Zur Absage des geplanten Auftritts der AfD-Vorsitzenden in Frankfurt am Main, Teil 1/2


Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Natürlich kann Frauke Petry auch in Frankfurt sprechen, auch öffentlich sprechen, ob in geschlossenen Räumen oder im Freien. Nämlich dann, wenn ihre Partei AfD  sie eingeladen hat und Mietverträge oder das Plazet für die öffentliche Versammlung vorliegen.


Das mal denen ins Stammbuch geschrieben, die sich jetzt ereifern und vom mangelnden Demokratieverständnis in Frankfurt sprechen, was zuvörderst OB  Peter Feldmann unterstellt wird. Denn kaum war die Einladung an Frauke Petry bekannt, gab es in dieser Stadt einen Sturm der Entrüstung, übrigens über Parteigrenzen hinweg. Sich lautstark öffentlich zu entrüsten, ist in einer Demokratie genauso erlaubt, wie der Auftritt einer Parteivorsitzenden. Der Skandal – und es ist hierzulande ein echter Skandal – ist doch ein ganz anderer: daß der Wirtschaftsclub Rhein-Main die Vorsitzende dieser Partei eingeladen hatte, will sagen, deren Präsident Thomas Kretschmann, ohne sich im eigenen Verein über die Akzeptanz der Einladung Gedanken zu machen.

Denn er hat seinen Verein vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Porzellan war also schon zerschlagen, ehe der Tisch gedeckt wurde. Tatsächlich geht es bei den Abenden des Wirtschaftsclubs auch immer um Essen und Trinken nebst der Einübung der Debattenkultur  durch vorgetragene Ideen und Meinungen  – zwischen Vorspeise und Hauptspeise.


Wer ist dieser Wirtschaftsclub?

Der Wirtschaftsclub Rhein-Main e.V. wurde am 1.4.1950 von jungen Unternehmern und Führungskräften der Wirtschaft im I.G.- Farben- Haus in Frankfurt am Main gegründet.“ heißt es auf deren Webseite. Dort liest man auch, wer den Vorsitzenden im Vorstand begleitet. „Neben ihm im Vorstand sind David Knower (COO Cerberus, Vizepräsident), Dr. Mark C. Hilgard (Partner, Mayer Brown Rechtsanwälte, Vizepräsident), Prof. Dr. Christian Zielke (TH Mittelhessen), Jens Spudy (Spudy Invest, Schatzmeister), Hanna Kleber (KPRN networks), Lothar Pohl (Palast Promotion, Vizepräsident) und das langjährige Vorstandsmitglied Frau Hilke Vogler (Vizepräsidentin) sowie auf Lebenszeit der heutige Ehrenpräsident des Clubs Dr. Ernst Gloede.“ Keine sonderlich bekannte Namen. Bekannt sind aber die eingeladenen Redner, die man ebenfalls auf der Webseite findet und die, wenn man sie überblickt, CDU-und FDPlastig wirken. 


Zur umstrittenen und nun abgesagten Veranstaltung "Deutschland im Wahljahr - Realität der demokratischen Debatte", hatte  Club-Präsident Thomas Kremer kurzfristig für den 23. März in die Villa Bonn – ein edles Haus in der Siesmayerstraße am Palmengarten - eingeladen.


Erste vereinsinterne Rücktritte

Als erstes traten gleich zwei Beiratsmitglieder zurück, der dem Vorstand zur Seite steht: Stefan Söhngen, Vorsitzender der Montagsgesellschaft, die selbst öffentliche Runden zu tagesaktuellen Themen bringt, sagte: "Ich schätze die Arbeit unseres Präsidenten sehr. Aber das ist ein absolutes No-Go. Frau Petry hat den Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grund- und Werteordnung mehr als einmal bewusst verlassen."

Das ist noch eine harmlose Einschätzung der AfD-Vorsitzenden, für die ein anderes gewesenes Beiratsmitlied deutlichere Wort fand: "Faschisten darf man kein Forum bieten". Das ist Dorian Hartmuth. Von ihm erhielt unter anderem auch Hessens Ex-Justizminister Jörg Uwe Hahn als Beiratsvorsitzender und Befürworter des Petry-Auftritts eine Brand-Mail. Hahn und Hartmuth sind FDP-Parteikollegen. Er schreibt von: "tiefer Enttäuschung" darüber, dass die AfD-Politikerin willkommen sei - trotzt der rechten Positionen, die sie habe. Und er zieht einen historischen Vergleich: "Dass man den Faschisten, gleich mit welchem Argument, nie ein Forum bieten darf", habe ihm sein Großvater Hans Hartmuth als Mitglied des deutschen Widerstands um Graf von Stauffenberg vermittelt.

Parallelen zum Dritten Reich


Und daß Dorian Hartmutz aus den Worten seines Großvaters gelernt hat, vermittelt er auch, denn er schreibt an den Beiratsvorsitzenden, FDP-Parteikollegen Uwe Hahn, Ex-Wirtschaftsminister, nicht als Privatperson, sondern äußert, daß er als Vorsitzender des FDP-nahen Liberalen Mittelstands Hessen selbst jedenfalls "diesen charakterlichen Lumpen immer sofort die Tür weisen" werde.“ In der Hessenschau des hr wurde er immer deutlicher: Basis für Hitlers Erfolg sei ja auch die Akzeptanz durch die Bosse in Industrie- und Wirtschaft gewesen. "Hier sehe ich Parallelen."
Damit hat Dorian Hartmuth den zentralen Punkt getroffen. In der Stadt, in der sich die IG Farben 1928 ihr Verwaltungsgebäude als Schmuckstück setzten, das  nun die Universität beherbergt, die IG-Farben, die mit den Lieferungen des Zyklon B an die Konzentrationslager an den Vergasungen noch verdienten, in dieser Stadt wird man sofort hellhörig, wenn aus Wirtschaftskreisen eine Akzeptanz einer Partei kommt, deren Vertreter von Schande sprechen, wenn Sie auf das Holocaust Denkmal in Berlin zu sprechen kommen.


Wörtlich hatte Höcke gesagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“ Und daß er mit Schande nicht die Ermordung der KZ-Gefangenen meinte, wie er sich später  herrauszureden versuchte, sondern die Schande in der Tatsache sieht, daß das heutige Deutschland eine Erinnerung an die Opfer des Dritten Reiches hochhält und das mitten in seiner Hauptstadt!  Höcke hatte in der gleichen Rede außerdem die Entnazifizierung nach dem Zweiten Weltkrieg als „Rodung der deutschen Wurzeln“ bezeichnet, wo doch die Nazis durch Judenverfolgung und Mord an ihnen die Wurzeln unserer nationalen Kultur ‚gerodet‘ hatten und man froh ist, um jeden, der sich ins Exil retten konnte. Fortsetzung folgt


Foto: © Wirtschaftsclub Rhein-Main