Zu einem Artikel von Mechthild Küpper in der heutigen FAZ über Sahra Wagenknecht

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, aber manchmal muss es doch sein, denn was zu viel ist, ist zu viel. Das tut man also nicht gerne, am journalistischen Zeug von Kollegen herumzuflicken, vor allem, wenn es eine Kollegin ist.


Aber, was Mechthild Küpper auf Seite 4 der heutigen FAZ unter der Überschrift „Das nationalbolschewistische Kalkül“ als Meldung von sich gibt, geht einfach über das hinaus, was nach guten Pressesitten ein Artikel an Unterstellung, Bösartigkeit, Einseitigkeit oder politischer Vernichtung einer Person vereinen darf, alles Dinge, die an anderer Stelle in einem Kommentar Platz hätten. Uns geht es also nicht darum, daß Frau Küpper ihre Sicht der Dinge und der Person Wagenknecht nicht äußern dürfte, aber bitte in der richtigen Form und nicht als eine Meldung im Teil POLITIK der FAZ.

Das fängt schon in der Unterüberschrift IMMER ÄRGER MIT SAHRA WAGENKNECHT an. Da heißt es: GYSIS NACHFOLGERIN ZÜNDELT GERN UND OFT, wogegen ihre Partei nun protestiere. Wir kommentieren nicht den Beitrag von Mechthild Küpper, sondern beschränken uns auf die Passagen, wo es um Aussagen zu Sahra Wagenknecht geht, zu der wir selbst ein ausgeglichenes Verhältnis haben. Erstens freut uns, daß selbst schöne Frauen heute politisch ernst genommen werden und zweitens finden wir, daß Frauen in der Politik zu oft Jasagerinnen sind, so daß wir gerade bei den Frauen, deren Aussagen zu Protesten führen, genau hinhören.

Der Star der  Partei, Sahra Wagenknecht, schert sich weder um Parteibeschlüsse noch um das Programm...“ Es folgen die Worte, die sie nach dem Anschlag in Ansbach zur Flüchtlingspolitik geäußert hatte, deren publizistischer Wellenschlag in Weltexpresso am 27. Juli direkt kommentiert wurde http://weltexpresso.wurzelknoten.de/index.php/zeitgesehen/7653-sahra-wagenknecht-und-die-fluechtlingsfrage


Es heißt weiter: „Zu den Galionsfiguren der Linken in der Linkspartei gehören Wagenknecht und Oskar Lafontaine, ihr gegenwärtiger Ehemann...“ Wie? Richtig gelesen in einem politischen Artikel? Doch, genauso so steht es da. Man stelle sich einmal vor, die Autorin hätte sich über den gegenwärtigen Ehemann von Angela Merkel ausgelassen. Ein Sturm der Entrüstung wäre die Folge. Aber es ist schlimmer, denn die Autorin hätte das im vorauseilenden Gehorsam überhaupt nicht gewagt, eine solche Formulierung im Zusammenhang mit der Politik der Kanzlerin zu verwenden. Aber bei Sahra Wagenknecht kann sie sich austoben?

Aus welchem Motiv heraus wird so eine Vokabel benutzt? Soll es bedeuten, morgen hat sie einen anderen, sie ist in ihrer Männerwahl so wechselnd wie in der Politik. Dort allerdings, das ist ja ein Hauptvorwurf im Artikel, wechselt sie eben zu wenig und bleibt bei ihren Grundsätzen. Sehr peinlich, Frau Küpper. In Großbritannien hat es übrigens einer Premierministerkandidatin den Kopf gekostet, als sie sich ihre Konkurrentin gegenüber, diese habe im Gegensatz zu ihr keine Kinder, überlegen fühlte...Solche Dinge haben in der Politik und in der Berichterstattung über Politik nichts zu suchen. Wie gesagt, in einem Kommentar dürfte sie sich austoben.

Es geht weiter: „Der Parteivorsitzende Lothar Bisky und der langjährige Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi weigerten sich, so lange es irgend ging, dem unbändigen Ehrgeiz Wagenknechts nachzugeben, ohne jedoch jemals offen Kritik an ihr zu üben.“ Aha, Ehrgeiz bei Frauen wird unbändig, während er bei Männern zum täglichen Geschäft gehört. Erneut, sehr sehr peinlich, Frau Küpper. Und dann wird gleich noch eins draufgesetzt. Die Vorsitzenden weigerten sich, diesem Ehrgeiz nachzugeben, aber übten niemals offen Kritik? Ja, wie? Woher weiß die Autorin es dann, wenn niemals offen Kritik geübt wurde? Das sind doch keine Argumente, sondern hier beißen sich Behauptungen in den eigenen Schwanz. Im übrigen gibt es wohl wenige Politikerinnen, die so offen und lautstark kritisiert werden wie Sahra Wagenknecht, gerade auch aus ihrer eigenen Partei. Das ist auch in Ordnung, wenn es in sachlicher Form geschieht.

Es schließt an: „Wagenknecht trat von Jugend an so auf, als seien ihr nur Spitzenämter zuzumuten, doch in der ostdeutschen PDS war sie nie mehrheitsfähig.“ Das ist doch keine Aussage, die in einem aufklärenden Artikel etwas zu suchen hätte, sondern die Interpretation der Autorin Küpper, die hier absolut nichts zu suchen hat. Daß man beim Weiterlesen dann doch lächeln muß, hat damit zu tun, daß ja sonst der Vorwurf an die heutigen LINKEN der ist, sie hätten zu viel PDS-Vergangenheit. Also müßte es doch im Umkehrschluß geradezu eine Auszeichnung sein, daß Sahra Wagenknecht keine Mehrheit bei der damaligen PDS fand!!! Aua.

Es geht weiter mit 'verbalradikalem Auftreten' und: „Nachfolgerin von Gysi ist sie seit Herbst 2015, nicht nur als Ko-Vorsitzende der Fraktion, sondern auch als Medienstar. Sie ist berühmt dafür, berühmt zu sein.“ Dieser völlig wirre Satz entschlüsselt sich beim Weiterlesen: „Seit sie am Ziel ist, braucht sie das linksradikale Milieu ihrer Partei nicht mehr...“Ach so, schließt nun der Leser, Sahra Wagenknecht ging in die Politik, um berühmt zu werden?

Doch das kann es auch nicht ganz gewesen sein, denn dann wird vom „Ehepaar aus dem Saarland“ gesprochen, was aber die Autorin nicht auf ihre Kappe nehmen will, sondern als Zitat des stellvertretenden Parteivorsitzenden wiedergibt, wie dieser „während der Euro-Krise die beiden entnervt titulierte“...Ach, auch hier weiß Frau Küpper, daß dies 'entnervt' formuliert wurde. Sie war dabei. Der ganze Artikel strotzt von so kleinen hingeworfenen verbalen Happen, die alle in die Abteilung Stimmungsmache gehören, nicht aber in einen ernst zu meinenden, mit einem Wort: seriösen Artikel in der FAZ.

Frau Kollegin Küpper, fragt man sich, was hat Ihnen Frau Wagenknecht nur angetan?
Im Übrigen ist inständig zu hoffen, daß das nicht der neue Stil der politischen Berichterstattung der FAZ wird, was die Frage aufwirft: Wo bleibt hier eigentlich der zuständige Chefredakteur?


P.S. :

Im Ernst. Was oben so behauptet wurde, daß selbst schöne Frauen heute Politik machen dürfen, stimmt eben nicht ganz. Diese merkwürdige, so persönlich gemünzte Kritik wie in diesem Artikel der Kollegin Küpper strömt einen tiefen Neid auf eine attraktive Frau aus. Deshalb behaupten wir unumwunden, daß diese FAZ-Autorin ein Beispiel ist für die zweite Sorte von Frauen, die Milan Kundera in ABSCHIEDSWALZER so treffend differenziert , ja charakterisiert: "Zwischen einer Frau, die an ihre Nichtaustauschbarkeit glaubt, und jenen Frauen, die sich dem allgemeinen weiblichen Geschick ausgeliefert sehen, gibt es keine Aussöhnung."
Im Umkehrschluß heißt das, daß Sahra Wagenknecht in die erste Kategorie gehört. Gut so.
Das Ganze ist ein Fall für EMMA.