheinlichkeit, dass die Regierung ganz oder teilweise das Westmauer-Abkommen annehmen wird, das eine staatlich genehmigte Gebets-Zone für nicht-orthodoxe Gebete am Südende der Stätte schaffen würde. Wie die «Jerusalem Post» schreibt, sagten Kanievsky und Edelstein, solche Pläne würden das Licht der Welt nicht erblicken. Die Rabbiner riefen die charedischen Gemeinschaften, bereits auf, in Maßen «zum Himmel aufzuschreien», vor allem am Donnerstag, dem Vorabend von Rosch Chodesch (Neumond), der auch zusammenfällt mit der letzten Abstimmung in der Knesset über den Staatshaushalt. Im Parlament sollen einige der Reformpläne in die Tat umgesetzt werden.

Foto:
©Rabbiner Chaim Kanievsky

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 2. November  2021