Feature „Kirche und Politik“, Teil 1/8

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Kirche gegen AfD“. Unter diesem Titel verfasste Antje Schrupp in der April-Nummer der Zeitschrift „Evangelisches Frankfurt“, die vom Evangelischen Regionalverband Frankfurt herausgegeben wird, eine eindeutige Position zum Programm der AfD: „Die evangelische Kirche sowohl in Frankfurt als auch in Hessen und Nassau hatte von Anfang an deutlich gemacht, dass die politische Stoßrichtung der AfD mit christlichen Prinzipien nicht vereinbar ist, speziell nicht mit dem Gebot der Nächstenliebe und der biblisch klar vorgegebenen großherzigen Einstellung zu Fremden und Bedürftigen."

 

Sie fährt fort: "Einige Kirchenvertreter, darunter der Berliner Bischof Markus Dröge, haben sogar angeregt, die AfD als menschenfeindliche Organisation einzustufen und entsprechend eine Mitgliedschaft dort für unvereinbar mit der Mitarbeit in Gremien der evangelischen Kirche zu erklären. So weit will der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung zwar nicht gehen. Doch auch er sieht im Ergebnis der Kommunalwahlen einen ›Weckruf an alle, die eine menschliche und menschenwürdige Politik wollen, sich radikalen Tendenzen entgegenzustellen‹.“


Antje Schrupps Redaktionskollege Wilfried Steller tat es ihr in seinem Kommentar gleich: „Die AfD bezieht ihre Energie aus einem Angst- und Bedrohungsszenario und reagiert darauf mit Rückbesinnung auf eine völkischtraditionalistische Identität. Diese Politik der verschlossenen Türen macht sie aus christlicher Perspektive inakzeptabel.“

Diese Haltung der sich ihrer theologisch-ethischen und gesellschaftlichen Verantwortung Bewussten der Redaktion fand jedoch keine ungeteilte Zustimmung, wie in der aktuellen Mai-Nummer der Zeitschrift nachzulesen ist. „Wieso diese Hetze von Seiten der Kirche auf eine demokratisch legitime Partei, die nichts anderes tut, als die Angst der Bevölkerung wahrzunehmen. Etwas, was unsere „etablierten Parteien“ nicht tun“ schrieb ein Leser. Und eine Leserin stellte aus ihrer Sicht klar: „Wer eine ausschließlich an der christlichen Maxime orientierte Politik propagiert und die für einen Staat konstitutiven verfassungsrechtlichen, ökonomischen und soziologischen Kategorien als fremdenfeindlich diffamiert und negiert, sollte der Bevölkerung klar sagen, dass dadurch nicht nur das Risiko von Terroranschlägen steigt, sondern auch eine Destabilisierung und letztlich das Kollabieren des Staates die Folge sein wird.“


Und eine Lehrerin merkte an: „Ich empfinde es als Bevormundung, wenn Kirche mir sagt, was ich wählen oder nicht wählen soll. Man kann das Parteiprogramm der AfD nicht mögen, aber zunächst einmal ist das eine demokratische Partei und man muss sich mit ihren Positionen auseinandersetzen.“ Mir tun die armen Schüler leid, denen durch solche Pädagogen die Verwechslung der logischen Ebenen und die Relativierung der politischen Moral beigebracht werden.
Solche Vorgänge um die politische Position der Kirche erinnern mich an ähnliche, mit denen ich Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre im Ruhrgebiet konfrontiert war. Fortsetzung folgt

Info:
Die Zeitschrift „Evangelisches Frankfurt“ kann im Internet gelesen und dort auch heruntergeladen werden: http://www.evangelischesfrankfurt.de

 

Foto: © Evangelische Landeskirche Hannover