EVGVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 783


Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Wohnen als ein drängendes Problem adressieren viele Parteien, doch über die Frage, mit welchen Maßnahmen mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen soll, darüber liefern die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien sehr unterschiedliche Antworten. Hier werden die zentralen Vorhaben zum Thema Mieter*innenschutz, sozialer und gemeinnütziger Wohnungsbau, Wohnungslosigkeit und Baupolitik zusammengefasst.


Zusammenfassend lässt sich die Tendenz festmachen, dass bei FDP und CDU/CSU bezahlbares Wohnen vor allem über den Neubau beantwortet werden, d. h. Vereinfachungen im Baurecht, Beschleunigung von Verfahren und Förderung von Wohneigentum über sinkende Steuern und Förderprogramme. Konkrete Maßnahmen zum Mieter*innenschutz finden sich nicht. SPD und Grüne setzen hingegen auf einen Mix aus Wohneigentumsförderung, Mieter*innenschutz und Ausbau der sozialen Wohnraumförderung. Die LINKE fokussiert sich noch stärker auf öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau und fordert die insgesamt stärkste Regulation vom Miet- und Wohnungsmarkt. Keinerlei Mieter*innenschutz ist hingegen im Programm der AfD auffindbar.

Mieter*innenschutz

Der Paritätische sieht erheblichen Handlungsbedarf zur Ausweitung des Mieter*innenschutzes, indem u. a. die Mietpreisbremse verschärft und bundesweit gelten soll, Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen im Bestand gesenkt und ein zeitlich befristeter Mietenstopp ermöglicht werden soll. Die Forderung zur Ausweitung der Mietpreisbremse durch Umgehung ihrer bestehenden Schlupflöcher und ihre zeitliche Entfristung fordern SPD und Grüne sowie die LINKE. Die FDP sieht darin hingegen „eine Investitionsbremse“ und möchte sie deshalb - wie im Rahmen der Ampelregierung durchgesetzt - auslaufen lassen. Keine Positionierung zur Mietpreisbremse findet sich bei CDU/ CSU, sondern mit Blick auf den Mieter*innenschutz lediglich der unkonkrete – und mit keinerlei Vorhaben ausformulierte - Hinweis: „Wir stehen für einen wirksamen und angemessenen Mieterschutz – dazu gehören auch die Regeln zur Miethöhe.“ Zu weiteren Instrumenten für mehr Mieter*innenschutz gibt es verschiedene Einzelregelungen, die in den Wahlprogrammen genannt werden. Dazu formulieren die Grünen u. a. die Ermöglichung eines regionalen Mietenstopps für sehr angespannte Wohnungslagen für Mieten oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete und einen besseren Schutz vor missbräuchlichen Kündigungen wegen Eigenbedarf oder Mietschulden. Die SPD sieht vor, den sog. Mietwucher wirksam durch eine Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts zu unterbinden, will Kappungsgrenzen für bestehende Mieten in angespannten Wohnungsmärkten absenken und Indexmieten an die Entwicklung der Nettokaltmieten anstelle der Inflation knüpfen. Die LINKE fordert neben dem Verbot von Indexmietverträgen und Staffelmieten einen bundesweiten Mietendeckel, der sogar die Absenkung von besonders hohen Mieten in angespannten Märkten vorsieht und einen Ausschluss von Mieterhöhungen für die nächsten sechs Jahre vorsieht. Zudem sollen Eigenbedarfskündigungen nur noch auf Verwandte ersten Grades beschränkt werden.

Sozialer, kommunaler und gemeinnütziger Wohnungsbau

Der Paritätische fordert hinsichtlich des sozialen sowie kommunalen oder gemeinnützigen Wohnungsbaus insgesamt zusätzliche Investitionen, womit insbesondere der Rückkauf von Sozialbindungen gemeint ist. Zudem sollen bei der Vergabe öffentlicher Grundstücke verstärkt soziale Kriterien greifen und die Erbbaurechtsvergabe bei öffentlichen Grundstücken stärker angewandt werden, damit Kommunen ihre Grundstücke nicht aus der Hand geben. Eine Verpflichtung zum barrierefreien Bauen soll es bei öffentlichen Förderungen geben ebenso wie eine gesetzliche Verpflichtung für den privatwirtschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Bereich. Zum 01.01.2025 wurde die Neue Wohngemeinnützigkeit eingeführt, doch es braucht für ihre Anwendung aus Paritätischer Sicht neben Rechtssicherheit auch Investitionszulagen und ein auskömmliches Förderprogramm.

Zu diesen Instrumenten ist in den Wahlprogrammen von CDU/ CSU und FDP nichts zu finden. Bei der CSU/CSU findet sich allein der Satz: „Der soziale Wohnungsbau muss solide gefördert werden.“ Die SPD möchte die Investitionen auf hohem Niveau stärken und verstetigen, die Grünen fordern eine Erhöhung der Bundesfördermittel für den sozialen Wohnungsbau mit der besonderen Unterstützung von gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen. Die LINKE fordert eine massive Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau von 20 Milliarden Euro pro Jahr, und zwar allein für den gemeinnützigen Sozialwohnungsbau. Sozialbindungen sollen dauerhaft sein. Zudem soll das kommunale Vorkaufsrecht über einen (Re-)Kommunalisierungsfond verstärkt Kommunen in die Lage versetzen, Wohnungen wieder in das Eigentum der Kommune zu holen. Neben der Partei die LINKE beziehen sich allein die Grünen auf die Neue Wohngemeinnützigkeit, die sie „weiter stärken“ wollen. Die SPD möchte einen sog. „Deutschlandfond“ für Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften einrichten, der diese mit dem nötigen Eigenkapital versorgt. Eine bundeseigene Wohnungsgesellschaft soll eigene Wohnraumförderung betreiben und den Markt durch geschaffenen Wohnraum für Angestellte und Beamte des Bundes entlasten.

Wohnungslosigkeit

In Deutschland gibt es nach aktuellem Stand der statistischen Erfassung mindestens 531.000 Menschen in Obdach- und Wohnungslosigkeit. Doch das Thema wird in den Wahlprogrammen erschreckend wenig aufgegriffen. Keinerlei Erwähnung findet sich bei CDU/ CSU und FDP. Bei der SPD gibt es allein das Bekenntnis, Wohnungslosigkeit - wie der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP-W) es vorsieht - bis 2030 überwinden zu wollen. Die Grünen machen in diesem Kontext vor allem den Housing-First-Ansatz stark. Die LINKE kritisiert den NAP-W aufgrund der ausbleibenden Maßnahmen und fordern ein Verbot von Zwangsräumungen und möchte Housing-First als Standard etablieren. Wohnungslose Menschen ebenso wie Geflüchtete sollen nicht in Massenunterkünften untergebracht werden, sondern regulärer Wohnraum bereitgestellt werden.

Baupolitik

In der Baupolitik fordern SPD, Grüne sowie CDU/CSU und FDP die Vereinfachung des Baurechts, mehr Digitalisierung in Verfahren und „übertriebene“ bauliche Standards zurückzufahren. Im Detail zeigen sich dann Unterschiede, wie bei der Frage, ob mehr Bauflächen ausgewiesen werden sollen (FDP und CDU/CSU). Denn da fordern die Grünen vielmehr bisheriges Potenzial zu nutzen, indem bestehende Gebäude aufgestockt werden oder eine leichtere Umwandlung von Büroflächen zu Wohnraum ermöglicht werden soll.

Die Wohneigentumsförderung nimmt bei FDP und CDU/ CSU eine zentrale Stellung bei der Frage nach mehr „bezahlbaren“ Wohnraum ein. Die Grünen wollen entsprechende Förderprogramme ausbauen und auf Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zuschneiden. Eine Wohnungsbauprämie soll inklusive Klimakomponente eingeführt werden. Darüber hinaus sollen aber auch anderen Akteur*innen, wie Mieter*innen, die gemeinschaftlich ihr Wohnhaus übernehmen wollen (z. B. als Genossenschaft), ein unbürokratischer Zugang zu günstigen Krediten/ Bürgschaften ermöglicht werden. Die Eigentumsförderung von CDU/ CSU sieht keinen Zuschnitt nach Einkommen vor; stattdessen sollen die Einkommensgrenzen bei KfW-Förderprogrammen angehoben werden. Die Eigenheimförderung bezieht sich auch auf die Reduktion der von den Ländern festzusetzenden Grunderwerbseuer. CDU und CSU beabsichtigen einen Freibetrag beim erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum. Demnach soll eine Entlastung von 250.000 Euro pro Erwachsenen greifen, erhöht durch zusätzlich 150.000 Euro für jedes Kind.

Die FDP will ebenfalls einen Grunderwerbsteuerfreibetrag von 500.000 EUR für die erste selbst genutzte Immobilie von natürlichen Personen, die sich für Familien um einen Freibetrag für jedes Kind um 100.000 Euro erhöht. Zudem sollen Mittel aus der betrieblichen Altersvorsorge für den Eigentumserwerb genutzt werden können. Die SPD sieht laut ihrem Wahlprogramm vor, das Programm „Jung kauft Alt“ auszubauen, um junge Familien zu stärken. Zudem sollen Einheimischen-Modelle (für verbilligtes Bauland an ortsansässige Familien und Personen) und Konzeptvergaben bei der Vergabe von Bauland gestärkt werden.

Dokumente zum Download

2025_02_05_Wahlprogramm_Wohnen (103 KB)

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