Russland gerät mit Wladimir Putin ins Abseits der Gesellschaft weitgehend friedfertiger Völker
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die deutsche Linke ist mit einem Verdrängungskomplex beschlagen. Sie kann und will nicht einsehen, dass es das Bösartige gibt, das grenzenlos Gemeine und Niederträchtige. Ernst Bloch schrieb, dass Menschen dem Widersacherischen mit der Pistole in der Hand entgegentreten müssten. Anhand Putins Verhalten ist die Anatomie einer unausrottbar menschlichen Destruktivität erneut studierbar.
Putin ist nicht nur keinerlei Menschenfreund, er ist auch der zurzeit entschlossenste diebische Autokrat und Gewaltmensch, der ohne weiteres zum Genozid zu schreiten imstande ist und sich in die Reihe ähnlicher Monster um den Erdball einreiht. Für Russland ist er ein Ausfall, weil er für das ausgepowerte Land nichts aber auch gar nichts zu leisten willens und imstande ist, was in eine bessere Zukunft geleiten würde. Er ist der einsam thronende Chef der die Erde ausbeutenden Rohstoffmärkte. Er richtet Russland zugrunde, indem er auch noch die niedrigsten menschlichen Neigungen und Regungen hervorkitzelt und für seine Zwecke einspannt. Er möchte seine Russen für weitreichende Okkupationsgelüste hernehmen. Dazu hat er eine üble Truppe zusammengestellt: Wagner.
Putin untergräbt Russlands Würde und Selbstachtung
Putin hat Russland ins internationale Abseits geführt. Nur die es ihm gleichtun (möchten) himmeln ihn an oder tendieren dazu, ihn ins Recht zu setzen. Putin hat Russland runtergewirtschaftet, es höchst eigens ausgebeutet und ins globale Abseits geführt. Er hat keinerlei kreative Idee einer menschlichen Zukunft für ein Land, das er eisern im Griff hält, zum eigenen Vorteil und für das weitere Umfeld um ihn herum. Im Hintergrund lockt das herbeiphantasierte neue Großreich, das von außen her aufgefüllt werden soll. Weil dadurch für die einzelnen Gefahr droht, haben sich viele aus Russland davongemacht. Er malt ein Konstrukt der vermeintlichen Größe des alt-neuen Großreichs und exportiert es mit ‚Wagner‘ in die Fremde, verfolgt damit lediglich Ansprüche zum eigenen scheinbaren Vorteil. Potentiell ist seine gesamte Umgebung bedroht von ihm und seinen Gesellen einverleibt zu werden.
Er hat sich zum postmodernen Barbaren der asiatischen Despotie gemacht, dem man lediglich zugutehalten kann, dass er – wie geflissentlich angedeutet wird - eine verkorkste Jugend hatte. Die asiatische Despotie – eine Kategorie von Aristoteles, Montesquieu, Marx und später auch Rudi Dutschke; vergleiche hierzu dessen Doktorarbeit - ist ein Residuum und Überbleibsel jener Zeiten, da die trockenen Weiten Europäisch-Ostasiens mit Fronarbeit fruchtbar gemacht wurden, vorzugsweise durch Urbarmachung und aufwendig geschaffene Anlagen der Bewässerung. Wovon sich etwas über die Jahrhunderte im russischen Gedankenapparat festgesetzt und eine Denksperre hinterlassen hat.
Auf Basis dieser Grundlage nimmt er sich eine gegenwärtige Welt als Geißel, um sich besser zu fühlen. Das hat er extensiv in Syrien praktiziert. Die Ukraine ist nur das gelegenheitsbedingte unglückliche Opfer seiner deformierten Triebstruktur. Bei den von ihm alltäglich gesteuerten Angriffen lässt er eigene ethnische Landsleute mit in die Luft jagen. Aber das ist ihm schnurzegal. Er ist ohnehin nur angetreten, um in verbrannter Erde zu machen.
Psychopharmaka sind ihm ins Gesicht geschrieben. In Softskills, d.h. in ausgesprochen erlesenen wertvollen gesellschaftlichen und menschlichen Vermögen, ist er ein Versager. Aber das juckt ihn nicht. An der Spitze der innerrussischen Kleptokratie thront Putin, der Schreckliche. Diese plant auch ins Ausland überzugreifen, sofern sie nicht gestoppt wird. Diese Aufgabe fällt zuvorderst den schwer von ihm gebeutelten Ukrainern zu.
Die Perversion des eurasisch-russisch kleinen Manns
Putin leistet das Rückzugsgefecht von Männern der patriarchalisch-autoritären Sorte. Diese dräuen auch in der Linken, der AfD, FDP und selbstverständlich der CDU-CSU. Frau Wagenknecht hat schon immer ihr persönliches Anerkennungsproblem. Sie hat die Wende um 1990 bedauert und sich damit nicht ausgesöhnt. Putin schlachtet im antiquierten Selbstmissverständnis eine altmodische Russenromantik aus. Er will sich größer machen als er es je zu sein vermöchte, mit seinen bescheidenen geschichtlich abgestandenen persönlichen Methoden. Er agiert empathielos, seelenlos und strikt selbstisch. Er hat kein Konzept, keinen Entwurf einer aufbrechenden jung-alten neu-russischen Zivilgesellschaft; ein Gebilde, das für kommende Erfolge unerlässlich wäre.
Putin weiß selbst nicht recht, was er mikrokosmisch aus der Größe und Breite der Gesellschaft aufzubauen ‚sich vorgenommen‘ hat. Als Persönlichkeit hinter der Fassade ist er ein unbeschriebenes Blatt. Indem er Frust schiebt, schlägt er besinnungslos ums sich. Putin ist noch nicht bei einer durchgebildeten Persönlichkeit angelangt. Russinnen und Russen, wendet euch von ihm ab. Er macht euer Russland kaputt. Einrichtungen der Soziologie sprechen vom Vertanen Erbe. Diese Diagnose steht in der analytischen Tradition von Freud, wohl wissenden Expertenkreisen im Hinblick auf das menschliche Geschlecht und den Mitscherlichs und ihrer hellsichtigen Nachkommenschaft. Marx würde heutigentags auch nicht viel anders als mit Individualpsychologie argumentieren. Immer wieder stellt sich die Frage: liest denn die deutsche Linke überhaupt noch Marx?
Deutsche Klassiker der Aufklärung, Vernunft und Befreiungslehre hat Putin sich offensichtlich nicht angedeihen lassen, obwohl er beachtlich gut des Deutschen mächtig ist. Hinzu kommt, dass Deutsch die Philosophensprache schlechthin ist – wie es auch die griechische Sprache einmal war und wieder einmal werden könnte. Von Aristoteles ist uns die Kategorienlehre überliefert. Also die sprachliche Voraussetzung des intellektuellen Instrumentariums. Wörter nahmen kategoriale Funktionen an, brachten eine höhere Ebene der Begrifflichkeit ins Spiel und vermittelten uns Einsichten mit Ewigkeitswert. Aber jede Kultur hat ihre große Periode, die über die Jahre auch mal wieder vergehen mag.
Selbsterkenntnis – anscheinend ein Fremdwort im Russischen
Selbsterkenntnis geht nur mittels Rückwendung des Subjekts auf sich selbst. Insofern sie also unter dem Aspekt, dass das Subjekt sich von sich selbst zu distanzieren fähig ist, steht. Putin ist auf sich als psychologischen Fall regrediert, wie auch der Fall Wagner (vergl. Nietzsches gleichnamige Schrift) oder Hitlers Abgründe bezeugen. Freud wüsste Putin nach Strich und Faden analytisch zu sezieren. Aber wer liest noch Freud? Insbesondere scheint Putin aber notorisch Autismus zu haben.
Weil er den Ausgeklinkten macht, vermag niemand im Westen ihm irgendetwas noch Ernsthaftes abzunehmen oder ihm zu trauen. Er weiß das und droht daher in seiner ihm eigenen Ohnmacht. Warum beurteilt niemand aus der Gemeinde der Wissenschaft ihn psychoanalytisch, obwohl das so naheläge? Will sich keiner vorwagen? Haben alle den inneren Bammel vor ihm? Die Psychoanalyse scheint für einen so krassen und aus der Zeit gefallenen Typus keine Worte mehr zu haben. Daher ist der Begriff der Zeitenwende nicht ganz abwegig.- So also kann ein Dieb und Schlächter seine Werke verrichten.
Mit Putin ist eine neue Zeit angebrochen. Für diese wurden noch nicht die geeigneten Worte gefunden. Mit China übrigens bildet sich eine weitere Monstrosität heraus. Eine Musikgruppe dichtete und sang hellsichtig:
- So, behold the birth, the wicked child, Born of the Beast, in eastern sands
- (Chorus) He will arise. He will divide He has the power to bring the end
(Song 12, Birth oft he Wicked), ICED EARTH, 1998
Das Album ist nun schon fast ein Vierteljahrhundert alt. Die Gruppe gastierte 1997 in Offenbach auf der Wiese hinter dem Freizeitpark.
Postskriptum - Ich weiß nicht, ob ich darüber schon mal mehr oder weniger gekündet habe, aber es lagern in meiner frühen biographischen Vergangenheit zentrale Begebenheiten, die doch nicht irgendwann mal vergessen wurden, sondern aufgrund ihrer Unverwechselbarkeit und Klarsicht im Gedächtnis haften blieben. Zur Sache: Während einer Lehre der Chemigraphie in den späten Sechzigern hatten wir einen subalternen vorgesetzten Lehrherrn, der regelmäßig die Warnung verbreitete: „Die Russe komme!“. Das hielten wir Jugendliche damals für skurril und beileibe nicht mehr für angesagt. Derartiges hören zu müssen war uns schrecklich peinlich.
Und: Schon während der späten Fünfzigerjahre warnte ein Onkel – der noch mit 18 Kriegsteilnehmer geworden war - mit dem Slogan von der Gelben Gefahr, die da dem Westen drohe. Üblich war damals auch, von den ‚Blauen Ameisen‘ daherzureden, womit auf die blaue Arbeitskluft der großen Zahl der chinesischen Arbeitskraft angesprochen wurde. Rote und Blaue Garden gingen wohl auch ineinander über. So recht wollten wir an die mit dem Ameisenvergleich verbundene Gefahr nicht recht glauben. -
Heute aber, nach so lang verstrichener Zeit, will es uns erscheinen, dass die damaligen Warnungen einen wahren Kern, um nicht zu sagen Substanz, hatten, nur mit dem Unterschied, dass der chinesische Arbeiter heute an Individualität gewonnen hat, seine Herren aber in der Vergangenheit stecken geblieben sind. Die Zeiten ändern sich unweigerlich und doch auch wieder nicht, weil die Herrschenden, die über die Massen befehlen, im Großen und Ganzen dieselben sind. Die Ukrainer wissen, was das russische Imperium angeht, mittlerweile vom schlechthin Bösartigen ein Lied zu singen und darüber qua Medien und in Gesprächen neueste Berichte abzugeben. Drastisch nachzuvollziehen an einer ihrer reich ausgestatteten Mahnwachen, unmittelbar gegenüber einem russischen Konsulat.
Foto © Heinz Markert