Martin Schulz in den Tagesthemen: Erdogan will "Macht monopolisieren"
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wir haben noch nie ein Interview aus dem Fernsehen wiedergegeben, bzw. das, was darüber veröffentlicht wurde. Aber die deutlichen Worte, die EU-Parlamentspräsident Klaus Schulz gestern Abend in der ARD von sich gab, müssen weiterwirken.
Resümee
Der Ton zwischen der EU und der Türkei wird bitter. In den tagesthemen warf EU-Parlamentspräsident Schulz dem türkischen Staatschef Erdogan vor, einen "Ein-Mann-Staat" zu errichten. Jeder Kritiker des Präsidenten werde zu einem Feind des Landes erklärt.
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, hat das türkische Staatsoberhaupt Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert. Die Türkei sei "auf dem Weg, in einen Ein-Mann-Staat verwandelt zu werden, in dem jeder, der Erdogan kritisiert, zu einem Feind der Türkei erklärt wird", sagte der SPD-Politiker in den tagesthemen. Erdogan wolle "die Macht beim Präsidenten monopolisieren".
Die Reaktion der türkischen Regierung auf den gescheiterten Putschversuch vom Wochenende kommentierte Schulz sarkastisch: Man habe den Eindruck, dass der "dilettantisch vorbereitete" Putsch doch "sehr professionell beantwortet wird. In wenigen Stunden 13.000 Leute zu identifizieren, die man dann vom Dienst suspendiert oder verhaftet - das ist schon eine Leistung."
"Die Sprache eines autoritären Herrschers"
Daneben hielt Schulz dem türkischen Präsidenten dessen Rhetorik der vergangenen Tage vor. Wenn Erdogan von "Säuberungen" und "Metastasen ausmerzen" rede, dann sei das "nicht mehr die Sprache der parlamentarischen Demokratie, sondern die Sprache eines autoritären Herrschers".
Wie zuvor Kanzlerin Angela Merkel schloss auch Schulz eine Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen aus, sollte die Türkei die Todesstrafe wiedereinführen. Ankara hätte in diesem Fall keine Beitrittsperspektive mehr, so der EU-Parlamentspräsident.
"Kein Platz in der Europäischen Union"
Erdogan hatte zuvor trotz der Mahnungen aus Europa seine Bereitschaft bekräftigt, die Todesstrafe wieder einzuführen. Voraussetzung sei ein verfassungsändernder Beschluss des Parlamentes, sagte Erdogan in seinem ersten Interview nach dem gescheiterten Militärputsch dem Sender CNN. "Wenn sie bereit sind, das zu diskutieren, dann werde ich als Präsident jede Entscheidung des Parlamentes billigen."
Erdogan hatte bereits am Sonntag angekündigt, mit der Opposition über eine Wiedereinführung der 2004 abgeschafften Todesstrafe beraten zu wollen. Merkel machte daraufhin deutlich, dass bei einer Rückkehr zur Todesstrafe für die Türkei kein Platz in der Europäischen Union wäre.
Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte: "Kein Land kann Mitgliedstaat der EU werden, wenn es die Todesstrafe einführt."
Gülen-Auslieferungsgesuch angekündigt
CNN zufolge erklärte Erdogan zudem, er werde die USA in den kommenden Tagen offiziell um die Auslieferung des türkischen Predigers Fethullah Gülen ersuchen. Gülen lebt in den USA im Exil; er bestreitet Erdogans Vorwürfe, in den Putschversuch verwickelt zu sein.
http://www.tagesschau.de/ausland/schulz-tt-101.html