Fakes Fakten 72 dpiDie provozierende und satirische Wochendepesche vom 28. August 2022

Nikolaeus Merthon

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ab Oktober weniger Strom für Batterie-Autos und E-Roller? – Verursacher der Energiekrise müssen die Mehrkosten tragen. - Frankfurts Plebejer proben den Aufstand gegen OB Feldmann und rufen Bürger, Vereine und Betriebe zu dessen Abwahl auf.

Ab Oktober weniger Strom für Batterie-Autos und E-Roller?

Herbst und Winter 2022/23 könnten in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen als eine Epoche des Energienotstands. Es wäre der zweite nach 1973. Damals führte die Ölkrise zu vier autofreien Sonntagen. Der erste war am 25. November. Zudem galt für vier Wochen eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen (Tempo 100). Die Fahrverbote ausgelöst hatte die von arabischen Staaten dominierte Organisation erdölexportierender Länder (OPEC). Sie wollte westliche Länder durch eine künstliche Verknappung und Verteuerung des Öls dazu zwingen, ihre israelfreundliche Haltung aufzugeben. Denn am 6. Oktober 1973 war es durch den Angriff Ägyptens und Syriens zum vierten arabisch-israelischen Krieg gekommen, der bis zum 26. Oktober dauerte und erst durch eine UN-Resolution beendet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die syrische Armee durch Israel längst besiegt, während die ägyptische vor ihrer Vernichtung stand.

Bundeskanzler Willy Brandt bewertete die Situation damals so: „Die politisch motivierte Verknappung und Verteuerung des Öls auf der Welt, ihre Begleitumstände und ihre Konsequenzen sind eine Herausforderung an die Vernunft. Sie sind auch eine Herausforderung an die schöpferische Phantasie.“ Doch diese notwendige schöpferische Phantasie setzte nicht ein. Zum einen, weil durch andere Erdölförderländer (USA, Sowjetunion, VR China, Mexiko, Norwegen, Nigeria) die Vormachtstellung Saudi-Arabiens und der Emirate bald abnahm. Zum anderen, weil sowohl in Deutschland als auch in anderen westlichen Demokratien weder ein Krisen- noch ein Ökologiebewusstsein greifen konnte. Der ADAC hatte sogar „Freie Fahrt für freie Bürger gefordert“. Der Autolobby fehlte offensichtlich jegliche Vorstellung von der Erpressbarkeit von Staaten, die sich in Abhängigkeit von totalitären Systemen begeben hatten. Denn es ging, wie Willy Brandt richtig erkannt hatte, nicht um ein knappes Gut (mit auch seinerzeit bereits bekannter negativer Ökobilanz), sondern um die nationale Selbstbehauptung hinsichtlich ökonomischer und politischer Freiheit.

Doch die guten Vorsätze hielten bekanntlich nicht lange. Mit Russland, das zunehmend unter dem Einfluss des autoritären Präsidenten Wladimir Putin geriet, wurde die Lieferung preiswerten Erdgases und Erdöls vereinbart. Der Ukraine-Krieg zeigt mittlerweile, wie schnell man seine nationale Unabhängigkeit verlieren kann, wenn man sich mit den falschen Leuten eingelassen hat. Deutschland muss sein bisheriges Energiekonzept völlig infrage stellen. Es muss im Rahmen eines Kraftakts unabhängig werden von fossiler Energie, es darf aber auch keine Rückkehr zur Atomwirtschaft geben. Alle Zeichen stehen auf Energiegewinnung durch Wind, Sonne und Wasser. Und der Hauptbrennstoff der Zukunft heißt grüner Wasserstoff. Die Batterietechnik könnte sich in diesem Kontext als Irrweg erweisen, weil sie zu einer Ausbeutung seltener Erden führt und die begrenzten Speicherkapazitäten den Aufbau einer engmaschigen Ladenetzstruktur erfordern, dichter als das vorhandene Tankstellennetz, die weder als ressourcenschonend noch als effizient erscheint.

Energie- und Wirtschaftsminister Robert Habeck sollte sich zu einem Signal an die Verbraucher durchringen: Von Oktober bis März könnte die Abgabe von Strom für E-Autos und E-Roller spürbar beschränkt werden. Etwa auf 120 kwh pro Monat, was für ca. 750 km reichen würde. Und selbstverständlich auch die Abgabe von Benzin und Diesel. Beispielsweise auf 75 Liter monatlich. Das würde dazu beitragen, dass nicht systemrelevante Vehikel wie Oberklassemodelle, SUVs und E-Roller in diesem Winter selten würden. An einem solchen Zeichen könnte man den Wirkungsgrad eines grünen Ministers erkennen.


Verursacher der Energiekrise müssen die Mehrkosten tragen

Warum ist Deutschland so abhängig von fossiler Energie? Weil es vor ca. 65 Jahren eine sich ankündigende Zeitenwende in der Energiegewinnung und in der Energieverwendung nicht erkannt hat bzw. nicht erkennen wollte. 1956/57 hatte der Braunschweiger Physiker Eduard Justi die Brennstoffzelle, eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, zur Serienreife entwickelt und dafür mehrere Patente angemeldet. Diese ist in der Lage, die chemische Energie, die aus einem Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch gewonnen wird, unmittelbar in elektrische Energie umzuwandeln, wodurch sie einen erheblich höheren Wirkungsgrad besitzt als ein Verbrennungsmotor und zudem keine Schadstoffe freisetzt.

Die Wasserstofftechnologie eignet sich für große Industrieanlagen, aber auch für große Fahrzeuge wie Lastwagen, Busse und Schienentriebwagen. Die anfangs befürchteten Probleme, die durch Transport und Lagerung entstehen könnten, gelten als gelöst. Auch der Schritt hin zum Antrieb von PKWs ist technisch machbar; er hängt allerdings wesentlich von der Bereitschaft der Autoindustrie ab, den Verbrennungsmotor durch die Brennstoffzelle abzulösen.

Für die Elektrolyse von Wasser, also die chemische Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff, werden große Mengen elektrischen Stroms benötigt. Darum wurden vor sechs Jahrzehnten riesige Solaranlagen in Regionen geplant, die ganzjährig von der Sonne beschienen werden, etwa in den nordafrikanischen Wüsten oder im arabischen Raum, aber auch in Südspanien und Südfrankreich. In Landstrichen, die von der Sonne weniger verwöhnt werden, könnten Windräder den Strom erzeugen.

Das 20. Jahrhundert war in technischer Hinsicht das Jahrhundert der Verbrennungsmotoren. Energieproduzenten setzten auf die Förderung von Öl und dessen Raffinierung. In diese Technologie wurden Hunderte Milliarden Dollar investiert. Als Eduard Justi seine Brennstoffzelle präsentierte, standen die Zeichen auf Verwertung der fossilen Energieträger – zumindest so lange, bis deren Vorkommen erschöpft sein würden. Es hätte staatlicher Finanzierungshilfen in erheblichem Umfang bedurft, um die Karbonnutzung zumindest allmählich zu ersetzen. Zu einer solchen Innovation war niemand bereit. Nicht zuletzt, weil die Erdölindustrie großen Einfluss auf Parlamente und Regierungen besaß. Erdölförderländer wie Saudi-Arabien und die Emirate investieren außerdem ihre erheblichen Erträge in den Schlüsselindustrien jener Staaten, die vom Öl abhängig sind. In solchen politisch-wirtschaftlichen Konstellationen können ökologische Neuorientierungen kaum stattfinden.
Der Streit darüber, wer die Kosten für eine Gasumlage tragen soll - Industrie, Staat oder Bürger - tobt in der Berliner Regierungskoalition. Ausgerechnet der grüne Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck wollte die ursprünglichen Verursacher allenfalls relativ beteiligen und einen unverhältnismäßig hohen Anteil den Bürgern aufladen, darunter auch denen, deren Existenz dadurch bedroht wäre. Minister Habeck und seine grünen Freundinnen und Freunde sollten endlich verinnerlichen, dass man als Politiker nicht ohne Geschichtsbuch und Geschichtsbewusstsein leben kann. Die Versäumnisse dieses Landes haben in sechs Jahrzehnten die Höhen von architektonischen Weltwundern erreicht. Zugegeben: Auch die Verbraucher hätten längst kritischer sein müssen. Aber die Sachzwänge, in die sie eingepfercht wurden, sind von anderen errichtet worden. Und die müssen jetzt zahlen.


Frankfurts Plebejer proben den Aufstand gegen OB Feldmann und rufen Bürger, Vereine und Betriebe zu dessen Abwahl auf

Am 6. November soll Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann von den Bürgern abgewählt werden. Das haben die Regierungsfraktionen Grüne, SPD, FDP und Volt, unterstützt von der CDU, beschlossen. Mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten müssen diesem Antrag folgen, andernfalls gilt er als abgelehnt. Da verwundert es nicht, dass den euphorisierten Feldmann-Gegnern allmählich Zweifel kommen. Zum einen, weil man dem OB bis jetzt rechtlich nichts vorwerfen kann und dass das Landgericht nach Einschätzung von Fachjuristen ihn nicht wegen Vorteilsnahme verurteilen wird. Denn inwieweit die großzügig dotierte Anstellung einer Partnerin und späteren Ehefrau bei einem Arbeitgeber der freien Wohlfahrtspflege die Pflichten eines Stadtoberhaupts tangiert hat, erscheint als nicht beweisbar und grundsätzlich als ein juristisch heikles Terrain. Diese Wohlfahrtsorganisation hat durchaus einmal zugelangt, nämlich im Ressort der eigenverantwortlich handelnden Sozialdezernentin, die der CDU angehört. Was ohne Folgen blieb.

In dieser - aus Sicht von Feldmanns politischen Gegnern – wenig aussichtsreichen Lage, soll nun eine Kampagne gestartet werden. Vor allem will man Vereine, Gewerkschaften und Firmen für eine Beteiligung an der Abwahl gewinnen. Ich habe mich deswegen bei Kulturvereinen umgehört, ob sie bereits Post von den vermeintlich staatstragenden Fraktionen erhalten haben. Doch zumindest bei jenen, die auf Etikette und gut formulierte und exzellent begründete Briefe Wert legen, ist nichts eingegangen. Die meisten der Kolleginnen und Kollegen sind auch skeptisch. Sie trauen es den Verantwortlichen der erwähnten Fraktionen nicht zu, den komplexen Sachverhalt eindeutig zu schildern und die Abwahl des Oberbürgermeisters als letzte Möglichkeit darzustellen, um eine rechtlich und politisch verworrenen Situation zu Gunsten der Bürger zu lösen. Sozusagen als Ultima ratio. Was auch jenseits aller Ratio bedeuten kann. Doch wer bekennt freiwillig, dass er oder sie intellektuell unterbelichtet ist, die rechtliche Lage nicht beurteilen kann und eigentlich nur den lästigen Peter Feldmann loswerden will, der sich regelmäßig zum Sprecher sozial Benachteiligter macht, die man lieber aus der Stadt vertreiben möchte. Der Plebs kann keine seriösen Briefe schreiben. Allenfalls Pamphlete, die allerdings auf ihre Urheber zurückverweisen.

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