Nicht immer die allerneuesten, aber richtig gute Bücher verschiedener Genres und Themen, Teil 5/30

 

Claudia Schubert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Gehen Sie einmal in eine Buchhandlung, doch es gibt noch ein paar, und fragen Sie nach Fußballbüchern. Das wäre eine ganze Abteilung. Aber irgendwie paßt das für die Verkäufer dennoch nicht zusammen: Lesen und Fußball. Deshalb finden wir solche Bücher ganz verstreut oder gar nicht.

 

QUERPÄSSE UND SCHWALBEN

 

Kabarettist Günther Lainer und Verleger Dietmar Ehrenreich, beide Fußballfreaks, schreiben sich im Fußballjahr 2008 – hin und her – sie kicken sozusagen ihre QUERPÄSSE mitten hinein und fragen: „Nicht schon wieder Fußball, oder doch mehr? Ich verdanke dem Buch viele Einsichten in Männerbefindlichkeiten und wie sehr Fußball metaphorisch benutzt wird. Dennoch ist das Eindrücklichste die Sportplatzbeschimpfungsrhapsodie I, die uns endlich zeigt, wie diese Ausdrücke auf Hochdeutsch geschrieben werden. Nur der Anfang: Dodl, Tepata, Voikoffer, Voitrottel, Schweinskicker, Hirsch, Schiri du schwarze Sau, Hiasl, Ligaschweine, Blauweia!

 

S. Behr u.a. WICHTIG IST, WER HINTEN HÄLT. Fouls und Schwalben in Fußball und Politik aus dem Aufbau Taschenbuch Verlag. Sehr unterhaltsam und vom Stöcklein zum Fußballtor. Natürlich muß das Wunder von Bern vorkommen, das damals das nationale gedrückte Herz wiederaufrichtete und die Fußballkampfmoral positiv aufscheinen ließ, wo schon die Gesellschaftsmoral so versagt hatte. Auch Fußball und Sprache, ein aufschlußreiches Thema kommt vor, sogar mehrmals ( sieben!) und Beckenbauers Knie war einfach dran und Johannes B. Kerner war schon im Jahr 2005 immer dabei.

 

 

FUSSBALL-VOLKSGEMEINSCHAFT UND FUSSBALL EM-STÄDTE 2008

 

Das gehört nicht zusammen? Und ob. Eine saubere Analyse der Vergangenheit ist die einzige Rechtfertigung für eine Fortsetzung, was den Fußball genau so angeht wie die Politik und die Geschichte eines Landes. Deshalb hat Rudolf Oswald Rudolf Oswald FUSSBALL-VOLKSGEMEINSCHAFT . Ideologie, Politik und Fanatismus im deutschen Fußball 1919 – 1964 geschrieben. Warum aber der Zeitraum 1919 bis 1964? Ersterer ist klar, denn es geht um den Beginn in der Weimarer Republik nach dem Zerfall des Kaiserreiches, von dem wir ja in Rainer Moritz' EIN GANZ GROSSER TRAUM erfahren hatten, wie sehr der Kaiser und das preußische Unwesen den Fußball unterdrückt hatte. Aber 1964? Da war eine Europameisterschaft und die Bundesliga gerade ein-zwei Jahre alt.

 

Aber wir unterbrechen unsere Gedanken, weil schon das Einleitungszitat uns begeistert: „Ich möcht mal wieder ein Spiel ohne all das Geschwafel sehe, aber ich werde voll gehämmert mit siebengescheiten Ausdrücken. Inzwischen geht da schon eine halbe Stunde vor dem Spiel los. Und nach dem Spiel noch eine Dreiviertelstunde weiter...“, sagt Sepp Maier schon im Jahr 2003. Aber was uns so begeistert, ist nur die Einleitung zu einer Bitte: „Die sollen den Fußball bitte einfach lassen und keine Wissenschaft daraus machen – unser Sport ist unberechenbar, das ist das Schöne. Da kannst Du Prognosen machen, wie Du willst. Manchmal hauen sie hin, meistens nicht!“ Ja, Sepp Maier. Letzteres völlig richtig. Ersteres nicht!

 

Wie sinnvoll nämlich Wissenschaft an Fußball zumindest historisch im Nachhinein herangehen kann, zeigt dieses aufschlußreiche Buch, das die schwarzen Seiten am Fußball eindeutig benennt: der Außenhaß, der in Mannschaft und Fan-Publikum aufgebaut wird, um die eigene Mannschaft als heldenhaften Sieger küren zu können, aber auch wie Politik die „Fußball-Volksgemeinschaft“ im dritten Reich gebauchpinselt hat und wie schwierig bis heute das Verhältnis ist, denn Politiker und erst recht Politikerinnen schmücken sich gerne mit erfolgreichen Fußballmannschaften. Ach, ja, das Datum 1964! Der Autor sieht die Einrichtung der Bundesliga als professionelles System als ausreichend für eine dauerhafte Liberalisierung an, auf die nie wieder Mißbrauch mit der „Volksgemeinschaft“ passieren werde.

 

Marco Polo hatte aus der WM- Begeisterung der Deutschen 2006 gelernt und rechtzeitig zur Europameisterschaft 2008, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgetragen wurde, einen kleinen handlichen Band zu den EM-Städten herausgegeben, in denen tatsächlich in den Stadien die Spiele stattfanden, aber auch das sogenannte Public Viewing mit aufgenommen. Wir haben seither diesen kleinen Band immer bei der Hand, denn diese Städte sind sowieso die, die dauernd auf unserer Strecke liegen.

 

Info:

 

Horst Bredekamp, FLORENTINER FUSSBALL: DIE RENAISSANCE DER SPIELE, Wagenbach Verlag 2006

 

 

Rainer Moritz, EIN GANZ GROSSER TRAUM, Rowohlt Taschenbuch 2011

 

 

Gunter Gebauer, POETIK DES FUSSBALLS, Campus Verlag 2006

 

 

Günther Lainer und Dietmar Ehrenreich, QUERPÄSSE, Resistenz Verlag 2008

S. Behr u.a. , WICHTIG IST, WER HINTEN HÄLT, Aufbau Taschenbuch Verlag 2005

 

Rudolf Oswald, FUSSBALL-VOLKSGEMEINSCHAFT . Ideologie, Politik und Fanatismus im deutschen Fußball 1919 – 1964, Campus Verlag 2008

 

Marco Polo, FUSSBALL EM-STÄDTE 2008, Mairdumont 2008