Die Aktion der Frankfurter Stadtverordneten MirriaMirrianne Mahn Grunenne Mahn 

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Frankfurter Stadtverordnete Mirrianne Mahn (Grüne) wandte sich wegen eines von ihr so bezeichneten „rassistischen Vorfalls“ an die Öffentlichkeit.

Zumindest an jenen Teil der Öffentlichkeit, der über das Internetforum „Instagram“ erreichbar ist und sicherlich nicht mit dem aufgeklärten Teil dieser Gesellschaft identisch sein dürfte. In einem Krankenhaus, in das sie wegen starker Schmerzen eingeliefert worden wäre, habe sie ein Arzt in gebrochenem Deutsch als „die Afrikanerin“ tituliert und ihr geraten: „Seien Sie doch froh, dass Sie hier sind, weil in ihrem Geburtsland würde es Ihnen ja viel schlimmer gehen und Sie wären tot.“ Da Frau Mahn in ihrem Clip weder das Krankenhaus noch den Arzt noch weitere Details nennt, hat die alarmierte Öffentlichkeit keine Möglichkeit, die Sache zu überprüfen. Wenig später postete sie auf Instagram eine indirekte Distanzierung. Es sei ihr nicht um ihren Fall gegangen, sondern um den strukturellen Rassismus in deutschen Krankenhäusern, den sie bislang für nicht so massiv gehalten habe. Seitdem das Video öffentlich sei, hätten sich jedoch viele bei ihr gemeldet und über ähnliche Erfahrungen berichtet.

Es irritiert mich, dass sie sich bei der Bekanntmachung dieser Zudringlichkeit ausgerechnet einer „Facebook“-Plattform, also „Instagram“ bediente. Schließlich weiß man nicht erst seit Frances Haugens Aussage im US-Kongress, dass diesem Konzern, der sich neuerdings „Meta“ nennt, der eigene Profit wichtiger ist als das Wohl der Nutzerinnen und Nutzer, die er bei jeder Aktion ausspioniert. Ja, dass er sogar Rechtsextremisten, Rassisten und Verschwörungsideologen eine Bühne bietet und mittlerweile zu einer Gefahr für Demokratie und öffentliche Sicherheit geworden ist. So die Einschätzung der ehemaligen Mitarbeiterin Haugen.
Wie heißt es doch: Sage mir, mit wem du Umgang pflegst und ich sage dir, wer du bist. Ist Mirrianne Mahn möglicherweise in schlechte Gesellschaft geraten? Ist ihr politisches Weltbild vielleicht zu schlicht gestrickt?

Mir ist Frau Mahns Auftritt in der Paulskirche noch im Gedächtnis. Bei der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an Tsitsi Dangarembga am 24. Oktober hatte sie sich eigenmächtig Gehör verschafft und die Rede von Oberbürgermeister Peter Feldmann unterbrochen. Damals sagte sie:
„Der Punkt ist aber, dass ich als schwarze Frau, als Stadtverordnete in Frankfurt, hier sehr klar auf ein Paradox hinweisen muss. Wir sprechen über den Diskurs und wir sprechen über Meinungsfreiheit. Rechtsradikale Ideologien, menschenverachtende Ideologien sind keine Meinungsfreiheit. Das Paradox ist, dass wir hier in der Paulskirche, der Wiege der Demokratie, einer schwarzen Frau den Friedenspreis verleihen, aber schwarze Frauen auf genau dieser Buchmesse nicht willkommen waren...“

Mirrianne Mahn hätte bei ihrem Zwischenruf bedenken sollen, dass es sich um eine Literaturveranstaltung handelte, in der neben den Regeln der Höflichkeit auch der deutschen Sprache ein besonderer Stellenwert zugemessen werden sollte. Das von ihr bemühte „Paradox“ muss als Substantiv Paradoxon heißen. Mit ihm wird ein anscheinender innerer Widerspruch, gar ein vermeintlicher Widersinn, beschrieben. Das dazugehörende Adjektiv lautet paradox.

Tatsächlich gab es vor und während der Buchmesse Proteste gegen rechte Verlage, die von der Messe- und Ausstellungs-GmbH des Börsenvereins des Buchhandels als Aussteller zugelassen worden waren, obwohl die Nichtannahme ihrer Anmeldungen rechtlich möglich gewesen wäre; denn die Buchmesse ist eine private kommerzielle Veranstaltung. Dass aber schwarze Besucher bedrängt wurden, habe ich aus anderen Informationsquellen nicht erfahren. Frau Mahn ließ auch offen, welche nachweisbaren Vorgänge sie gemeint hat. Bei Recherchen in seriösen Suchmaschinen (DuckDuckGo, Startpage, Metager) fielen mir jedoch Ergebnisse auf, die auf eindeutige Spots der rechten Verlagsszene in Facebook und Instagram hinwiesen.

Verwundert bin ich auch über Mirrianne Mahns Mitgliedschaft bei den Grünen. An deren Gründung im Januar 1980 waren neben linken Atomenergiekritikern („Bürgeraktion Küste“, alternativen Listen) und Konservativen („Grüne Aktion Zukunft“) eine rechtsnationale Partei maßgeblich beteiligt, nämlich die „Aktionsgemeinschaft unabhängiger Deutscher AUD“, die sich auflöste und von der ca. 80 Prozent der Mitglieder zu den Grünen stießen. Der ehemalige AUD-Vorsitzende August Haußleiter, den man zumindest als „den Nationalsozialisten nahe stehend“ bezeichnen durfte, avancierte für drei Monate zu einem der Bundessprecher und wurde für längere Zeit Chefredakteur der grünen Parteizeitung. In Schleswig-Holstein hielt lange ein anderer Alt-Nazi die national-ökologische Wacht, nämlich der Öko-Bauer Baldur Springmann.

Nachdem mir diese ökologisch verbrämte Blut-und-Boden-Romantik, eng verbunden mit anthroposophischer Esoterik, die sich vor allem in Baden-Württemberg und Bayern verbreitete, zu viel geworden war, trat ich Ende 1983 aus. Fünf Jahre zuvor war ich (noch mit SPD-Parteibuch) an der Gründung der „Bremer Grünen Liste“ beteiligt gewesen.

Sollte Frau Mahn das, was sie öffentlich sagt, ernst nehmen, wäre es an der Zeit, diese Partei ebenfalls zu verlassen. Denn die Grünen passen nicht zu Mirrianne Mahns Rigorosität. Auch wenn die Partei die meisten dunklen Punkte ihrer Vergangenheit mittlerweile kosmetisch übermalt hat (von einer Aufarbeitung kann man leider nicht sprechen), so ist sie dadurch nicht zu einer Ansammlung von Lichtgestalten geworden.

Foto:
Mirrianne Mahn
©hr