Nicht immer die allerneuesten, aber richtig gute Bücher verschiedener Genres und Themen, Teil 29/30

 

Gerhard Wiedemann

 

München (Weltexpresso) – Nicht nur zur Weihnachtszeit und zum Neuen Jahr sind Besinnungsbücher oder religiöse Themen angesagt. Die meisten greifen zu ihnen in Krisenzeiten, in persönlichen Krisenzeiten. Sinnvoller ist es, sie dann aufzunehmen, wenn kein Anlaß vorliegt. Wir hatten die folgenden Bücher schon lange auf unserer Leseliste.

 

 

ZWIEGESPRÄCH MIT GOTT und NEUE ZWIEGESPRÄCHE MIT GOTT

 

Ahne, einfach Ahne, ist wer? Einer, den man erfinden müßte, wenn es ihn nicht gäbe. Wir haben zuerst die CDs gehört, die im schmalen Band hinten versteckt sind. Er ist ein Mann des Sprechens, das erschließt sich sofort. Er, 1968 in Berlin-Buch geboren, ist ein Wendeprofiteur, denn die folgende Arbeitslosigkeit setzte eine ungeahnte Produktivität in Gang, könnte man leicht zynisch sagen. Sein „Gott wohnt in der Choriner Straß 61. Er ist im Mai 2004 umgezogen, von der 63 in die 61.“ Ahne wohnt in der Nähe, woraus sich der Umgang, der die Dinge des Tages aufgreift, ergeben haben.

 

Auf der CD sind 16 Dialoge, in denen Ahne die Fragen und Gott die ausweichenden, zustimmenden, verschwimmelten oder aus der Zeit gefallenen oder die ganz pfiffigen Antworten gibt - und die Erklärungen, warum er für die irdischen Katastrophen nicht verantwortlich ist. Schließlich hat er nur die große Linie vorgegeben, für die miese Ausführung durch Menschen möchte er sich nicht verantwortlich machen wollen. Der Clou für den Hörer – auch für den außerhalb Berlins – ist, daß Gott berlinert und ein Umgangssprachenvokabular auf der Höhe und der Tiefe – „Sportsfreund“ - hat.

 

Das kann nur klappen, weil die Gesprächsthemen die des Alltags und des normalen Lebens sind. Also auch Sorgen der „kleinen“ Leute einerseits, aber auch die, die Gott beisteuert, wenn er von Umzug und Fasching redet. Die Rollen verschieben sich also mittenmang, wo aus Gott der Unwissende und aus Ahne der Allwissende wird. Das Hören bleibt spannend, weil die Rollen nicht formal fixiert sind, sondern sich aus dem Gesprächsverlauf ergeben. Gott ist der, der leicht abdriftet und den Ahne wieder auf den Boden der Welt zurückholt. Aber Gott ist bei allem Berlinern aber mehr als ein Berliner. Er ist auch Sachse, Koreaner und vom Mars ist er ebenfalls.

 

Bei den NEUEN ZWIEGESPRÄCHEN legen beide noch eine auf. Jetzt will Ahne mit Gott eine Partei gründen. Die CD hat als mp 3- Format 36 Hörstücke, exakt dieselben wie das Buch. Das finden wir sehr gut, denn uns fiel an uns selber beim ersten Buch auf, daß wir lieber den Text mitlasen, während wir die beiden Originale hörten, als alleine zu lesen. Vielleicht gibt es längst noch weitere Fassungen, die sich zu uns nicht herumgesprochen haben. Auf jeden Fall: „Tschüs Gott!“

 

 

 

Und Jesus ist sein Prophet. Der Koran und die Christen

 

Mehdi Bazargan hat mit seinem Jesusprojekt einmal nicht den Christen den Koran erklärt, sondern will diesen vermitteln, was der Islam über das Christentum sagt. Er, iranischer Korangelehrter und liberale Politiker hat systematisch die Koranverse auf Jesus, Maria und allgemein die Christen abgeklopft. Die gefundenen Stellen in den jeweiligen Suren – Register der Fundstellen ab Seite 103 - hat er in Rot im Text zitiert und zudem kommentiert. Navid Kermani hat dafür gesorgt, daß der 1995 gestorbene ehemalige und erste Ministerpräsident nach der Revolution von 1979 nun auf Deutsch veröffentlicht wird.

 

Lernen kann man eine Menge, denn natürlich sind die Bezüge zwischen Christentum und Islam vielfach und daß auch Jesus für Mohammedaner ein ehrenwerter Mann ist, weiß jeder besser Gebildete. Bazargan nutzt die zitierten Suren, um daraus kulturgeschichtliche Konsequenzen zu ziehen oder um auf Handlungsspielräume hinzuweisen: „...und erlaubt Muslimen sogar eheliche Beziehungen mit den Christen...“, Seite 34. Zudem werden nicht nur das Christentum angesprochen, sondern auch die Juden.

 

 

Mohammad, der Prophet

 

Man kann den Islam nicht verstehen, wenn man Mohammad nicht versteht“, ist der Ausgangspunkt für die Nacherzählung des Lebens des Propheten in Romanform, die der in Holland im Exil lebende Iraner hier vorlegt. Gerade nach einer ausführlichen Beschäftigung mit dem Koran selber, liest sich diese Lebensbeschreibung von 280 Seiten wie von selber, in der immer wieder Vorgänge wie Gleichnisse auf das besondere Wesen und die religionsstiftende Funktion des Mohammad verweisen. Auf jeden Fall hat der Leser auch ein Sittengemälde der Zeit.

 

 

 

INFO:

 

Ahne, Zwiegespräche mit Gott, mit Audio-CD, Voland & Quist 2007

 

Ahne, Neue Zwiegespräche mit Gott, Voland & Quist 2009

 

Kader Abdolah, Mohammad, der Prophet, Claassen Verlag 2009

 

Mehdi Bazargan, Und Jesus ist sein Prophet. Der Koran und die Christen, C.H. Beck 2006