Künstlerinnen und Künstler setzten im Berliner Ensemble ein Zeichen gegen Antisemitismus
Yves Kugelmann
Berlin (Weltexpresso) - Auf Initiative von Pianist Igor Levit und Publizist Michel Friedman hat das Berliner Ensemble am Montagabend unter dem Titel «Gegen das Schweigen. Gegen Antisemitismus» zu einem Solidaritätskonzert mit zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern auf die Bühne des Großen Hauses geladen zu einem Abend mit Musik und Texten. Ulrich Noethen, Sven Regener, Katharina Thalbach und weitere Gäste setzten ein Zeichen auch gegen «das Schweigen in der Kulturlszene» nach den Masskern der Hamas vom 7. Oktober in Israel, wie der Intendant des Berliner Ensemble Oliver Reese in der Begrüßung sagte.
Nicht nur das Selbstverständnis als Gesellschaft sei bedroht, sondern auch die Demokratie, so Reese. Die 2010 nach Deutschland zurückgekehrt Holocaustüberlebende Margot Friedländer, erinnerte daran, dass es «kein christliches, jüdisches oder muslimisches sondern nur menschliches Blut» gebe. Sie plädierte für mehr Menschlichkeit und zeigte sich geschockt über den aufkeimenden Antisemitismus weltweit. Ihrem Plädoyer folgten Standing Ovations. Der Pianist Igor Levit sagte zur Motivation der Initiative: «Als vor vier Wochen in Israel 1400 Menschen den brutalen Terrorangriffen der Hamas zum Opfer fielen, weil Sie Juden waren, reagierten große Teile der deutschen Kulturlandschaft, die sonst ihre Solidarität dankenswerterweise schnell zum Ausdruck bringt, für mich erstaunlicherweise - mit Schweigen. Als dann eine Explosion von Antisemitismus, von Judenhass, sowohl aus radikal islamischen Kreisen und rechtsextremen Gruppierungen wie auch aus Teilen der Linken folgte; als ‚Tod den Juden‘ skandiert und als ‚Israelkritik‘ entschuldigt wurde, reagierten große Teile der deutschen Kulturlandschaft, die sonst ihre Solidarität dankenswerterweise schnell zum Ausdruck bringt, wiederum - mit Schweigen. So kann es nicht weitergehen.» Höhepunkte des Abends waren Katharina Thalbachs brillante Lesung von Karl Valentins Text «Die Fremden» und Ulrich Noethens beeindruckender Lesung von Michel Friedmans «Fremd». Der Liedermacher Wolf Biermann sorgte mit seinem jiddischen Lied «Mag sein, dass ich irre» für den authentisch, emotionalen Ton, sang sein wohl berühmtestes Lied «Die Ermutigung» für die Palästinenser und verband dies mit der Hoffnung, dass die Palästinenser sich aus der Bevormundung von Hamas und arabischen Staaten lösen sollten. Den fulminanten Schlusspunkt des vierstündigen Abends setzten die Toten Hosen mit der Vertonung des Gedichtes «Stimmen aus dem Massengrab» von Erich Kästner. Neben Staatsministerin für Kultur, Claudia Roth, dem Präsidenten des Deutschen Historischen Museum, Raphael Gross, waren Bundestags- und Abgeordnete von Berlin sowie Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaft anwesend.
Foto:
Pianist Igor Levit mit Violinistin Cosima Soulez Laviere im Berliner Ensemble..
Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 28. November 2023