Die KrimiZEIT-JahresBestenListe 2012, Teil 2
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Auf Platz 5 folgt Sara Gran mit DIE STADT DER TOTEN aus dem Droemer Verlag, auch ein Buch, an das wir uns sofort erinnern, weil es einen sprachmächtig in Bann schlägt, oder ist es nur der Plot, diese Absurdität aus New Orleans 2007, die wir fasziniert miterleben, die uns mit Claire de Witt, der besten Privatdetektivin der Welt ins Bodenlose befördert.
Friedrich Ani hat mit SÜDEN UND DAS HEIMLICHE LEBEN einen unheimlichen Roman vorgelegt – Platz 6 und im Verlag Knaur erschienen -, der deshalb so unheimlich wirkt, weil alles ganz normal scheint. Da geht es um eine Kellnerin, die das Lokal übernehmen darf, aber es gibt Gründe, warum sie das nicht kann, besser: zu können glaubt und da verschwindet mit einem Mal ein Mensch, dessen Leben für alle überschaubar war. Auch das ist unheimlich und die Aufklärung ist naheliegend.
Schnell zu Merle Kröger, immerhin der dritten Autorin der Zehnerliste und auf Platz 7. GRENZFALL, herausgekommen bei Argumente/Adriane wird immer mehr zum öffentlichen Thema. Das ist unser Erfahrungswissen, weil über den Vorgang – Merle Kröger recherchierte einen „Jagdzwischenfall“ aus dem Jahr 1992 im Film und Buch – immer stärker in den Medien berichtet wird. Damals wurden zwei Rumänen in Mecklenburg-Vorpommern , die die Grenze überschritten, von Jägern als Wildschweine erschossen. Es folgte kein Verfahren. Die Tochter einer der Toten versucht es.
Auch PAYBACK von Mike Nicol bei btb und auf dem 8. Rang spielt in Afrika. Diesmal bleibt die Geschichte in Südafrika, wo die ehemaligen Freiheitskämpfer längst saturierte friedliche Bürger sind, bis die Tochter des einen entführt wird, denn die Vergangenheit ruht nicht in Afrika noch weniger als sonstwo. Mit Tana Frenchs SCHATTENSTILL aus dem Scherz Verlag auf Platz 9 ist zum einen die vierte Frau im Krimigeschäft der ZehnerBestenListe und zum anderen ein Roman von 729 Seiten vorgelegt, der je weiter man liest, desto unheimlicher wird. Traurige Geschichte und anders als sie scheint. Zuerst scheint alles klar in diesem besseren Ort, der erst einer werden will, mit den paar Häusern. Wie schnell zerbricht ein voraussehbares Leben, wenn das Unwahrscheinliche eintritt. Daß jemand, der plante und sorgte und im Glück schwelgte, ins Gegenteil umschlägt. Das ist ein Roman, der nicht nur unter die Haut geht, sondern dort bleibt.
Und gerade noch hat es Robert Littell mit PHILBY. PORTRÄT DES SPIONS ALS JUNGER MANN, veröffentlicht von Arche auf den zehnten Rang geschafft. Wäre auch schade gewesen, weil Littell einfach zu den besten Schreibern gehört. Hier ist es nun die wahre, aber im Detail unbekannte Geschichte des Superspions Kim Philby, dessen Anfangs- und Motivationsjahre er, nein 'beschreibt' zu schreiben, wäre unter Niveau. Die besondere Technik von Littell ist es, mit vielen Stimmen sprechen zu können. Auch hier wird das Leben des echten Spions von lauter Worten seiner Lebensbegleiter, ob Freund, ob Fein, geschildert. Auch von ihm selbst. Ob er nun wirklich ein dreifach-vierfach-Spion gewesen ist? Wer weiß.
Info:
Rund 1500 neue Kriminalromane erscheinen pro Jahr in Deutschland. Selbst ausgefuchste Leser verlieren angesichts dieser Masse den Überblick. Orientierung bietet aktuell die Dezember-Ausgabe der KrimiZeit-Bestenliste von ZEIT und NordwestRadio.
Die monatlich erscheinende Krimi-Bestenliste existiert seit März 2005, als sie erstmals auf der Leipziger Buchmesse, damals noch als KrimiWelt-Bestenliste vorgestellt wurde. Von März 2011 an wird sie regelmäßig an jedem ersten Donnerstag des Monats in der Wochenzeitung DIE ZEIT als KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht.
Vorgestellt wird die KrimiZeit-JahresBestenliste
- im NordwestRadio am Donnerstag, den 27. 12. 2012 mit Tobias Gohlis gegen 8.50 Uhr im Nordwestradio Journal und in den Sendungen der Literaturzeit, nachzuhören unter http://www.radiobremen.de/nordwestradio/serien/krimizeit/index.html
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in der Wochenzeitung DIE ZEIT am 27.12.2012 und unter www.zeit.de/krimizeit-bestenliste
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Monatlich wählen achtzehn auf Kriminalliteratur spezialisierte Literaturkritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus der Masse der Neuerscheinungen die zehn Titel aus, denen sie viele Leser wünschen. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt über 1200 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem ersten Donnerstag im Monat geben Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.
Die Jury setzt sich zusammen aus:
Tobias Gohlis, Hamburg, Kolumnist DIE ZEIT, Moderator und Jury-Sprecher der KrimiWelt
Volker Albers, Hamburg, Hamburger Abendblatt, Herausgeber „Schwarze Hefte“
Andreas Ammer, „Druckfrisch“, Dlf, BR
Gunter Blank, Sonntagszeitung
Thekla Dannenberg, Perlentaucher
Fritz Göttler, München, Süddeutsche Zeitung
Michaela Grom, Heidelberg, SWR
Lore Kleinert, Bremen, Radio Bremen
Thomas Klingenmaier, Stuttgart, Stuttgarter Zeitung
Kolja Mensing, Berlin, Tagesspiegel
Ulrich Noller, Köln, Deutsche Welle, WDR
Jan Christian Schmidt, Berlin, Kaliber 38
Margarete v. Schwarzkopf, Köln, NDR
Ingeborg Sperl, Wien, Der Standard
Sylvia Staude, Frankfurt/M., Frankfurter Rundschau
Jochen Vogt, Elder Critic, NRZ, WAZ
Hendrik Werner, Bremen, Weser-Kurier
Thomas Wörtche, Berlin, Kolumnist, Plärrer , culturmag, DRadioKultur
In der Regel kommentieren wir die von der Jury neu plazierten Krimis. Alle weiteren plazierten Krimis der Vormonate entnehmen Sie bitte unseren Krimi-Besprechungen in den vormonatlichen Artikeln, die Sie unter Kultur. Bücher oder unter dem Autorennamen im Archiv finden. Viermal inzwischen darf ein Buch einen Platz bekommen, dann scheidet es aus und hat nur noch die Chance, in der Jahresbestenliste wieder aufzutauchen, die Ende Dezember herauskommt. und die wir für 2011 ebenfalls kommentierten.
Info:
1. Film zu Grenzfall
2. Artikel über DIE NACHT DES ZORNS von Fred Vargas im Weltexpresso 2012
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/725-fred-vargas-und-oliver-bottini-mit-der-kalte-traum-von-dumont-das-letzte-mal-dabei
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/719-weiterhin-die-nacht-des-zorns-von-fred-vargas-aus-dem-aufbau-verlag-auf-platz-1
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/696-endlich-die-nacht-des-zorns-von-fred-vargas-aus-dem-aufbau-verlag-auf-platz-1
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/590-wer-sie-ist-und-was-die-anderen-ueber-fred-vargas-und-ihre-kriminalromane-sagen
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/583-fred-vargas-mit-die-nacht-des-zorns-aus-dem-aufbau-verlag-nur-auf-platz-4
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/547-mehr-vom-skurrilen-personal
http://weltexpresso.tj87.de/index.php/buecher/546-wir-sind-suechtig
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JahresBestenListe 2011
4. JahresBestenListe 2012, Teil 1