Noch eine Erinnerung an Freund Michael Geyer

Klaus Jürgen Schmidt

Norddeutschland (Weltexpresso) – Gestern hatte ich an dieser Stelle unter anderen für Michael Geyer als Aufklärer von journalistischer Fälschung getrommelt. Als Redakteur und zeitweiliger Moderator der Radio Bremen-Talkshow „3nach9“ hatte er z.B. mitgewirkt, Fälschungen des seinerzeit hochgelobten ARD-Nahost-Korrespondenten Gerhard Konzelmann aufzudecken. In diesem Zusammenhang sind mir noch zwei bedeutsame Studio-Leistungen meines Freundes Michael eingefallen, die so heute in Fernseh-Talkshows kaum noch zu erleben sind:

Zu Helmut Kohls Kanzler-Zeit kam im September 1987 für ein paar Tage der Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär des Zentralkomitees der SED der DDR, Erich Honecker, nach Bonn. Anlass für die Radio Bremen-Talkshow einen ungewöhnlichen Gast einzuladen: den ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal.
1968 hatte ihm der Fernsehrat einstimmig die Leitung des ZDF-Magazins übertragen, das er vom 8. Januar 1969 bis zum 23. Dezember 1987 moderierte. Hier vertrat er, wie schon zuvor beim RIAS, entschieden antikommunistische Positionen. Er beschäftigte sich vor allem mit Menschenrechtsverletzungen in der DDR. Viele TV-Beiträge befassten sich mit den harten Verfolgungsmaßnahmen des SED-Regimes gegen Ausreiseantragsteller, politische Gegner und Dissidenten sowie mit den harten Haftbedingungen für politische Häftlinge in der DDR. Die Berichterstattung über innenpolitische Themen der Bundesrepublik wandte sich meist gegen die regierende SPD–FDP-Koalition. Er nahm Linke und Linksliberale und deren Ostpolitik ins Visier, die er als „Wandel durch Anbiederung“ bezeichnete. APO-Studenten sah er als Zitat: „marxistische Wirrköpfe, die einem neuen Totalitarismus und Terrorismus den Boden bereiten“.

Im „3nach9“-Studio fragte Michael seinen Gast, jetzt gäbe es doch für ihn eine gute Gelegenheit, für sein Magazin mit Erich Honecker in Bonn zu reden. Löwenthal winkte ab und sagte: „Da weiß man doch vorher schon, was der sagen wird.“

Michael lehnte sich zurück, ließ das für einen Moment einsinken und sagte dann:

„Das ist ja komisch, Herr Löwenthal. Als ich Kollegen erzählte, dass Sie heute mein Gast sein würden, da haben die genau dasselbe gesagt!“

Ein paar Jahre später hatte Michael bei „Buten un Binnen“, dem Regionalmagazin Radio Bremens einen Gast ganz anderer Coloeur live im Studio. Für die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl kandidierte 1990 auch in Bremen die Nachfolge-Partei der SED, als „DieLinke/PDS“, und zwar mit dem Plakat-Spruch: „Gregor und sein Trupp“. Hä? Keiner verstand das so richtig, und Freund Michael, der wusste, dass ich mit der Familie seinerzeit aus der DDR „weggemacht hatte“, bat mich um Aufklärung. Anlass: Gregor Gysi hatte einen Wahlkampfauftritt in Bremen angekündigt und sollte von Michael live im Studio interviewt werden.

Meine Erläuterung, dass der Spruch von dem sowjetischen Kinderbuch „Timur und sein Trupp“ abgekupfert sei, das in allen DDR-Schulen zur Pflichtlektüre gehört habe, spielte dann keine Rolle mehr. Michaels Quellen für seine Gysi-Begrüßung im „Buten un Binnen“-Studio war aktueller:

„Sie haben schon mit der Bremer Polizei Bekanntschaft gemacht?“ fragte er den verdutzten Gysi. Und als keine Antwort kam, Michael weiter: „Na Sie wollten bestimmt unseren Termin nicht verpassen ... zu schnell gefahren vor der Abfahrt Sebaldsbrück?“

Gysi: „Ja, aber, das war doch nicht ich, das war doch mein Fahrer!“

Michael: „Ach, den Werktätigen die Schuld geben?“

Foto:
©KJS

Quelle: