Bildschirmfoto 2025 05 03 um 05.44.19Alles auf die Straße, Saigon ist frei!“

FIR

Berlin (Weltexpresso) - Mit diesen Zeilen feierte der Oktoberclub, eine DDR–Songgruppe, die Befreiung von Saigon, heute Ho-Chi-Minh-Stadt, vor 50 Jahren am 30. April 1975. Die Befreiung der südvietnamesischen Hauptstadt durch die Volksbefreiungsarmee Vietnams markierte gleichzeitig die endgültige Niederlage des diktatorischen Thieu – Regimes, das sich nur noch durch die starke Präsenz amerikanischer Unterstützer halten konnte. Die Regierung Thieu setzte sich bereits am 21. April 1975 ins Ausland ab.

Als an 30 April die letzten amerikanischen Repräsentanten und ihre Kollaborateure vom Dach der US-Botschaft mit Hubschraubern auf vor Vietnam liegende US-Flugzeugträger ausgeflogen wurden, war klar, dass der vietnamesische Befreiungskampf endgültig gesiegt hatte. Ikonographisch ist auch das Bild eines T-54-Panzers, der geschmückt mit der Flagge der Befreiungsarmee, einem gelben Stern auf blau-roten Grund, das Tor zum Präsidentenpalast in Saigon durchbrach und auf das Gelände eindrang.

Schon zwei Jahre zuvor, Ende Januar 1973 hatten die USA im Pariser Abkommen den vollständigen Truppenabzug vom vietnamesischen Territorium zugesagt. Damit war klar, dass die Kolonialtruppen, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zuerst mit französischen Einheiten, später mit den USA-Truppen und einigen weiteren Verbündeten auf der Seite Südvietnams versucht hatten, die kolonialen Verhältnisse gegen alle antikolonialen und sozialistischen Bestrebungen in Südostasien aufrecht zu erhalten, dem Volkswiderstand nicht gewachsen waren.

Dieser Sieg war errungen worden in erster Linie  durch den unbeugsamen Willen und die Leidensfähigkeit der Menschen in Vietnam, aber auch durch die materielle Unterstützung des sozialistischen Lagers, insbesondere der Sowjetunion. Die weltweite Solidarität der  Friedenskräfte hatte ebenfalls ihren Anteil an diesem Sieg. Die FIR und ihre Mitgliedsverbände hatten in den 1960er und Anfang der 1970er Jahre mit vielfältigen öffentlichen Aktionen gegen die Flächenbombardements der US-Luftwaffen gegen Nordvietnam und die umkämpften Kriegsregionen in Südvietnam protestiert. Im „Widerstandskämpfer“, die Monatszeitschrift der FIR, und den Publikationen der Mitgliedsverbände findet man Berichte über amerikanische Kriegsverbrechen, wie z.B. in My Lai im März 1968 oder den Chemiewaffeneinsatz (Agent Orange). In den USA, wo viele afro-amerikanische Männer zum Kriegsdienst eingezogen  wurden, verband sich der Protest gegen den Vietnamkrieg mit dem Kampf der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. An einer ihrer Manifestationen prägte der Boxer Muhammad Ali den berühmt gewordenen Satz „No Vietnamese ever called me Nigger“.

Überall auf der Welt, wo die  Solidaritätsbewegung den Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die amerikanischen Aggressoren unterstützt hatte, wurde 1975 ein besonderer 1. Mai gefeiert. Man feierte das Ende des portugiesischen Salazar-Regimes und die Befreiung Saigons. Nie waren auf Kundgebungen der Gewerkschaften in Ost und West so viele Fahnen der Befreiungsfront FNL (Front National de Liberation) zu sehen.

Doch die Freude über den Sieg kann nicht den Schmerz über die grausame Bilanz dieses Krieges überwinden. In den USA kennt man die Namen aller 58.000 in Vietnam getöteten Soldaten. Für sie gibt es in Washington DC eine Gedenkstätte. In Vietnam ist bis heute nicht klar, wie viele Menschen, Soldaten der Befreiungsarmeen und Zivilisten, diesem verbrecherischen Krieg zum Opfer gefallen sind. Man geht von bis zu drei Millionen Toten aus. Dazu gehören auch diejenigen, die auf der Gefangeneninsel Con Dao, bekannt durch die berüchtigten „Tigerkäfige“, ermordet wurden.

Und als sei das Leiden der Vietnamesen nicht genug gewesen, verkündeten die USA unmittelbar nach dem Ende des Krieges ein umfassendes Embargo, ähnlich wie gegen Kuba heute, dem sich alle westlichen Staaten anschlossen, was dazu führte, dass das nunmehr freie Vietnam große Probleme hatte, die Zerstörungen und Kriegsfolgen zu überwinden. Umso beeindruckender ist es, wie es der sozialistischen Republik Vietnam bis heute gelang, eines der wichtigsten und wirtschaftlich stabilsten Länder in Südostasien zu werden.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände gedenken daher 50 Jahre nach dem Sieg der Volksbefreiungskräfte in Vietnam der Opfer, erinnern aber vor allem an diese großartige Leistung des vietnamesischen Volkes und aller Kräfte, die dazu beigetragen haben.

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Quelle: FIR Newsletter 2025-18 dt.