Helmut Luther, Österreich liegt am Meer. Eine Reise durch die K.U.K. Sehnsuchtsorte, Amalthea Verlag, Teil 3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nein, wir können nicht alle Porträts wiedergeben aus diesem Band, der einem ans Herz wächst, wenn man sich damit beschäftigt und viele Bibliotheksgänge nötig machte, könnte man nicht im Internet sich zumindest oberflächlich schlauer machen als man vor dem Lesen war.
DER WELTMUSIKER AUS LEGNAGO hat uns deshalb so gefallen, weil es uns genauso gegangen wäre wie Helmut Luther, der ernst nahm, was im CZEIKE, dem berühmten Historischen Lexikon der Stadt Wien steht, daß Antonio Salieri in LEGNANO geboren sei, was sich auch auf dem Grabstein ( gest. 1825 in Wien) bei den Ehrengräbern des Wiener Zentralfriedhofs wiederfindet. Nur kennt ihn keiner in Legnano, was ein kleiner Ort bei Mailand ist, während in Legnago, einer Kleinstadt zwischen Verona und Ferrara das Teatro Salieri davon kündet, daß man weiß, welcher berühmte Musiker 1750 hier geboren wurde.
Und auch, wenn man weiß, daß im 19. Jahrhundert Venedig und Mailand österreichisch waren, so staunt man doch, daß auch Legnago, an der Adige/Etsch gelegen, dazugehörte, was wiederum damit zusammenhängt, daß das alles venezianisches Gebiet war, das weit nach Mittelitalien ragte. Von dort aus besiegte übrigens Feldmarschall Radetzky in einer Etappe das italienische Heer. Dann geht es zur Sache und Geburt und Großwerden von Salieri werden zum Thema, vor allem die musikalische Ausbildung, die hervorragend läuft, bis alles zusammenbricht. Erst stirbt die Mutter, ein Jahr darauf der Vater: der Vierzehnjährige ist mit fünf Geschwistern Vollwaise und alleine.
Wie gut, daß Musikmachen hoch angesehen war und so kommt Salieri erst mal in einen venezianischen Palazzo und wird weiter ausgebildet. So nebenbei erfährt man, daß es damals in Venedig bis zu 20 Opernhäuser und Theater gab und Venedig die Musikmetropole Italiens war. Aufstrebend war auch Neapel, wohin Salieri hätte gehen können, aber er wendet sich in die Kaiserstadt Wien, die musikalisch als Entwicklungsland galt. Und schon wieder hat Salieri Glück und findet einen Gönner, der seine musikalische Weiterbildung vorantreibt.
Das ist alles interessant und wird im Detail auch aufgeführt, wie er zum Liebling des Kaisers wurde, aber erklärt nicht, wie es so unglückselig dazu kam, daß Salieri fälschlich für den Mörder Mozarts gehalten wurde, was sich über Gerüchte ab 1823 wirklich zutrug und was Romane, Stücke und sogar Musical und Film AMADEUS weitergetragen haben, obwohl es einfach nicht stimmt. Andererseits kann man sagen, daß dadurch Salieri noch heute bekannt ist und sicher ohne die Zuschreibung als Mozarts Mörder längst völlig vergessen wäre. Also ist der falsche Verdacht im Sinne modernen Marketings gut gelaufen: Nicht die Wahrheit ist wichtig, Hauptsache, es wird darüber gesprochen.
Es gäbe über viel interessantere Leute zu berichten, als über EIN NACHFAHRE VON EICHENDORFFS TAUGENICHTS, aber Julius Kugy ist eben einer, auf den man von alleine nie kommen twürde und irgendwie sind wir dann doch rund um Triest hängen geblieben. AUS DEM LEBEN EINES BERGSTEIGERS von 1924 kommen einem Begriffe wie „Ehrfurcht" und „Demut“ nicht gerade wie die eines Profibergsteigers vor. Dabei war er ein zu seiner Zeit – Anfang des 20. Jahrhunderts - berühmter Alpinist, dem körperliche Leistungen absolut wurscht waren, und der über die Liebe zur Natur und die Schönheit von Gottes Schöpfung erfüllt war – und in seinen beliebten Vorträgen und seinen Bestsellerbüchern davon schwärmte.
Er, der als ein Kogej geboren war, aber Julius Kugy passender fand, ist einer derjenigen, deren Vorfahren aus aller Richtung kommen: Slowenien, Kroatien, Italien, Österreich-Ungarn, ein Paradebeispiel für die Spannungen, die sich schon regional ergeben, wenn hohe Berge so dicht am Meer sind, wie es die Julischen Alpen und die Adria sind.
Dann erfährt man noch mehr über seine Zeit in Wien und welche Bedeutung die Musik in seinem Leben erhielt, aber das sind dann alles Dinge, die man schon nicht mehr unbedingt wissen will, aber froh ist, daß man von einer Figur, die in seiner Zeit anachronistisch wurde, erfuhr, die heute mit ziemlicher Sicherheit wieder eine von den Medien geliebte und stilisierte Figur wäre.
Doch Fortsetzung folgt. Magris und Illy müssen einfach noch sein.
Foto: Das ist ja nun noch die größte Gemeinheit. Ein Bildnis von Salieri gibt es meist nur zusammen mit Mozart! Nun denn: also: er hat ihn nicht umgebracht! © classicfm.com
Info:
Helmut Luther, Österreich liegt am Meer. Eine Reise durch die K.U.K. Sehnsuchtsorte, Amalthea Verlag, 2017