Hanswerner Kruse
Drei Kilometer lang geht’s auf der kurvigen, steilen Straße durch die einsame Landschaft nach Seidenroth. Gleich hinter der Gastwirtschaft nach dem Ortseingang, erreicht man den verwunschenen „Botanischen Garten“: Exotische Pflanzen, Farne und Bäume bilden ein eigenes Reich zwischen Wildnis und Zivilisation.
Die Kunstschaffenden des Kollektivs Mania werden hier vom 6. bis 7. Juli 2024 das Festival „artkin groove“ - als Teil des Kultursommers Main-Kinzig-Fulda - inszenieren.
Performerinnen bringen Gartengeräte zum Singen. Eine Installation aus Schaffellen lädt zum Verweilen ein. Das Gewächshaus und andere Gebäude sind Orte für Performances und Ausstellungen. Dort zeigen Druckwerke keine Abbilder, sondern naturhafte Geflechte oder sinnbildlich, grafisches Wachstum. Zwischen den Bambusstämmen ertönen geheimnisvolle Klänge. Auf einer provisorischen Bühne zur Straße, lässt am Samstag die legendäre Band „Embryo“ ihre Weltmusik erklingen. Sonntags sind persische Melodien zu hören. Und natürlich gibt es auch Pizza und Getränke. Begeistert erzählen die Kollektivmitglieder Melika Moazeni und Manfred Schäfer, die hier ein Atelier haben, von ihrer künstlerischen Vision.
Das Künstlerpaar und Manfred Schäfer, Besitzer des Anwesens, haben zwar einen hohen künstlerischen Anspruch, betonen jedoch immer wieder ihr Vorhaben sei nicht elitär, sondern „für alle da!“ Natürlich ist das Projekt eine Gradwanderung der zeitgenössischen Kunst im ländlichen Raum. Aber das Festival ist für jeden verständlich, wenn man sich auf die Objekte, Aktionen, Klänge und Kommunikationen einlässt.
Die Gruppe ist bundesweit vernetzt, will sich aber auch mit kulturellen Initiativen im Bergwinkel verspinnen, wie Fabian Schäfer es poetisch formuliert. Mania ist Englisch für Manie, doch die Bezeichnung ist nicht im Sinne psychischer Krankheit gedacht. Vielmehr meint der Name Obsession, Leidenschaft, Euphorie - für die andere Seite der Wirklichkeit, welche die Kunst erspüren und ausdrücken kann. Das Festival in Seidenroth ist der spektakuläre Start des Kollektivs, das jedoch nicht an diesen Ort gebunden ist. Denn die in Deutschland verstreuten Kunstschaffenden verstehen sich als „nomadisches Kollektiv“.
Sie sind jung, um die dreißig Jahre und haben noch viele weitere Ausstellungen und Projekte vor. Langfristig möchten sie auch „Residenzen“ für andere Kreative ermöglichen. Die werden mittlerweile in allen kulturellen Bereichen wie Tanz, Bildender Kunst, Musik und Literatur angeboten. Sie gewähren den Eingeladenen temporäre Möglichkeiten zum Arbeiten und zur Präsentation ihrer Werke. Zum Schluss noch ein Wort zum Begriff des Kollektivs. Die Mitglieder wollen keine Bilder gemeinsam malen, sondern zusammen was erreichen: „Weil jeder ja in irgendetwas gut ist und man es oft alleine nicht schafft“, erklärt Moazeni.
Service
Das ausführliche Programm in Seidenroth, Hauptstraße 8 wird demnächst bei Instagram mania.kollektiv vorgestellt.
Eintritt: Samstag 20 € / ermäßigt 15 €, Sonntag freier Eintritt.
Foto
© Hanswerner Kruse: Fabian Schäfer links, Manfred Schäfer Mitte, Melika Moazeni.
Grafik:
Veranstalter „artkin groove“
Das Plakat drückt durch das a den Anfang des Mania-Projekts aus, dem präzisen a der Realität steht das obsessive aber unbestimmte a gegenüber.