Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. Dezember 2017, Teil 10
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir hatten uns ja das Buch zum Film ja extra besorgt, weil wir weder elf sind noch vierzehnjährige Kinder haben, ein Alter, in dem sich die Schreckensteinbücher seit Jahren mit vielen Folgen gut verkaufen, Jugendbücher, deren Autor jeweils Oliver Hassencamp ist, der sein Geschäft gut versteht.
Denn sie sind weder platt, die Bücher, noch im Sprachgebrauch allzu anbiedernd der heranwachsenden Generation gegenüber und sie bringen eine interessante Mischung zwischen dem schrecklichen Auf und Ab der Pubertät zwischen Versagensängsten und Omnipotenzphantasien und dem Wissenwollen dieser Jahre. Wie die Welt ist, warum wir sind und wer und wo und wie und was, das sind ewige Fragen, die in diesem Alter besonders virulent sind. In diesem Buch zum Film mit dem Untertitel Küssen nicht verboten! konzentrieren sich alle auf die Suche nach dem Schatz, den es braucht, um den abgewirtschafteten Grafen von Schreckenstein von seinen Schulden zu erlösen und damit den Kauf der Burg durch einen chinesischen Investor zu verhindern und das Bleiberecht des Jungeninternats auf Burg Schreckenstein zu sichern.
Das Ganze ist intelligent in Szene gesetzt und läßt sowohl die verschworene Gemeinschaft von Stephan, Ottokar, Mücke, Dampfwalze und Strehlau im Internat auf Schreckenstein mitsamt dem Direktor Meyer genannt Rex wie auch Bea, Inga und Aline zu Wort kommen, die sich allesamt leicht über Direktorin Dr. Horn lustig machen, die gleichwohl ganz am Schluß durch ihren Vorschlag der gemeinsamen Meditation im großen Rittersaal die Lösung des Problems, wo der Schatz liegt, löst. Dies die Grundstruktur der Geschichte.
Was Spaß macht ist die Einbeziehung der digitalen Welt, die diese Jugendlichen aus dem FF beherrschen, wenngleich offiziell das Internet täglich nur von 16 bis 17 Uhr erlaubt ist. Aber dem Autor täte ein wenig Deutschunterricht auch gut, wenngleich er in dieselbe Fall tappt, wie so viele , die auf einer falschen Übersetzung aus dem Englischen beruht. Wenn auf Seite 153 Mücke aus dem Suchprogramm vorliest und den Kopf schüttelt über: „‘torhueter divers sucht hustendes tier‘, läßt der Autor ihn bemerken: „‚Das macht keinen Sinn“. Kann schon sein, daß der Junge so redet, aber dann hätte Hassencamp ihm einen schlauen Mitschüler zur Seite geben müssen, der ihm erläutert, daß das eine falsche Übersetzung aus dem Englischen ist, wo einer nicht unterscheiden kann zwischen den beiden Vokabeln to do und to make, die beide im Deutschen ‚machen‘ ausdrücken, aber eben nicht immer. Bei ‚to make sense‘ beispielsweise muß man übersetzen: Sinn ergeben, sinnvoll sein, Sinn haben, aber niemals so einen Unsinn wie ‚Sinnmachen‘ formulieren, denn einen Sinn kann man einfach nicht machen, man kann ihn herstellen, konstruieren, alles mögliche, aber es gibt keine Sinnmacher, das ist neben der falschen Übersetzung einfach ein ekliger autoritärer Sprachgebrauch. Hoffen wir, daß das im nächsten Buch so ähnlich erscheint.
Wo es einfach auch für Erwachsene spannend wird, sind die Überlegungen der Knaben zu den Anagrammen. Was das ist? Ach was, lesen Sie oder schauen Sie im Internet, wenn Sie es nicht wissen. Die Jungens beherrschen das und erzählen was von einem Anagramm -Generator. Da haben wir dann länger das Internet bemüht und Verschiedenes, für uns Neues gefunden.
„So geht das!
Nachdem sich in letzter Zeit die Fragen, wie denn der Anagramm-Generator funktioniert, häuften, habe ich mich endlich mal daran gemacht, hier auch eine kurze Beschreibung der Funktionsweise zur Verfügung zu stellen. Folgende Schritte werden ausgeführt:
Einlesen der Wortliste, aussortieren aller Wörter, die andere als die angegebenen Buchstaben (=Suchwort) enthalten
Sortieren dieser (Rest-)Liste nach der Länge, so daß das längste Wort zuerst kommt.
nächstes Wort aus der Liste wählen (am Anfang: erstes Wort)
Restbuchstabenliste aufbauen, indem man die Buchstaben dieses Wortes aus den bisherigen Restbuchstaben entfernt (am Anfang: Restbuchstaben = alle Buchstaben des Suchbegriffs)
die Liste ab dem gerade betrachteten Wort (exklusive) durchgehen, bis ein Wort gefunden wird, daß aus allen oder einem Teil der restlichen Suchbuchstaben gebildet werden kann...“
Haben Sie es nachvollziehen können, denn, wenn nicht, gibt es weitere Hilfen bei http://www.sibiller.de/anagramme/info2.html
„‘‚Dann helfen Sie uns‘, sagte er plötzlich ruhig. ‚Helfen Sie uns und lösen Sie das Anagramm.“....‘Om‘, hallte es durch den Rittersaal. ‚Oooooommm...‘“ heißt es auf Seite 161 und das ist so witzig wie eingängig, denn es gibt nicht nur ein Rezept hinter die Wahrheiten zu kommen und gemeinsame Meditation, der Vorschlag der Frau Dr. Horn, schadet nie. Auf jeden Fall wird auf diese Weise zusammen als Lösung „‚Paulus von Schreckenstein ist der Hüter“ gefunden und Mücke hat die zündende Idee, daß es sich um das vierhundertjährige Skelett des ehemaligen Burgherrn handele, der bei der Invasion der Burg gefallen war, aber es gibt auch noch dessen Vater, ebenfalls Paulus, von dem es eine Grabplatte gibt, aber nicht mit seinem Namen, eine namenlose trägt das Bild eines Hirten. Aha. Erinnern Sie sich an den Anfang. Und dort...
Und dann küßt Stephan, der sich die ganze Zeit über den Kuß von Bea geniert hatte und öffentlich – wie gemein und peinlich - den Mund abgewischt hatte, aus eigenem Antrieb die so lange beleidigte Bea. Doch, das ist so in der Pubertät, wenn die Gefühle verrückt spielen und man sicher ihrer genauso schämt wie darüber freut. Im Wechsel eben, bis eine Richtung sich durchsetzt.
Daß man beim Lesen immer die Figuren aus dem Film vor Augen hat, schadet nicht, denn sie sind einfach sehr gut ausgewählt, auch die Katze Magoo!
P.S. :Die vielen vielen Fotos aus dem Film zeigen auch denen, die den Film nicht kennen, wer wer ist. Über deren Wirken hatten wir in der Filmrezension schon geschrieben, aber der recht doofe Neffe Kuno hat auch hier einen Sonderauftritt.
Foto: Cover
Info:
Oliver Hassencamp, Burg Schreckenstein. Küssen nicht verboten. Das Buch zum Film, Schneiderbuch Egmont 2017