münchner sicherheitskonferenzZur Münchener Sicherheitskonferenz

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Berlin (Weltexpresso) - Mit Sorge verfolgen wir die öffentlichen Debatten der politisch Mächtigen der NATO-Staaten, der EU und anderer Akteure, die sich gegenwärtig zu Krieg und Frieden äußern. Damit sind nicht nur die expansionistischen Ideen des US-Präsidenten Trump gemeint, der Grönland und den Panama-Kanal glaubt für die USA reklamieren zu können, sondern mit seinen Aussagen zum Gaza-Streifen den Vertreibungsphantasien extrem rechter Akteure in Israel gegenüber den Palästinensern Aufwind gibt. Damit ist Trump mitverantwortlich für die erneute Eskalation des Nahost-Konfliktes – und das in einer Phase, in der durch Verhandlungen scheinbar das Leben der israelischen Geiseln gerettet werden kann.

Am vergangenen Wochenende fand nun zum wiederholten Male die Münchener Sicherheitskonferenz (MSC) statt. Auch in diesem Jahr war sie ein Stelldichein von Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsministern, Parlamentarier der verschiedenen NATO und EU-Staaten, natürlich Vertreter aller großen Kriegswaffen produzierenden Konzerne. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj war als Gast und Redner eingeladen.

Vor Jahren waren bei diesem Treffen einmal der russische Präsident Putin und der chinesische Staats- und Parteichef Xi anwesend bzw. zugeschaltet. Doch schon damals war man nicht bereit zuzuhören, was diese Vertreter einer multipolaren Weltordnung zu einer friedlichen Entwicklung der Welt sagen wollten. Nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine entwickelt sich dieses jährliche Treffen immer mehr zu einem nichtoffiziellen transatlantischen Vernetzungstreffen, auf dem militärische und geopolitische Fragen im Sinne möglichst hoher Gemeinsamkeit zwischen Staaten und Institutionen debattiert werden. Der Vorteil dieses Beratungsformates ist es, dass es keine abgestimmte Abschlusserklärung geben muss, auf der anderen Seite aber zahlreiche „Hinterzimmer-Gespräche“ gibt, bei denen – außerhalb des Protokolls – gegenseitig interessierende Fragen abgestimmt werden können.

Das Treffen in diesem Jahr wurde mit großer Spannung erwartet, weil mit dem Amtsantritt von Donald Trump eine große Verunsicherung über die außenpolitische Linie der USA vorherrschte. Direkt vor der Konferenz machte Trump deutlich, wie wenig ihm an einer Abstimmung mit den europäischen Partner gelegen ist, als er in den Tagen zuvor mit dem russischen Präsidenten Putin telefonierte und anschließend verkündete, dass das der Beginn des Friedensprozesses für die Ukraine sei. Die öffentliche Reaktion konnte man in jedem Land erleben. Statt sich zu freuen, dass möglicherweise das Töten in der Ukraine zumindest eingestellt wird, fühlten sich fast alle europäische Regierungen von diesem Vorstoß übergangen und forderten, es dürfe keine Verhandlungen ohne die EU geben. Seriöse Kommentatoren in den Leitmedien verwiesen darauf, dass eine solche Forderung jedoch nicht durch eigene diplomatische Initiativen der Europäischen Union in den vergangenen Monaten legitimiert sei. Folgerichtig behandelte die mit Spannung erwartete Rede des amerikanischen Vize-Präsidenten Vance den Krieg in der Ukraine nur am Rande. Vance beschäftigte sich vor allem mit – aus seiner Sicht – Versäumnissen der europäischen Regierungen bei den Ausgaben für das Militär und der Finanzierung des Ukraine-Einsatzes. Dass er bei der deutschen Regierung einen anderen Umgang mit der extrem rechten Partei AfD anmahnte, die im Bundestagswahlkampf bereits die Unterstützung von Elon Musk erhalten hat, macht deutlich, wen die Trump-Administration gegenwärtig für Verbündete in Europa hält.

Bezeichnend war der Auftritt des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Um aus seiner Sicht noch etwas für seine Kriegspolitik zu retten, forderte er die EU auf, eine europäische Armee aufzustellen, der natürlich auch ukrainische Truppenverbände angehören sollten, um „den russischen Vormarsch“ auf Europa zu stoppen. Dass er für diesen Vorschlag die Zustimmung der estnischen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas erhalten würde, kann nicht überraschen. Der polnische Außenminister Sikorski forderte, die EU solle nun Soldaten in die Ukraine schicken, wobei wenig später die eigene Regierung und andere europäische Staaten zurückruderten. Es ist dennoch erstaunlich, wie es dem ukrainischen Präsident gelingt, die westeuropäischen Regierungen an seiner Leine wie einen Tanzbären durch die Manege führen zu können. Mit welcher Vasallentreue europäische Politiker diesem folgen wurde auch durch die Reaktion europäischer Politiker auf Trumps Gepoltere gegen Selenskyij deutlich. Statt die Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, scharrte man sich um Selenskyj.

Während in den Räumlichkeiten im Bayerischen Hof, dem Tagungsort der MSC, eine Begeisterung für Aufrüstung und Krieg herrschte, fanden wie seit vielen Jahrzehnten draußen vor der Tür Protestaktionen der Friedensbewegung statt. Sie forderten, keine weitere Aufrüstung und Militarisierung der EU, Diplomatie statt Waffenlieferungen und eine europäische Sicherheitsarchitektur, die die Interessen aller Staaten und Regionen in Europa einschließt. Antifaschistischen Verbände, zivilgesellschaftliche Organisationen und Aktivisten der Friedensbewegung erklärten, dass die Botschaft der Befreiung vom Faschismus vor 80 Jahren: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ die gesellschaftliche Handlungsmaxime sein müsse – nicht die Vernetzung der Bellizisten.

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Quelle: FIR Newsletter 2025-08 dt.