Der Grüne Van der Bellen gewinnt Präsidentenwahl in Österreich gegen FPÖ-Kandidaten Hofer

Anna von Stillmark

Wien (Weltexpresso) - Das Aufatmen an so vielen Orten und Stätten in Österreich, das hätte man noch am Nordpol hören müssen. Am Nachmittag wurde in Wien nach der Auszählung der Briefwahlstimmen bekanntgegeben, daß Alexander Van der Bellen von den Grünen zum neuen Bundespräsidenten gewählt wurde.


Das kommt deshalb erstmal überraschend, weil nach langem Kopf- an Kopfrennen in der Nacht dann auf einmal Norbert Hofer mit 51,9 Prozent vorne lag. Wir geben zu, wir alle hatten da schon an dessen Sieg - und unsere Niederlage - geglaubt. Der Sieg Van der Bellens ist aber kein Gerücht, sondern die Wahrheit, weil sein unterlegener Kandidat inzwischen seine Niederlage eingeräumt hat. Das Wahlergebnis hat auch Innenminister Sobotka bestätigt und die Zahl 50, 3 Prozent genannt. Das sieht nur FPÖ-Parteichef HC Stracke anders. Er sprach davon, Hofer sei "ex aequo Sieger mit rund 50% der Stimmen." Er sei nämlich "in einem Fotofinish um Millimeter gerade noch nicht zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt" worden. So dessen Eintrag auf Facebook.

Er spricht auch vom "verkrusteten Polit-System", daß sich gegen Hofer international aufgestellt habe, darunter übrigens der deutsche Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, von Strache als EU-Schulz bezeichnet, wie er auch den Präsidenten der Europäischen Kommissions als EU-Juncker wohl negativ kennzeichnen will. Aber das wissen wir eigentlich alle, wie die FPÖ gestrickt ist. Sie ist auch nicht einmal das Problem. Sondern daß ihr die Hälfte der österreichischen Bevölkerung folgt.

Während der Niederschrift werden nun auch die Gesamtstimmen bekanntgegeben: Danach hat Hofert 2 203.957 Stimmen erhalten und knapp 3 000 mehr Sieger Van der Bellen: 2 206.845. Ausgezählt sind das wirklich nur 2 888 Stimmen.

Eine ausführliche Wahlanalyse wird folgen. Erst einmal weiß man, daß Hofer vor allem in den ländlichen Gebieten und auch den vorstädtischen Bereichen die Stimmen sowie den östlichen Landesteilen einfing. Dagegen hat Van der Bellen in den großen Städten und im Westen des Landes mehr Stimmen erhalten. Überträgt man die Ergebnisse in eine Landkarte, so glaubt man einen überwältigenden FPÖ-Sieg. Denn deren Farbe Blau durchzieht das ganze Land, während die grünen Flecken auf deren Gegner geht. Schließlich ist das wirklich eine Richtungswahl und auf der einen Seite steht eine Partei, die nun knapp verloren hat, auf der anderen Seite mehrere Parteien, die dem Grünen-Kandidaten zum Sieg verholfen haben, selbst aber nicht gewonnen haben.

Zurück zu den grünen Flecken, am grünsten in der Landeshauptstadt Wien, die im übrigen ein Fünftel der Gesamtbevölkerung Österreichs in ihren Mauern hat. Es ist so wichtig, daraufhinzuweisen, daß diese Wahl keine Wahl für Van der Bellen war, sondern mindestens zur Hälfte einen Protestwahl gegen den Kandidaten Hofer, den diese Wähler nicht ohne Gründe als Rechtsradikalen sehen. Nach seinen Worten ist er auch einer. Er ist jetzt gehindert, die Worte in Taten umzusetzen. Darum kann man den Stein, der von den Seelen so vieler gerollt ist, sicher auch weithin hören.

Daß noch nichts gewonnen, sondern nur das Schlimmste erst einmal verhindert ist, ist allen bewußt. Die Hälfte Österreichs folgt einem Hofer! Einem Mann, der klipp und klar gesagt hat, wie antidemokratisch er vorgehen will. Aber man muß auch deshalb auf tiefere Wahlanaylsen hoffen, weil gerade junge Wähler massiv Hofer gewählt haben und zwar aufgrund seines - im Vergleich zu Van der Bellen - jungen Alters und seines für diese Wählergruppen 'sympathischen' Auftretens. Denn gerade junge Wähler zeigten sich empört, mit ihrer Stimme für Hofer als Flüchtlingsgegner abgestempelt zu werden. Sie wollen einen neuen Stil in der Politik und nicht mehr die alten Männer überall sitzen haben.

Das alles muß wirklich untersucht werden, denn es wäre fatal die jungen Wähler zu verprellen, die vielleicht gar keine rechtsradikale Gesinnung haben, sondern nur den Politikstil Österreichs nicht mehr ertragen, was viele verstehen.

Inzwischen weiß man auch, daß von den letztmaligen SPÖ-Wählern (Rudolf Hundstorfer) 85 Prozent den Grünen gewählt haben, die mit den drittmeisten Stimmen, die unabhängige Irmgard Gries, die ja immerhin auf 20 Prozent gekommen war, aus deren Wählerreservoir haben 77 Prozent für Van der Bellen gestimmt und auch bei den ÖVP-Anhängern, die also Andreas Khol gewählt hatten, haben 60 Prozent diesmal den Grünen gewählt. Aber auch das muß man noch einmal genauer anschauen, denn von den ÖVP-Wählern hätte 40 Prozent sich bei der Stichwahl überhaupt nicht beteiligt. Demnächst also mehr. Aber soweit die Meldung des Tages.