Kurt Nelhiebel
Bremen (Weltexpresso) - Statt sich über Nancy Faeser das Maul zu zerreißen, sollten sich die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß und Christoph de Vries lieber darum kümmern, dass Friedrich Merz seine Forderung nach einem Schlussstrich unter die Nazivergangenheit endlich aus der Welt räumt.
Was der hessischen Politikerin im Einzelnen vorgeworfen wird, werden wir gleich sehen. Zunächst jedoch sei daran erinnert, was der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, laut AP vom 31. März 2000 als „Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden des Naziregimes“ bezeichnete, nämlich den Satz von Friedrich Merz, er und seine Generation ließen sich nicht länger für Auschwitz und die deutsche Vergangenheit in Haftung nehmen Das war nichts anderes als der Ruf nach einem Schlussstrich unter die Vergangenheit und damit ein Verstoß gegen den demokratischen Grundkonsens unserer Gesellschaft.
Nancy Faeser hatte in einem Zeitungsartikel die Internet-Drohbriefe an demokratische Politikerinnen erwähnt und erklärt, die rechtradikalen Angriffe zielten darauf ab, diejenigen einzuschüchtern, die in der Öffentlichkeit für Toleranz, Freiheit, Weltoffenheit und den demokratischen Rechtsstaat einstünden. Sie werde vor diesen Drohungen nicht zurückweichen. Der Kampf gegen Faschismus und Rechtsextremismus, gegen Rassismus und völkische Ideologien gehöre zur politischen DNA ihrer Partei, der SPD.
Die Rechtsextremisten nutzten das Internet, sich gegenseitig in ihren faschistischen Phantasien zu bestärken. Dort träfen die ideologischen Wegbereiter auch auf ihre nützlichen Idioten. Nach Nancy Faesers Überzeugung ist der erstarkende Rechtsextremismus des 21. Jahrhunderts ohne das Internet als globale Radikalisierungsmaschinerie nicht denkbar. Diese erschütternde Erkenntnis müsse alle anspornen, gegen rechtes Gedankengut, rechte Drohungen und rechte Gewalt jeden Tag und an jedem Ort aufzustehen.
Bei Nancy Faeser geht es also nicht um einen Schlussstrich unter die Vergangenheit, sondern darum, Lehren aus ihr zu ziehen. Aber der Inhalt ihres Artikels scheint die Kritiker nicht zu interessieren. Sie regen sich darüber auf, dass er in einer Zeitung erschienen ist, die von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten unter dem Namen „antifa“ herausgegeben wird. Diese Vereinigung, petzte der Hamburger CDU-Abgeordnete Christoph Poß gegenüber dem Sender RTL, werde vom bayerischen Verfassungsschutz als „die größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“ eingestuft.
Wahr ist, dass bis auf die hinterwäldlerischen Verfassungsschützer aus Bayern niemand sonst diesen Verdacht hegt, wobei zu beachten ist, dass die Organisation selbst keineswegs für linksextremistisch gehalten, sondern lediglich als auf diese Weise „beeinflusst“ angesehen wird. Am Ende fielen sie damit auf die Nase. Das Berliner Finanzamt für Körperschaften hat den geplanten Entzug der Gemeinnützigkeit der VVN von 2019 an rückwirkend bis 2016 zu Beginn des Jahres 2021 aufgehoben. Damit war die Organisation wieder vollständig als gemeinnützig anerkannt. Steuernachforderungen im fünfstelligen Bereich wurden damit nichtig. Das Berliner Finanzamt hält die Einstufung der VVN als linksextremistisch bzw. linksextremistisch beeinflusst, für widerlegt.
Ungeachtet dessen behauptet der CDU-Abgeordnete Poß, Nancy Faeser wolle „den Skandal weiterhin aussitzen“. Bundeskanzler Scholz müsse jetzt handeln und Frau Faeser entlassen, denn wer sich nicht klar gegen Linksextremismus abgrenze, könne nicht Innen- und Verfassungsministerin der Bundesrepublik Deutschland sein. Der Unionsabgeordnete de Vries stellte die Frage, wie sich die Mitarbeiter der Verfassungsschutzämter fühlen sollten, wenn ihre oberste Dienstherrin mit Verfassungsfeinden auf Tuchfühlung gehe. Und wie fühlen sich die CDU-Mitglieder angesichts der Haltung ihres neuen Bundesvorsitzenden Merz, der für Auschwitz und die deutsche Vergangenheit nicht länger in Haftung genommen werden will?
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Info:
In den in Frankfurt erscheinenden überregionalen Zeitungen wie Frankfurter Rundschau und FAZ wird der Sachverhalt der Kritik an der Ministerin sehr ausführlich gewürdigt und in Großem und Ganzen als warme Luft gekennzeichnet, weil sich gerade die CDU bisher unzureichend in der Bekämpfung Rechtsradikaler hervorgetan hat. So heißt es in der gestrigen FAZ Stadtausgabe: "Norbert Birkwald, Sprecher der hessichen VVN-BdA, hebt im Gespräch mit der FAZ die 'parteipolitische Unanbhängigkeit' seiner Vereinigung hervor. An der Gründung, die 1947 in Frankfurt stattfad, seien Vertreter verschiedener Weltanschauungen, Religionen und Parteien - auch die CDU - beteiligt gewesen. Richtig sei allerdings auch, daß sich die VVN-BdA in der Tradtiion des kommunistischen Kampfes gegen das Naziregine sehe. 'Das liegt einfach daran, daß die Kommunisten die größten Opfer im Widerstand erbracht haben.'"
In der FR gehen vor allem Leserbriefe auf die Schieflage ein, die entstanden ist, daß ausgerechnet die hessische CDU, die in der Frage der NSU mit den Internetschmähungen gegen Anwälte und Politiker so versagt hat und ebenfalls in der Frage der Hanauer Anschläge so wenig zum Opferschutz und zur Klärung der fehlenden Telefonleitung beigetragen hat, daß ausgerechnet von dieser Seite Schmähungen gegenüber einer völlig korrekten Meinungsäußerung der späteren Ministerin kommen. Diese Kritiker sollten, wie unsere obige Überschrift lautet, vor ihrer eigenen Haustüre kehren und endlich etwas tun.
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In den in Frankfurt erscheinenden überregionalen Zeitungen wie Frankfurter Rundschau und FAZ wird der Sachverhalt der Kritik an der Ministerin sehr ausführlich gewürdigt und in Großem und Ganzen als warme Luft gekennzeichnet, weil sich gerade die CDU bisher unzureichend in der Bekämpfung Rechtsradikaler hervorgetan hat. So heißt es in der gestrigen FAZ Stadtausgabe: "Norbert Birkwald, Sprecher der hessichen VVN-BdA, hebt im Gespräch mit der FAZ die 'parteipolitische Unanbhängigkeit' seiner Vereinigung hervor. An der Gründung, die 1947 in Frankfurt stattfad, seien Vertreter verschiedener Weltanschauungen, Religionen und Parteien - auch die CDU - beteiligt gewesen. Richtig sei allerdings auch, daß sich die VVN-BdA in der Tradtiion des kommunistischen Kampfes gegen das Naziregine sehe. 'Das liegt einfach daran, daß die Kommunisten die größten Opfer im Widerstand erbracht haben.'"
In der FR gehen vor allem Leserbriefe auf die Schieflage ein, die entstanden ist, daß ausgerechnet die hessische CDU, die in der Frage der NSU mit den Internetschmähungen gegen Anwälte und Politiker so versagt hat und ebenfalls in der Frage der Hanauer Anschläge so wenig zum Opferschutz und zur Klärung der fehlenden Telefonleitung beigetragen hat, daß ausgerechnet von dieser Seite Schmähungen gegenüber einer völlig korrekten Meinungsäußerung der späteren Ministerin kommen. Diese Kritiker sollten, wie unsere obige Überschrift lautet, vor ihrer eigenen Haustüre kehren und endlich etwas tun.