Die wohl letzten jemenitischen Einwanderer nach Israel

 

Susanne Sonntag

 

Tel Aviv (Weltexpresso) – Vom „«Ende einer historischen Mission» spricht Natan Sharansky, der die Heimholaktion der letzten 19 jüdischen Jemeniten nach Israel im Rahmen seiner Funktion als Leiter der Jewish Agency (JA) durchführte. Wer weiß, wie bunt, wie tief im Jemen verwurzelt einst die jüdische Diaspora am Südzipfel Arabiens war, der weiß, was kulturell allen verlorenging: den jüdischen Jemeniten und denen, die sich heute als Landesherrn fühlen – und deshalb gegeneinander kämpfen.

 

Im Zuge einer komplexen Geheimaktion landete anfangs der Woche die letzte Gruppe von 19 jüdischen Immigranten aus dem Jemen in Israel. Mit diesem von der Jewish Agency (JA) koordinierten Unternehmen gelangt die Alija – so bezeichnet der hebräische Begriff , wörtlich AUFSTIEG, schon in der Bibel die Rückkehr von einzelnen Juden oder ganzen Gruppen ins Gelobte Land, Ausgangspunkt war das babylonische Exil 586-539 v. Chr. - aus diesem heute von internen Konflikten mit iranischer beziehungsweise saudi-arabischer Einmischung zerrissenen Land an ihr «historisches Ende», wie JA-Chef Natan Sharansky bei der Begrüßung der Einwanderergruppe sagte.

 

In den letzten Jahren konnten ohne weitere Öffentlichkeit einige hundert Juden aus diesem Land an der Südspitze der südarabischen Halbinsel nach Israel gebracht werden. Ungeachtet des Endes dieses Kapitels in der Geschichte einer der ältesten jüdischen Gemeinde der Welt, werde, wie Sharansky betonte, deren «einzigartiger, 2000 Jahre alte Beitrag an das jüdische Volk im Staate Israel fortfahren».

 

Vier der Neueinwanderer stammen aus Raydah, eine gute Stunde Autofahrt nördlich der Hauptstadt Sanaa, während fünf aus Sanna, einer islamistischen Hochburg, selber kamen. Die Gruppe aus Raydah brachte eine Thorarolle mit sich, deren Alter auf 500-600 Jahre geschätzt wird.

 

Seit der Gründung des Staates Israel 1948 sind über 51 000 jemenitische Juden nach Israel eingewandert. Das war die Aktion „Fliegender Teppich“. In den letzten Jahren haben die antisemitisch motivierten Attacken gegen die Juden des Jemens zugenommen, und mindestens zwei Männer wurden ermordet, während jüdische Frauen gezwungen wurden, zum Islam zu konvertieren.

 

Nach Mitteilung des Sprechers der JA, Avi Mayer, verbleiben im Jemen noch rund 50 Juden, die aus freiem Willen auf die Auswanderung verzichteten. 40 von ihnen wohnen unter dem Schutz der dortigen Regierung in einem Gebäudekomplex in der Hauptstadt Sanaa unweit der amerikanischen Botschaft.

 

In Israel hat der Exodus von jüdischen Minderheiten aus arabischen Staaten nach Israel die Zusammensetzung der Bevölkerung entscheidend verändert. Die orientalischen, sephardischen Juden sind zunehmend diejenigen geworden, die in der Politik, auch der Religion den Ton angeben, während die Staatsgründung und der Aufbau eines zionistischen Israels durch aschkenasische Juden aus Nord-, Ost- und Mitteleuropa, im Kern die Ostjuden, deren Sprache Jiddisch war und ist.

 

Völlig ungeklärt ist derzeit auch die Situation der in einem Lager gesammelten Falasch Mura. Das sind Nachfahren von äthiopischen Juden, die meist mit Zwang zum Christentum konvertiert sind, aber aus 'humanitären Gründen zum Zwecke der Familienzusammenführung“ nach Israel einreisen sollten, wofür jetzt aber die staatlichen Gelder fehlen. Familienangehörige rufen zu Protestaktionen auf und werfen der Regierung vor, es seien 'rassistische Gründe“, warum nun Geld fehle. Denn auch ansonsten fühlen sich Juden aus Äthiopien in Israel benachteiligt. Es sind etwa 135 000 Israelis äthiopischer Abstammung, die in den 80er Jahren nach Israel kamen und sich infolge ihrer Hautfarbe diskriminiert fühlen.

 

Foto: Ministerpräsident Netanjahu mit der 800 Jahre alten Thorarolle © Israel heute