Die Aktionskonferenz 2017: ‚Stoppt den Waffenhandel‘ („Aktion Aufschrei“), Teil 2/2
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Nach dem Artikel 26, Absatz 2 des Grundgesetzes untersteht die Entscheidung über Rüstungsexporte letztlich allein der Genehmigung durch die Bunderegierung. Sie braucht sich auf keine sonstigen Regelungen, Zusätze oder institutionelle Instanzen herauszureden.
Wenn sie das tut, ist dies allein dem wirtschaftlichen Kalkül geschuldet und dem Einknicken vor Lobbyisten. Doch wir leisten uns als Land gesicherter Menschenrechte einen seltsamen Bundessicherheitsrat, der sich nicht vor die Opfer von Krieg und Grausamkeit stellt, sondern der wirtschaftlichen Opportunität Tribut zollt und sich der Aufsicht durch das gewählte Parlament entzieht.
Das Rüstungsgeschäft hat ein verheerendes Eigenleben angenommen und das obwohl 83 Prozent der Menschen im Land sich gegen Rüstungsexport aussprechen, besonders nach Saudi-Arabien, das Menschenrechte mit Füßen tritt (es hat kürzlich in Sachen bestellter 62 Leopard-2-Kampfpanzer angedeutet, nicht mehr interessiert zu sein aufgrund hitziger innenpolitischer Debatten in Deutschland). Saudi-Arabien ist der Staat, der in diesen Tagen den Jemen in Schutt und Asche legt, ein Land, das seine Bewohner einem brutalen Regime von Vorschriften und Verboten blasphemisch-religiöser Dogmen unterwirft, dieser Staat ist eine Schande für die Menschheit. Menschen, die zu einem anderen Glauben übertreten, werden exekutiert, Christen gnadenlos verfolgt. Aber nach Saudi-Arabien werden nicht nur Panzer geliefert. Wir sind auch mit Saudi-Arabien verbündet.
Saudi-Arabien beliefert über Prinzlinge und Mittelsmänner Al-Kaida, den IS und die Taliban. G36-Sturmgewehre werden in Kisten geworfen und über Al-Kaida-Gebieten abgeworfen. So landen deutsche Waffen in Krisengebieten.
Der Fall Heckler & Koch
Die Bundesregierung kündigt im Bericht zwar an, den Endverbleib stärker zu kontrollieren. Aber das bleiben Worte. Tatsächlich scheinen sich genügend Rechtfertigungen zu finden für den Export großer Rüstungsgüter an Unrechtssysteme und für die kalkulierte Weitergabe des G36-Gewehrs von Heckler & Koch über Drittstaaten an Drogenmafia, Terrormilizen und Kindersoldaten. „Man schießt deutsch“, schrieb ‚Die Zeit‘. Auch gibt es Exporte in geeignete Binnenräume, aus denen dann nach jeweiligem Recht freizügig exportiert wird. Ein heißes Eisen sind auch Nachbauten in Lizenz nach gelieferten Plänen. Wichtig für die Kontrollen sind Kriterien wie nachvollziehbare Registereintragungen, Lagersicherheit und Stichproben.
Nicht zu vergessen: der Export von Munition, die auf Schwarzmärkten landet; denn nicht wenige der Söldner und Milizen sind unterbezahlt, bekommen zeitweilig keinen Lohn, verkaufen dann Waffen und Munition unter der Hand. Bei den Kleinwaffen - den in Summe todbringendsten Waffen - gab es von 2015 auf 2016 eine Steigerung um 47 Prozent.
Ein großes Problem ist, dass die Justiz gegen die illegale Exportpraxis keine Anklagen erhebt - der Rechtsstaat funktioniert überwiegend nicht. Wegen illegaler Mexiko-Deals werden 6 Leute von Heckler & Koch im Sommer vor Gericht stehen. Beim Landgericht Stuttgart funktioniert der Rechtssaat also doch. Das größte Problem bleiben Exporte in ‚Drittländer‘ (die nicht der NATO und der EU assoziiert sind). Über diese, dem großen Ausfallstor für illegalen Waffenexport, gehen 54 Prozent aller Ausfuhren von Rüstungsgütern.
„Kleinwaffen“ stellen das größte Sicherheitsproblem für die Welt dar. Auf diesem Sektor findet der permanente Rechtsbruch statt. Seitens der fleißigen Gegner des Waffenexports sind 9 Strafanzeigen gegen Verantwortliche anhängig, Gegenanzeigen gegen Kritiker keine. Als am fragwürdigsten anzusehen sind die geschmeidigen Handlanger und Lobbyisten der Rüstungsindustrie in Parteien, Ämtern und Ministerien. Doch beträgt der Anteil des Rüstungsexports nicht mal 1 % Prozent des Bruttosozialprodukts, aber die Folgen sind ungeheuerlich.
Foto: Pax Christi (c) Annette Rausch
Info:
„Tödliche Exporte“, wie das G36 nach Mexiko kam:
http://www.swr.de/toedliche-exporte/-/id=15873068/t0kkoa/index.html
Aktionskonferenz 2017:
http://www.aufschrei-waffenhandel.de/fileadmin/dokumente/termine_aktionen/Kampagnentreffen/Aktionskongress_Web.pdf
Grundgesetz Artikel 26,2:
http://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html