Serie: Deutscher Buchpreis 2011, Teil 14


von Felicitas Schubert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es ist soweit. Nach der inoffiziellen Eröffnung der Frankfurter Buchmesse am Sonntag in der Christuskirche und der Verleihung des LiBeraturpreises an die libanesischstämmige Nathalie  Abi-Ezzi, folgt nun im feierlichen Kaisersaal im Frankfurter Römer die immer sehr spannende Veranstaltung, an dessen Schluß dann die Endauswahl steht, für den sich ein Jahr lang Verlage, Buchhandlungen und die Autoren selbst ins Zeug legten. Ob es sich lohnt. Immer, selbst wenn der andere gewinnt, und der eigene Kandidat nicht, was diesmal nicht der Fall war.

 

Wie immer begrüßte die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, Hausherrin des Römer, das zahlreiche Publikum, bestehend aus der Verlags- und Buchhändlerszene, Autoren und einem Tross von Journalisten und Fernsehleuten. ‚The same procedure like every year’ gilt auch für die Ansprache zur Preisverleihung durch Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und also Hausherr der eigentlichen Veranstaltung.

Feinsinnig arbeitete Moderator Gert Scobel – auch er jährlich dabei – die Besonderheiten der literarischen Gebilde heraus und setzte mit den profanen Informationen über die Zusammensetzung der Jury fort, mit deren Sprecherin Maike Albath er anschließend ein Gespräch führte. Durch den Tod eines Mitgliedes der zuvor siebenköpfigen Jury, war durch die Zahl 6 eine neue Situation für die Abstimmungen gegeben, weil pari nicht gilt. Frau Albath betonte, wie leidenschaftlich gefochten und gerungen wurde. Sie führte aus, wie eindeutig die Schwerpunkt der Romane der letzten Sechs sich in Stichworten wiedergeben lassen: DDR, autobiographischer Impuls, wenig literarische Phantasie, Heimat als Thema ganz neuer Heimatgefühle und Regionalisierung, Geschichtsaufarbeitung.

Die sechs Romane werden – auch das ist Tradition – in Form von Fernsehfilmen über ihre Verfasser vorgestellt. Zuvor jedoch verlas jeweils Gert Scobel die Romananfänge, die irgendwie übereinstimmend häufig mit dem Sommer beginnen. Der Film über den sehr jungen Jan Brandt und sein Debüt „Gegend die Welt“ (DuMont)zeigt das fiktive Dorf Jericho und den träumenden Daniel, der ausbrechen will. Thema ist der Stillstand der Zeit in den 80ern und die Rebellion der Jugend gegen alles, aber auch die Furcht der nur vordergründigen heilen Welt vor Veränderungen.

In alphabetischer Reihenfolge wird über Michael Buselmeier und seinen Helden in „Wunsiedel“ (Verlag das Wunderhorn), der zweimal nach Wunsiedel kommt, gesprochen und im Film gezeigt. Warum er erst im Alterswerk die Landschaft wahrnehmen und ironische Töne über sich selber finden kann, ist anderen nicht fremd. Angelika Klüssendorf sorgt mit ihrem Romananfang von „Das Mädchen“ (Kiepenheuer & Witsch) für inneres Schmunzeln, denn daß mit „Scheiße“ und „Stücken Scheiße“ ein Buch beginnt, gibt’s auch nicht alle Tage. Das Schicksal ihrer Heldin, einem von der Mutter gewalttätig behandelten Kind, das die erfahrene Gewalt weitergibt, dauert einen. Sehr viel Beifall.

Sibylle Lewitscharoffs „Blumenberg“ (Suhrkamp) begründet im Film, warum dieser Philosoph ihr Held wurde und sie ihm einen Löwen an die Seite gibt. Der Roman zeigt viele Ebenen und ist ein Mittelding zwischen Roman, Wissenschaft, Religion und vielem anderen. Ebenfalls sehr viel Beifall. Eugen Ruge hat mit „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ (Rowohlt) keine typische DDR-Geschichte, aber dennoch eine typisch deutsche Geschichte. Erneut sehr viel Beifall, das Publikum klatscht sich ein. Marlene Streeruwitz beginnt ihren Roman „Die Schmerzmacherin“ (S. Fischer) in klirrend kalter Ödnis, das legen die Worte von Gert Scobel nahe, der noch immer die Anfänge vorliest. Im Film werden ihre Recherchearbeiten für diesen Sicherheitsfilm aufgearbeitet und die Gefährlichkeit von privaten Diensten dargestellt. Auch hier viel Beifall.

 

Gottfried Honnefelder verliest dann den Sieger: Eugen Ruge, was doch eher unerwartet ist, aber wie schon in allen bisherigen Erläuterungen dargestellt, konnte diesmal jeder der Finalisten ausgezeichnet werden. Sehr  clever äußert sich der Ausgelobte, daß er als  Mathematiker und atheistisch Erzogener auf keine Rede vorbereitet habe. „Aus Aberglauben“. Also folgte der Dank an alle, hatte aber die Lacher auf seiner Seite, als er seiner Frau und Freundin dankte und nach kurzer Pause hinzufügte: „Es handelt sich um die selbe Person.“ Das war es. Und es war spannend und hat sich gelohnt.

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