www.merzZum Votum der CDU-Mitglieder für den Parteivorsitz

Conrad Taler

Bremen (Weltexpresso) - Es ist fast zwanzig Jahre her, seit Angela Merkel und Friedrich Merz sich im Machtkampf um den Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag so zerstritten, dass sie fortan die beiden Gegenpole in der CDU verkörperten. Aus jener Zeit stammt der  Satz von Merz, er und seine Generation ließen sich nicht länger für Auschwitz und die deutsche Vergangenheit  in Haftung nehmen. Der damalige Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland,  Paul Spiegel, bezeichnete das als einen „Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden des Naziregimes“. (AP 31. 3. 2000).

Derselbe Friedrich Merz ist von der CDU-Mitgliedschaft  bei einer Befragung mit der absoluten Mehrheit von 62,1 Prozent zum Kandidaten für das Amt des Parteivorsitzenden gewählt worden. Das Echo könnte unterschiedlicher nicht ausfallen. Die einen sind außer sich vor Freude, die anderen sehen betreten vor sich hin, haben sie doch wieder einmal das kurze Gedächtnis des Menschen unterschätzt.

Die meisten haben längst vergessen, auf welche Art Friedrich Merz die Erinnerung an die Hinterlassenschaft des Naziregime beiseite geschoben hat, vorausgesetzt, sie haben überhaupt wahrgenommen, was da geschehen war. Mit dem Abstreifen der Verantwortung für die Lehren der Geschichte, hatte Paul Spiegel gemahnt, werde der untaugliche Versuch unternommen, sich von einem Schuldgespenst freizusprechen, das längst nicht mehr existiere, und gleichzeitig der fatale Fehler begangen, rechtradikale Parolen und Fremdenfeindlichkeit salonfähig zu machen.

So gesehen lag eine gewisse vorausschauende Logik darin, die Unionsfraktion im Bundestag nach rechts neben die AfD-Fraktion zu rücken, deren Vorsitzender Alexander Gauland sich mit Blick auf das Naziregimes mit seinem „Vogelschiss“-Gerede  durchaus neben Friedrich Merz und dessen Äußerung zum Holocaust sehen lassen kann. Ähnliches gilt für den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der die AfD hinter verschlossenen Türen mit guten Ratschlägen versehen hat und in rechten CDU-Kreisen als Hoffnungsträger neben Friedrich Merz gern gesehen ist

Unter dem Eindruck von Schlagzeilen, die von einem Bruch mit der Ära Merkel sprechen, treten Stimmen aus der CDU dem Eindruck eines bevorstehenden Rechtsrucks entgegen. Merz werde im Gegenteil die CDU wieder für Mitglieder öffnen, die sich der SPD und den Grünen zugewandt hatten. Nach Medienberichten hält Merz allerdings die Einwanderer von 2015 für eine Ursache des erneut erstarkenden Antisemitismus. Viele brächten aus ihren Heimatländern Judenhass mit.

Ob die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und Liberalen gewappnet ist, den zu erwartenden Angriffen von CDU/CSU und AfD unter anderem auf die Lehren der Vergangenheit mit ausreichender Schärfe zu begegnen, sei dahingestellt. Auf meine Frage, wo ich im Koalitionsvertrag etwas über die Würdigung des deutschen Widerstandes gegen das Naziregime finde,  antwortete mir das Bundespresseamt: „Bezüglich Ihres Anliegens müssen Sie sich an die Parteien wenden.“

Foto:
©www1.wdr.de