Bildschirmfoto 2024 08 07 um 22.18.01Zwei Beamten zufolge ist einer der Pässe, die untersucht werden, derjenige, der Yair Netanyahu, dem Sohn von Premierminister Benjamin Netanyahu, gegeben wurde

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Polizei führte am Mittwochmorgen eine Razzia in den Büros des israelischen Außenministeriums in Jerusalem durch und beschlagnahmte Dokumente im Rahmen einer Untersuchung über die mutmaßliche Vergabe von Diplomatenpässen an Bürger, die dazu nicht berechtigt waren, wie in einem Haaretz-Artikel berichtet wurde. Nach dem Artikel wurden Beschwerden bei der israelischen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara eingereicht, die daraufhin eine Untersuchung des Falles einleitete. Die Ermittlungen werden sich auf die Amtszeit des ehemaligen Außenministers Eli Cohen konzentrieren, der voraussichtlich von der Polizei befragt werden wird.


Nach Angaben eines Beamten, der mit Haaretz sprach, ist einer der Pässe, die untersucht werden, derjenige von Yair Netanyahu, dem Sohn von Premierminister Benjamin Netanyahu. Eine Polizeiquelle fügte hinzu, dass die Razzia Teil einer groß angelegten Untersuchung ist, bei der neben dem Fall Netanjahu noch mehrere andere Fälle untersucht werden sollen. Die National Fraud Investigation Unit erklärte, dass die Ermittlungen bereits vor einigen Wochen eingeleitet wurden.

Im vergangenen Dezember deckte Gidi Weitz von Haaretz auf, dass Israels ehemaliger Aussenminister Eli Cohen die Ausstellung von Diplomatenpässen an einflussreiche Mitglieder seiner Likud-Partei anordnete, die in der Lage sind, seine Platzierung auf der Liste der Partei bei einer zukünftigen Knessetwahl zu beeinflussen.

Dieser Schritt erfolgte gegen den Rat von Fachleuten des Ministeriums, die der Meinung waren, dass die Empfänger nicht geeignet seien, Diplomatenpässe zu erhalten. Cohen ordnete auch einen Diplomatenpass für Yair Netanyahu an, obwohl er die normalen Kriterien nicht erfüllt. Diplomatenpässe sollen Regierungsvertretern die Ausreise aus Israel und die Einreise in andere Länder erleichtern, indem sie die für normale Reisende erforderlichen Formalitäten umgehen. In Israel werden Diplomatenpässe von hochrangigen Beamten verwendet, darunter Kabinettsminister, Knessetmitglieder, Mitglieder des Verteidigungsapparats, die Leiter der Justiz und Mitglieder des diplomatischen Corps. In den Vorschriften des Außenministeriums sind die Bedingungen für den Erhalt eines Diplomatenpasses klar festgelegt. Diejenigen, die sie nicht erfüllen und dennoch das begehrte Dokument erhalten möchten, werden an einen speziellen Ausschuss verwiesen, der den konkreten Fall prüft und entscheidet, ob es einen Grund gibt, der die Ausstellung eines Diplomatenpasses rechtfertigt, zum Beispiel aus Gründen der nationalen Sicherheit oder aus diplomatischen Gründen.

«Das riecht besonders übel», sagte eine mit dem Auswärtigen Dienst vertraute Quelle. «Der Außenminister nutzt hier ganz unverhohlen staatliche Mittel, um eine Geste gegenüber Leuten zu machen, die seine politische Zukunft beeinflussen werden. Cohen hat in einem eklatanten Interessenkonflikt gehandelt, und der Generalstaatsanwalt muss sich intensiv damit befassen.»

Kurz nach der Enthüllung versuchte der israelische Außenminister Eli Cohen, die Behauptungen zu diskreditieren.

Im Mai gab das Außenministerium unter Berufung auf die nationale Sicherheit die Namen von weniger als drei Prozent der Inhaber von Diplomatenpässen bekannt. Yair Netanyahu stand auf der Liste, obwohl er die Kriterien für einen solchen Pass nicht erfüllte.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 7. August 2024