c originORIGIN, Thriller von Dan Brown im Lübbe Verlag, Rezension I

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ha, da hat die Redaktion also mir den Wälzer als Krimi-Expertin rübergeschoben, zum Besprechen natürlich, aber danach wollen die anderen ihn auch lesen, den neuen Thriller vom Bestsellerautor Dan Brown, der nach geschickter Regie in deutscher Übersetzung genau zur Buchmesse herauskam und dort vom Autor selber vorgestellt wurde.

Kurz gesagt, daß es sich nicht lohne, kann man nicht sagen, denn die Dreiheit, in der Brown gerne seine Geschichten ineinanderflicht, die gibt es auch diesmal und die üblichen Verfolgungsjagden auf dem Weg der Aufklärung, wer den Mord begangen hat und was das alles bedeutet, dies wird dann ebenfalls an drei verschiedenen Fluchtpunkten durchexerziert.

Die inhaltliche Dreiheit besteht aus der neuesten Technologie (künstliche Intelligenz, Evolutionsbiologie), dem Einverwobensein der kulturellen Leuchttürme Nordspaniens und Barcelonas (Museum in Bilbao, Sagrada Familia in Barcelona) und den Menschen und Gruppierungen, die gegen Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung um den Menschen sind, hier ganz besonderen, auch in Wirklichkeit vorhandenen Kreativisten, die die Welt als Gottes reine Schöpfung bewahrt sehen wollen. Eine echt wilde Mischung, bei der man einiges lernen kann. Über Quantenphysik und Quantencomputer, über die Schönheiten spanischer Architektur, wobei Barcelona mit Gaudí den bedeutenderen Part erhält, denn immer wieder läßt Brown da den Ansatz des schöpferischen Gaudí durchschimmern, dem ja Architektur nur Ausfluß des Organischen in der Welt war und ein ebensolches, organisches Bauen nach sich zog. Und schön, daß auch das Kloster Montserrat eine Rolle spielt. Und das, was sonst Freimaurer und Geheimgesellschaften in den Browngeschichten als Verschwörungszutaten Richtung Geheimnis und Spannung hinzufügen, das übernehmen hier die Fehlgeleiteten der offiziellen Katholischen Kirche der Palmarianer.

Letztere gibt es also wirklich und ihre Institution heißt palmarianische-katholische Kirche, die nix mit La Palma zu tun hat, sondern sich einem Gottsucher im südspanischen Palmar de Troya – nicht Troja! - verdankt. Der hatte 1969 eine Marienvision und ist angesichts seiner Vision nicht der grundsätzlichen Aufforderung des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt gefolgt und zum Arzt gegangen, sondern hat seine Marienerscheinung als Anlaß genommen, den Weicheiern in Rom die Leviten zu lesen und eine gegenüber den zunehmenden Sünden der Welt standhaftere katholische Kirche zu begründen. Es hatten im Jahr zuvor Kinder die nämliche Marienerscheinung und das war für diese ‚Ketzer‘ Anlaß, auf den ganzen Unsinn, all die Veränderungen, die das Zweite Vatikanische Konzil von 1962-1965 für konservative, ja reaktionäre Katholiken mit sich gebracht hatte, zu verzichten und zur tridentinischen Meßfeier der Gegenreformation des 16. Jahrhunderts zurückzukehren, will beispielsweise heißen: die Meßfeier mit dem Rücken des Priesters zu den Gläubigen und dem Gesicht zum Hochaltar zu feiern und den Gläubigen nicht die Wandlung von Brot und Wein sichtbar am Altar zu zelebrieren, wie es in der Folge von 1965 dann üblich wurde. Und obwohl die Katholische Kirche in Rom viel gewohnt ist, wurde ihr das dann doch zu viel und alle Beteiligten wurden exkommuniziert, aber eben nicht ermordet, wie es diese Kirche der Palmarianer im neuen Thriller von Brown nun mit ihren Gegnern macht.

Und bevor es zur eigentlichen Geschichte kommt, der Hinweis zu unseren Überschriften, der für Kunstkenner sofort ersichtlich ist. Sie sind nämlich die Fragestellungen, die Zukunftsforscher Kirsch an die künstliche Intelligenz stellt und von dieser die Antworten erwartet, sind aber wörtlich übernommen aus einem Gemälde, das Gauguin in seiner Hütte in Tahiti 1987/88 gemalt hatte, wo es heißt: „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“.

In welcher persönlichen Situation Gauguin das fast 4 Meter lange Gemälde malte und (ohne die Fragezeichen) beschriftete, das kann man – Zufälle sind schon witzig, oder auch keine Zufälle – im Film GAUGUIN sehen, der nächste Woche in bundesdeutschen Kinos anläuft. Aber das konnte selbst Dan Brown nicht vorhersehen, der sich das Gemälde aber sicher an seinem Standort in Boston angeschaut und dann frech in die Wohnung des reichen und toten Kirsch in Barcelona gehängt hat. Hatte Brown vielleicht schon eine Ahnung, was in Katalonien los sein wird und wollte damit gar die Separatisten unterstützen?

Fortsetzung folgt

Foto: Cover Roman

Info:
Dan Brown, ORIGIN, Lübbe Verlag 2017
Dan Brown, ORIGIN, gelesen von Wolfgang Pampel, 6 CDs, 461 Minuten, Lübbe Audio, Lübbe Verlag 2017