Bildschirmfoto 2023 10 09 um 21.46.59Der LiveTicker+++ berichtet laufend über Entwicklungen rund um den Krieg in Israel. Am Tag des 50. Jahrestags des Jom Kippur Kriegs: Die palästinensische Terrororganisation Hamas greift Israel massiv an, tötet Hunderte von Israeli und nimmt Geiseln.  

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Tag 3: 9. Oktober 2023 /19:10: Israel hat seinen Angriff auf Gaza intensiviert. Die Enklave bekommt keinen Strom, kein Essen, kein Wasser, kein Gas mehr. Eine totale Blockade ist eingerichtet worden, nichts kommt mehr nach Gaza rein, nichts mehr raus. Die „Anklopf“-Politik wurde aufgegeben. Bislang hat die Air Force, wenn sie ein Haus, in dem eine Hamasposition war, bombardieren wollte, eine kleine Warnbombe auf das Dach des Hauses abgefeuert, damit die Zivilbevölkerung Zeit hatte zu fliehen. Dadurch waren aber auch die Hamas-Leute gewarnt. Das wird es ab sofort nicht mehr geben. Man ist in Jerusalem auch entschieden, Gaza zu bombardieren, ohne Rücksicht auf die israelischen Geiseln.

Wenn man weiß, wo sich welche befinden, dann wird darauf Rücksicht genommen, heißt es in Jerusalem. Ansonsten wird sich Israel nicht zügeln, das sei nachdem, was geschehen ist, nicht mehr möglich. Gleichzeitig hat Hamas angekündigt für jede israelische Bombe eine israelische Geisel zu exuktieren, dies zu filmen und öffentlich zu machen. Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate haben den Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten verurteilt. Am frühen Abend gab es neue Zahlen über die israelischen Opfer: 900 Tote und mehr 2600 verwundet.

16.30

Raketenangriffe auf Tel Aviv und Umgebung, eine Rakete, die in unmittelbarer Nähe des Flughafen Ben Gurion einschlug. Luftalarm im Norden, heftige Angriffe der IAF auf Gaza. So sieht der dritte Tag des Krieges aus. Inzwischen wurden 300 000 Reservisten in kürzester Zeit eingezogen, mehr als jemals zuvor in der Geschichte Israels. Inzwischen sind neue Zahlen bekannt: Über 800 Israelis wurden getötet mehr als 2000 sind verletzt. Noch am Vormittag kämpfte die Armee innerhalb Israels, an der Grenze zu Gaza, mit palästinensischen Terroristen, inzwischen habe man das Territorium wieder im Griff, heißt es. Die Hamas verhandelt angeblich mit Israel. Man sei bereit Frauen und Kinder freizulassen, dafür wolle man 36 palästinensische Frauen und Kindern aus den israelischen Gefängnissen zurück haben. In Jerusalem laufen derzeit Gespräch, um eine Einheitsregierung zu bilden. Benny Gantz verlangt, dass Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich ihre Sicherheitskompetenzen entzogen werden, dann wäre er bereit, in die Koalition zu gehen. Yair Lapid verlangt den kompletten Ausschluss der beiden Rechtsextremisten. Österreich hat inzwischen seine Hilfsgelder für die Palästinenser komplett gestoppt, Deutschland berät im Augenblick über ähnliche Schritte.


07:30

In der Nacht auf Montag sind israelische Truppen mit Bodentruppen in Gaza einmarschiert. Auf Hizbollahs Angriffe im Norden mit Mörsergranaten schickte die Armee schweres Gerät in den Norden und evakuiert einige Dörfer und Siedlungen an der Grenze zum Libanon. Inzwischen weiss man, dass unter den von der Hamas Getöteten eine israelische, mehrere amerikanische und ein französischer Staatsbürger waren, mehrere Franzosen werden noch vermisst. In der Nacht stieg die Zahl der Opfer auf palästinensischer Seite, was im Vorfeld der gestern Nacht kurzfristig einberufenen Sicherheitsratssitzung der Vereinten Nationen zu einem Schlagabtausch zwischen den UN-Botschaftern Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Indessen ist die Rede von 100 bestätigten israelischen Geiseln, die von Hamas in den Gazastreifen entführt wurden. Zwei zentristische Gegner Netanjahus, Yair Lapid und Benny Gantz, haben beide öffentlich die Bildung einer breit angelegten Notstandsregierung für die Dauer des Krieges ins Gespräch gebracht. Unterdessen wurde befürchtet, dass sich im Norden eine zweite Front auftun könnte, wo die Hisbollah, die wie die Hamas als Stellvertreter des Iran gilt, im Libanon operiert. Amir Tibon, ein "Haaretz"-Journalist, dessen Familie am späten Samstag von einem Bataillon, dem auch sein Vater, ein General im Ruhestand, angehörte, aus ihrem belagerten Kibbuz gerettet wurde, warnte in X, dass sich die Israelis im Norden auf einen Konflikt einstellen sollten. "Wir waren nicht richtig vorbereitet", schrieb er. "Machen Sie diesen Fehler nicht." Noch am späten Sonntagabend trafen wiederum Raketen aus Gaza in Zentralisrael.


Tag 2: 8. Oktober 2023

Mehr als 600 Tote, immer noch Kämpfe mit Terroristen auf israelischem Staatsgebiet und die offizielle Kriegserklärung Israels. Das ist Tag 2 des Krieges mit der Hamas. Auch im Norden wird geschossen. Immer mal wieder feuert die Hizbollah Mörsergranaten. Die Armee schickte schweres Gerät in den Norden und evakuiert einige Dörfer und Siedlungen an der Grenze zum Libanon. Inzwischen weiss man, dass unter den von der Hamas Getöteten eine israelische, mehrere amerikanische und ein französischer Staatsbürger waren, mehrere Franzosen werden noch vermisst. Berlin erklärt, dass es nach dem Angriff der Hamas seine Wirtschaftshilfe an die Palästinenser neu überdenken wird. Inzwischen haben Benjamin Netanyahu und US-Präsident Joe Biden erneut miteinander telefoniert. Biden sicher seine volle Unterstützung zu. Avigdor Lieberman von der oppositionellen Yisrael Beiteinu-Partei erklärte, er würde der Regierung sofort beitreten, wenn der Premier verspricht die Hamas zu zerstören und ihre Führer zu töten. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sprach mit Premier Netanyahu. Er wolle sich in Kairo dafür einsetzen, dass Ägypten eine Vermittlerrolle einnimmt. Womöglich geht es da schon um Gespräche über die Geiseln. Unterdessen gehen aber die Angriffe der israelischen Luftwaffe erst so richtig los, auch die Hamas feuert Raketen ab, der Krieg ist in vollem Gange

Am Sonntagmittag sind mehr als 500 Israelis getötet und mehr als 2000 verwundet worden. Das ist die schreckliche Bilanz 24 Stunden nach dem überraschenden Überfall der Hamas auf israelische Dörfer und Kibbuzim an der Grenze zu Gaza am gestrigen Morgen. Inzwischen gilt gemäss israelischen Medien als sicher, dass 200 Besucher eines Musifestivals in Israels Süden massakriert oder entführt wurden. Am heutigen Morgen feuerte die Hizbollah Mörsergranaten auf israelisches Gebiet, Israel feuerte zurück. Die Hizbollah erklärte sich solidarisch mit der Hamas. In Israel ist die Angst vor einem Zwei-Fronten-Krieg gross. Unterdessen läuft die Einberufung der Reservisten weiter. Bis zu 100'000 will die Armee einberufen, auch der ehemaligen Premier Naftali Bennett, sowie der frühere Wirtschaftsminister Yair Golan und der ehemalige Kommunikationsminister Yoaz Hendel meldeten sich als Freiwillige zum Dienst. Im Norden hat die Armee einige Städte und Dörfer, wie etwa Kiryat Shmona, vorgeschlagen, die Bevölkerung sicherheitshalber zu evakuieren. Bei der halbnackten jungen Frau, die gestern in einem Video aus Gaza auf einem Pickup-Truck tot der palästinensischen Bevölkerung gezeigt wurde, handelt es sich um eine Deutsche, die auf einem Musikfestival nahe der Grenze zu Gaza war. Zwei britische Bürger, die ebenfalls auf dem Festival waren, werden vermisst. Im Laufe des Tages will Hamas einige der entführten Israelis präsentieren, berichtet Al Jazeera. Dies ist natürlich Teil ihrer psychologischen Kriegsführung. Kurz vor 12 Uhr mittags am heutigen Sonntag liefert sich die israelische Armee mit palästinensischen Terroristen im Kibbuz Magen erbitterte Gefechte. Noch hat Israel nicht sein ganzes Staatsgebiet wieder im Griff. Am Sonntagnachmittag erklärte Israels Sicherheitskabinett offiziell den Krieg.



Tel

Eine Hamas-Rakete zerstört am Samstag ein Haus mitten in Tel Aviv.


 Tag 1: 7. Oktober 203


Die Bilanz des ersten Tages des Krieges, den Israel «Eiserne Schwerter» nennt, ist entsetzlich: Das totale Fiasko der Geheimdienste, die völlige Überraschung der Armee und der Regierung, ein unglaublicher Siegeszug von ein paar Hundert Hamas-Kämpfer innerhalb Israels und die auch in den frühen Abendstunden immer noch Ortschaften und Kibbuzim besetzt halten. Mehr als 300 Israelis wurden getötet, mehr als 1200 verletzt und mindestens 50 Israelis wurden nach Gaza verschleppt.

Die Regierung hat den nationalen Notstand ausgerufen, den Einsatz von Bodentruppen befürwortet. Den ganzen Tag bombt die israelische Air Force Gaza, im israelischen Fernsehen wird von Militärs darüber geredet, dass man möglicherweise Gaza wieder besetzen muss. Das Chaos ist total. Und die Bilder sind entsetzlich: Eine halbnackte Israelin auf einem Pick-Up Truck in Gaza, Soldaten, die vorgeführt werden. Und überall jubelnden und tanzende Palästinenser, die ihr Glück nicht fassen können – und doch wissen, was sie nun erwartet. Denn die israelische Armee und die Regierung können jetzt nicht einen Krieg führen wie sie das in der Vergangenheit getan haben. Nun muss ein die Armee ihre Abschreckungskraft wiederherstellen. Im israelischen Fernsehen reden Militärs von einer möglichen Besetzung Gazas. In Tel Aviv sind Raketen mehrfach eingeschlagen. Die Lage ist auch am frühen Abend alles andere als unter Kontrolle.

Der Schabbat und Shmini Azeret zeigte sich Vormittag so: Die israelischen Ortschaften rund um Gaza sind in der Hand der Hamas – das sagte nicht die Hamas, sondern die israelische Armee. Am frühen Morgen überraschte die Hamas die israelische Armee und politische Führung mit einem Raketenangriff und dem Eindringen Dutzender Hamas-Kämpfer in den Süden des Landes. Sie haben zahlreiche Orte, wie Sderot in ihrer Hand, zumindest im Augenblick. Es herrscht Krieg. Beide Seiten bezeichnen die aktuelleSituation so. Im Augenblick sollen bereits 34 Israelis nach Gaza entführt worden, mehr als 250 Israelis sind verwundet. Es sollen gemäss Medienberichten 22 Tote Israelis gegeben haben. Im palästinensischen Fernsehen konnte man in den Strassen von Gaza einen israelischen Militärjeep sehen, den die Hamas in ihre Hände bekommen hat. Ein palästinensischer Journalist aus Gaza berichtete aus einer jüdischen Ortschaft, vor den Häusern der Israelis. Die israelischen Bewohner, die können, versuchen zu fliehen. Es gibt erste Bilder von Palästinensern, die auf Leichen von Israelis herumtrampeln.


Angriffe Hamas

Reservisten einberufen

Die IAF greift massiv Ziele in Gaza an, die Reservisten wurden einberufen. Die Protestbewegung hat alle ihre Demonstrationen abgesagt, die protestierenden Reservisten, die ihren Dienst seit Wochen verweigern, haben sich zum Dienst gemeldet. Israel nennt diesen Krieg «Eiserne Schwerter». 50 Jahre nach dem Jom Kippur Krieg, der Armee und Regierung völlig überraschte, ist Israel erneut in derselben Situation. Niemand ahnte, was die Hamas plante, die Geheimdienste haben offensichtlich, so zumindest nach aktuellem Stand, komplett versagt. Israel befindet sich in der schlimmsten und schwierigsten Situation der vergangenen Jahrzehnte. Man wird abwarten müssen, wie es weitergeht. Werden andere Islamisten in den Krieg mit einsteigen? Wird die schiitische Hizbollah im Libanon mit ihren 130‘000 Raketen Israel aus dem Norden angreifen. Und wird Israel nun möglicherweise Terroristenziele im Libanon, in Syrien und anderswo angreifen? Dieser soeben begonnene Krieg könnte komplett eskalieren. Gemäss Experten handelt es sich um die grösste Aktion der Hamas, während viele offene Fragen noch ungeklärt sind. Bereits wird eine massive Reaktion von Israels Streitkräften in den kommenden Wochen erwartet. Bereits in den ersten Stunden ist die innenisraelische Kritik an schlecht informierten Geheimdiensten beachtlich. Inzwischen haben weltweit Regierungen Solidarität mit Israels Bevölkerung bekundet und zum Ende der Gewalt aufgerufen.

Foto: 
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 9. Oktober 2023