LinkedinVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 732

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Das Bundesministerium für Gesundheit hat am 28. November 2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der nationalen Suizidprävention (Suizidpräventionsgesetz) in die Verbändebeteiligung gegeben. Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung bereits im Sommer 2023 in einem Entschließungsantrag dazu aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf bis Mitte 2024 vorzulegen. Nun liegt endlich ein erster Referentenentwurf vor, doch die verbleibende Legislatur dauert nicht mehr lange und die Fachwelt ist noch nicht ganz überzeugt von der geplanten Umsetzung - das wurde in der gestrigen Verbändeanhörung des Ministeriums deutlich.


Am 26. Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe für nichtig – mit der Begründung, es sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das in dem Urteil herangezogene Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasse ebenso die private oder geschäftsmäßige Mithilfe Dritter. Gleichwohl stellte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil fest, dass dies keine Verpflichtung zur und keinen Anspruch auf Leistung der Suizidbeihilfe nach sich ziehe. Im Verbund mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat der Paritätische bereits im Jahr 2022 in diesem Kontext auf die Notwendigkeit eines Suizidpräventionsgesetzes hingewiesen und in einem Forderungspapier Anregungen für gesetzliche Reformen ausgearbeitet.

Mit Blick auf die damaligen politischen Debatten und Gesetzgebungsversuche zur Neuregelung des assistierten Suizids hat der Paritätische gemeinsam mit der BAGFW sehr begrüßt, dass neben der Hervorhebung des Selbstbestimmungsrechts über das eigene Leben dabei auch der Suizidprävention ein großer Stellenwert beigemessen wurde. Die fachliche Grundlage des nun vorgelegten Entwurfs bildet die im Mai 2024 veröffentlichte Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung. Die darin formulierten Ziele und Strukturen sollen durch das Gesetz verbindlich umgesetzt und auf Bundesebene verankert werden. Insofern begrüßen wir das Vorhaben des vorliegenden Referentenentwurfs ausdrücklich, die Prävention von Suizidversuchen und Suiziden durch Maßnahmen der Information, Aufklärung, Forschung und Unterstützung stärken und verbessern zu wollen.

Das Ausmaß an Unterstützung, das insbesondere pflegebedürftige und beeinträchtigte Menschen erfahren, muss sie dazu befähigen, ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben nach ihren Vorstellungen führen zu können. Vorurteilsbehaftete Narrative, die das Leben mit einer Beeinträchtigung oder einer psychischen Erkrankung als nicht lebenswert darstellen, tragen maßgeblich zur (negativen) Bewertung der eigenen Lebenssituation bei. Das gilt auch im Falle des Angewiesenseins auf Pflege oder die anderweitige dauerhafte und umfassende Unterstützung durch andere Menschen. Es ist in jedem Fall zu verhindern, dass Menschen in Diskursen über lebenswertes Leben Diskriminierung oder Rechtfertigungsdruck erfahren und Todeswünsche oder Suizidgedanken dadurch befördert werden. Daher sind entsprechende Unterstützungsangebote (Information, Beratung, Begleitung, (Krisen-)Versorgung) sowie Angebote zur Begleitung in der letzten Lebensphase (Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung) weiter auszubauen und flächendeckend anzubieten. Mit dem vorgelegten Referentenentwurf gelingt das bislang nur in Teilen.

Die überparteiliche Zustimmung zum Entschließungsantrag „Suizidprävention stärken“ zeugt von einem breit getragenen politischen Willen und der realen Möglichkeit auf Einigung in der Sache. Gleichzeitig wäre hierfür ein ausgereiftes Vorgehen unter breiter und insbesondere zeitlich angemessener Beteiligung aller maßgeblichen Fachgesellschaften, Netzwerke und Interessenvertretungen wichtig und notwendig gewesen, um gemeinsam ein Gesetz zu entwickeln, das seine postulierten Ziele auch tatsächlich erreichen und die angestrebte Wirkung entfalten kann. Leider fehlen im vorliegenden Entwurf zudem auch verbindliche Regelungen zur Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel insbesondere zur Unterstützung der Länder und Kommunen bei der Suizidprävention.

Ohne diese und die damit verbundenen Anreize bleibt fraglich, wie die im Entwurf postulierten Ziele erreicht werden können. Insofern wären aus unserer Sicht zügige Nachbesserungen notwendig, um die so wichtige Gesetzesinitiative in der kurzen verbleibenden Legislatur noch weiterentwickeln, beraten und verabschieden zu können.

Der Referentenentwurf sowie die vollständige Stellungnahme des Paritätischen sind der Fachinformation als Anlagen beigefügt.

Dokumente zum Download

2024-11-28_RefE_SuizidPrävG_BMG.pdf (581 KB)

2024-12-05_SuizidPrävG_Stellungnahme_Paritätischer_Gesamtverband_final.pdf (195 KB)

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