Netanjahu soll aus Angst vor Verhaftung den 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung in Polen auslassen
Redaktion tachles
Tel Aviv (Weltexpresso) - Premierminister Benjamin Netanjahu wird Berichten zufolge nicht an der Zeremonie zum 80. Jahrestag der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau in Polen teilnehmen. Laut der polnischen Zeitung «Rzeczpospolita» begründet Netanjahu dies mit der Befürchtung, aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) verhaftet zu werden.
Der IStGH hatte im vergangenen Monat Haftbefehle gegen Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant ausgestellt. Diese verpflichten die 124 Mitgliedsstaaten des Gerichts, die beiden bei einem Betreten ihres Hoheitsgebiets zu verhaften und auszuliefern. Der stellvertretende polnische Außenminister Władysław Bartoszewski erklärte gegenüber «Rzeczpospolita», dass Polen die Entscheidungen des Weltgerichts «respektieren» werde.
Während der Zeremonie, die für den 27. Januar geplant ist, wird Israel nicht durch den Premierminister oder den Präsidenten Isaac Herzog vertreten sein. Stattdessen soll Bildungsminister Yoav Kisch anwesend sein. Bereits beim 75. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung war Israel nicht durch den Premierminister, sondern durch den damaligen Präsidenten Reuven Rivlin repräsentiert worden.
Seit der Ausstellung der Haftbefehle im November hat Netanjahu Europa gemieden und auch auf Zwischenstopps auf dem Weg in die USA verzichtet. Neben Polen haben Länder wie die Niederlande, Frankreich, Italien, Irland und Belgien angekündigt, die Entscheidung des IStGH umzusetzen. Das Vereinigte Königreich und Kanada erklärten, die Entscheidung zu respektieren und das Völkerrecht einzuhalten. Der Nationale Sicherheitsrat der USA hingegen wies darauf hin, dass die Vereinigten Staaten die Entscheidung des Gerichts ablehnen.
Die Haftbefehle könnten weitreichende Konsequenzen haben. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Sanktionen gegen Israel, darunter ein Waffenembargo und wirtschaftliche Restriktionen. Israel wird durch die Haftbefehle in eine Reihe mit Staaten wie Russland und dem Iran gestellt, die ebenfalls wegen Verstößen gegen das Völkerrecht unter Druck stehen.
Der Chefankläger des IStGH, Karim Khan, forderte sowohl Mitglieds- als auch Nichtmitgliedstaaten des Gerichts auf, die Haftbefehle zu unterstützen. In einer Stellungnahme betonte Khan die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit und forderte die Staaten auf, «ihrer Verpflichtung gegenüber dem Römischen Statut nachzukommen» und Rechenschaftspflicht sicherzustellen.
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©KZ Auschwitz
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 22. Dezember 2024