Das Abwahlverfahren gegen Oberbürgermeister Peter Feldmann bleibt nicht unwidersprochen
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Frankfurt am Main ist in besonderer Weise geprägt von den Widersprüchen zwischen Profitwirtschaft und Demokratie.
Die Stadt zählt zu den Metropolen der Finanz- und Immobilienspekulation. Einige Firmen und zahlreiche Immobilien befinden sich im Eigentum international aktiver Geldwäscher. Gentrifizierung ist zum Prinzip einer Gesellschaft geworden, in welcher der Normalbürger keinen Wert mehr besitzen und unerwünscht ist, es sei denn als Stimmvieh der Parteien, die diese Zustände mitverursacht haben. In einer solchen Konstellation musste Oberbürgermeister Peter Feldmann, der sich den alten Werten der Sozialdemokratie verbunden fühlt, zwangsläufig zum Außenseiter und Gegner werden. Da er von der Bevölkerung direkt gewählt wurde, mussten bislang ungewohnte Maßnahmen ergriffen werden, um ihn ins Abseits zu stellen.
Politische Gegner und deren verlängerter Arm, die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft (CDU-Justizministerin), bezichtigen ihn der Vorteilsannahme, weil seine ehemalige Lebenspartnerin und spätere Ehefrau einen für sie lukrativen Arbeitsvertrag außerhalb der üblichen Tarifeinordnung mit der Arbeiterwohlfahrt abschließen konnte. Möglicherweise erwartete die AWO dafür in Verkennung der Realitäten ein politisches Entgegenkommen. Doch in dem einzigen Fall von Vorteilsgewährung zugunsten der AWO durch eine kommunale Behörde (überhöhte Forderungen für den Unterhalt von Flüchtlingsunterkünften) ist die politisch verantwortliche Dezernentin (CDU-Mitglied) juristisch nicht belangt worden.
Auch die Anschuldigung, Feldmann habe Spenden der AWO für seinen Wahlkampf erhalten und dafür Entgegenkommen signalisiert, basiert auf dem Hörensagen von Intriganten und lässt sich nicht beweisen. Auch Belege für die Einlösung des angeblichen Versprechens sind nicht vorhanden.
Die SPD ist wie andere Parteien auch nie zimperlich gewesen mit der Einwerbung von Wahlspenden. 1972 kreierte sie sogar eine Wertmarke mit dem Konterfei Willy Brandts, der damals als Bundeskanzler und Spitzenkandidat im Wahlkampf antrat.
Am 18. Oktober beginnt vor dem Frankfurter Landgericht der Prozess gegen Peter Feldmann. Bis zu einem Urteil, das möglicherweise erst in zweiter Instanz endgültig fällt, möglicherweise erst vom Bundesgerichtshof überprüft werden muss, gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Das in Gang gesetzte Abwahlverfahren hingegen präjudiziert eine gerichtliche Entscheidung. Das ist ein Verfassungsbruch, denn dadurch wird das Gewaltmonopol des Staats infrage gestellt. Folglich wehren sich immer mehr demokratisch gesinnte Bürger gegen die klammheimliche Errichtung eines Unrechtsstaats. Und sie werfen vor allem der Frankfurter SPD Mittäterschaft vor.
Seit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, gegen Peter Feldmann ein Abwahlverfahren einzuleiten, formt sich eine Gegenkampagne. In E-Mail-Aktionen, die an SPD-Mitglieder und bekannte SPD-Wähler adressiert sind, werden Postkarten versandt. WELTEXPRESSO wird diese Anti-Kampagne als Berichterstatter begleiten.
Fotos:
Titel: Motiv der Gegenkampagne IFD: Spendenmarke der SPD 1972 mit Bild von Willy Brandt
© Gestaltung MRG
Text: Motiv der Gegenkampagne „Initiative Frankfurter Demokraten IFD“.
Mainufer mit Protesttexten. Oben in Anlehnung an B. Brechts „Freiheit und Democracy“. Mitte: Kurt Tucholsky
© Nachdichtung und Collage: MRG
Motiv der Gegenkampagne IFD: Postkarte für SPD-Mitglieder und bisherige SPD-Wähler mit Tucholsky-Gedicht von 1929
© Gestaltung MRG