John le Carré: MARIONETTEN und VERRÄTER WIE WIR , Bücher im Ullstein Verlag, CDs bei Hörbuch Hamburg, Teil 1/2

 

Elisabeth Römer und Klaus Hagert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das war uns zu gefährlich. Die Erkenntnis, die unsere Krimi-Spezialistin gemacht hatte, gleich zu verallgemeinern, darum mußte der Kollege, der sonst die eher ganz ernsten Themen bearbeiten, mit an den Lese-Hör- und Schreibfront. Hier das Ergebnis.

 

Also, diese zwei Romane vom Altmeister John le Carré haben es beide in sich. Er ist einfach ein Profi, der sich in der Welt und ihren Abgründen auskennt und der auch die fiesesten Tricks der Geheimdienste und der Bösen auf Lager hat, vor allem aber ohne moralischen Zeigefinger, einfach durch die Schilderung der Abläufe, in uns einen Zorn über die Verhältnisse, wie sie sind, aber nicht sein müßten, zum Leben erweckt, den wir alle haben, der aber durch den Alltag und die Probleme, die entstehen, wenn man seine eigene Moral ernst nähme und wirklich etwas machte, so vor sich hin dümpeln.

 

Dieser englische Schriftsteller, der gerade am 19. Oktober 81 Jahre wurde, der vor allem mit dem Roman – alle seine Romane sind Thriller – DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM Furore machte, weil die Ost-West-Situation so etwas einfach in die Feder legte, der hat auch nach dem Fall des eisernen Vorhangs genug zu schreiben. Dieser legte ja zuerst einmal nahe, daß die alte Nomenklatura mit ihrem gerafften und den Völkern geraubtem Geld erst einmal wohin mußte, wo doch jetzt in diesen Ländern angeblich demokratische Verhältnisse einziehen. Sowohl MARIONETTEN – englische Originalversion, deutsche Übersetzung und Hörbuch, alle aus dem Jahr 2008, daran erkennt man schon seine Popularität - wie auch VERRÄTER WIE WIR – dasselbe in 2010 – haben also mit russischem Geld zu tun, beide aber auf ganz unterschiedliche Weise, sozusagen mit unterschiedlicher Moral, zu der sich im ersten Buch die internationalen Probleme mit dem Islam dazugesellen – obwohl der Westen immer sein Fett wegbekommt.

 

Inhalte: MARIONETTEN spielt fast vollständig in Hamburg, wo der Autor, der Germanistik studiert hatte, auch arbeitete und wohnte, wie er überhaupt die deutschen Verhältnisse aus dem Effeff kennt. Illegal ist der junge Issa, Vater Russe, Mutter Tschetschenin, über die Türkei und Dänemark nach Hamburg gekommen. Er ist gläubig und will Arzt werden. Sein Vater Karpow, von ihm als Verbrecher gekennzeichnet, hat ihm noch den Code für sein Konto einer englischen Bank mit Sitz in Wien und Hamburg eingeschärft. Das millionenschwere Geld aber will der gläubige Moslem nicht, er will es Organisationen, die im Sinne des Islam gutes tun, spenden und dafür nur die Sicherheit, daß er in Deutschland einen Paß erhält und hier Medizin studieren will.

 

Eigentlich eine klare Handlung, was sich aber nur mit seiner ebenfalls jungen, manchmal dummen, manchmal gescheiten, grundsätzlich aber überforderten Anwältin Annabel Richter ereignet, passiert auf anderem Wege auch mit dem Bankier von Brue Frères, die beide gutwillig in entgegengesetzte Richtung geschleust werden, denn die westlichen Geheimdienst machen sich an diesem Fall Konkurrenz. Eine schäbige, unlautere, gesetzeswidrige, aber erfolgreiche. Wir wollen mehr zur Handlung nicht sagen, sondern nur ausdrücken, daß man in der Tat viele wirtschaftspolititschen Analysen und so manchen hochrangigen politischen Kommentar sich schenken kann, wenn man nachspinnt, was le Carré hier vorspinnt. Fortsetzung folgt.

 

John le Carré

 

MARIONETTEN, Roman, Ullstein Verlag 2008 und Hörbuch Hamburg Downtown, gekürzte Lesung, 5 CDs, gelesen von Herbert Knaup, 2008

 

VERRÄTER WIE WIR, Roman, Ullstein Verlag 2010 und Hörbuch Hamburg , gekürzte Lesung, 5 CDs gelesen von Johannes Steck, 2010