Flucht des Anis Amri über Frankreich nach Italien
Hans Weißhaar
Berlin (Weltexpresso) – Wir haben das alles nur aus zweiter, aber auch dritter und vierter Hand: Um 11.07 Uhr hat der italienische Innenminister Marco Minniti bestätigt, daß der sich auf der Flucht befindliche mutmaßliche Attentäter von Berlin im Norden Mailands bei einer Polizeikontrolle um drei Uhr dreißig nachts erschossen wurde.
Nach den Erkenntnissen der Mailänderpolizei sei er mit dem Zug um 1 Uhr am Hauptbahnhof angekommen und habe sich dann in das Vierte Sesto San Giovanni begeben. Er hatte eine Fahrkarte bei sich, dernach er aus Frankreich – Chambéry in Savoien kommend über Turin in die norditalienische Kapitale fuhr.
Er habe bei einer Routinekontrolle von Streifenpolizisten auf diese das Feuer aus einer 22-Kaliber-Pistole eröffnet, als er nach seinen Papieren gefragt worden sei. Dabei hat er einen Polizisten verletzt, worauf sofort auch die Polizisten die Waffen gezogen und geschossen hätten. Amri habe laut gerufen: „ Allahu Akbar“. Papiere hatte er keine dabei. Der Tote wurde dann anhand seiner Fingerabdrücke eindeutig identifiziert - „There is absolutely no doubt that the person who was killed is Anis Amri“, sagte der Innenminister Italiens Marco Minniti.
Die Bundesanwaltschaft hatte nach der gründlichen Untersuchung des LKW davon gesprochen, daß nach den Spuren von Amri zweifelsfrei sei, daß dieser den Laster gesteuert habe. Aber die Untersuchungen gehen auch nach dem Tod von Amri weiter, da laut SPD Innensenator Andreas Geisel geprüft werden müsse, ob der Attentäter Komplizen hatte.
Daß der Verbrecher, der doch schon in Italien vier Jahre im Gefängnis saß und also bekannt ist, dorthin zurückkehrte, kann einen wundern, aber gleichzeitig kann es auch dort für ihn ein Netzwerk gegeben haben, wo er sich sicherer fühlte als anderswo. Andererseits war ja auffällig, daß Amri anders als in anderen Fällen von Selbstmordattentätern nicht zusammen mit seinen Opfern in den Tod ging. Das war auch in Paris schon so gewesen, entspricht aber nicht der eigentlichen islamistischen Theorie, durch seine Tat als Heroe ins Paradies zu gelangen.
In Berlin gehen unterdessen die polizeilichen Ermittlungen im dortigen Moscheeverein „Fussilet 33“ in Moabit weiter. Es war heute Morgen zu dem Einsatz gekommen, weil der tatverdächtige Tunesier mehrfach auf Bildern einer Überwachungskamera aufgetaucht war. Einmal Bilder, die vor einigen Tagen aufgenommen wurden, dann aber auch Aufnahmen von Amri wenige Stunden nach der Tat am Montagabend. Der Verein selbst war schon am Donnerstag von der Polizei durchsucht worden. Er ist berüchtigt, weil der Dortmunder Salafistenprediger Boban S. Seit November in Haft sitzt, ihn Amri in Berlin bis zum Februar mehrfach besucht habe, ja sogar bei ihm gewohnt habe.
Was in diesem Zusammenhang auch aufgeklärt werden muß, ist, weshalb Tunesien im Falle Amri gleich zweimal die für eine Abschiebung notwendigen Papiere nicht geliefert habe. Das sei auch in anderen Fällen so, daß Ursprungsländer verhindern wollten, daß Straftäter zurück in ihr Vaterland gelangten. In diesem Fall ist es besonders makaber, weil am Mittwoch, also zwei Tage nach dem Anschlag, die für die Abschiebung nötigen Papiere in Deutschland eingetroffen seien. Den Status der Duldung, solange nicht abgeschoben werden könne, hätten derzeit rund 200 000 Personen. Ein unhaltbarer Zustand. .
Die Familie des mutmaßlichen Attentäters in Tunesien hatte Amri aufgefordert, sich der Polizei zu stellen und davon gesprochen, daß er niemals religiös gewesen sei, Alkohol getrunken habe etc. Dies ist kein Einzelfall, wo Kriminelle über die Schiene Religion beides miteinander verbinden wollen: kriminelle Handlungen, die die Weihe des Paradieses erhalten.
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