Frankfurter Buchmesse 2011, Teil 4: Der Ehrengast Island präsentiert sich, seine Autoren und seine Bücher
von Felicitas Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – So etwas Schönes haben wir auf der Buchmesse noch nie gesehen. So etwas wie den isländischen Gastlandauftritt im Forum, gleich am Anfang der Buchmesse. Denn die Innenstädter kommen über den Festhalleneingang (U 4 Messe) und sind gleich im Forum. Die anderen steigen in den S-Bahnlinien Messe aus, laufen oder fahren mit dem netten Pendelbus und nur die Wahnsinnigen kommen mit dem Auto, wobei es auch verschiedene Parkplätze gibt. Besser also, sich zu merken, wo man das Gefährt abgestellt hat, denn diese Buchmesse läßt nach dem Besuch kaum mehr Gedanken zu, so vollgefüllt ist der Kopf!
Und das Herz geht einem über, wenn man sich ins forum begeht, wo Island zu Hause ist und wir mit ihm. Warum ist dies so anders als sonst, warum vermittelt dieser öffentliche Raum Intimität und Innigkeit, Gemütlichkeit und den sehr starken Drang, sich niederzulassen und zu lesen oder zumindest sehr leise Gespräche zu führen. Am Anfang war das Licht. Und dieses Licht hier ist stark zurückgenommen, und vermittelt schon deshalb die Atmosphäre von Privatheit und sich wohlfühlen. Das Ungewöhnliche sind dann die 13 zimmergroßen Leinwände, auf denen man Fotos von lesenden Menschen sieht. Denkt man. Bis auf einmal einer blinzelt, dann eine Seite umdreht und wir wissen, daß wir einem Video zuschauen.
In Island wurden Freiwillige gesucht, die sich lesend vor ihren Büchern der Welt zeigen. Es war ein Wettbewerb, der noch viele Leinwände hätte füllen können. Klar, mehr Frauen als Männer, mehr dunkle Holzregale als weiße, mehr gutsituierte Damen und Herren, als die Normalbevölkerung wohnt. Das sagen wir mal so, weil die jeweiligen Personen uns privilegiert erscheinen, schon deshalb, weil sie mit einem Buch in einem bequemen Sessel sitzen dürfen, während wir durch die Buchmesse streifen, wo man alles tut, nur nicht zum Lesen kommt.
Sie sitzt in der Ecke, dicke Puschen an den Füßen, die auf einem edlen Perser ruhen. Sie ist zu Hause, in ihrer Bibliothek und liest. Unser Blick fällt auf den dunklen geschnitzten Tisch, ein antiquarisches Exemplar, aber wir können der Dame, die gerade blättert, nicht folgen, denn die Stimme einer anderen ruft uns in die Ecke, wo Gudrun Evla Bjovgwindottir auf einem weißen Sofa sitzt und Halldór Laxness vorliest, den einzigen Literaturnobelpreisträger Islands, der 1998 starb und eine nationale Institution ist. Nun verstehen wir das Prinzip. Mit den Augen folgen können wir allen 13 stillen Lesern, aber im Wechsel liest einer laut vor. Dazu wird in die Filmaufnahme sein Name sowie der Schriftsteller und das Werk aus dem sie vorliest, eingeblendet. Die Schrift verschwindet, sobald der nächste still Lesende auf Isländisch vorträgt und auf seiner Leinwand nun die Informationen erscheinen. Stundenlang könnten wir den uns so unbekannten Worten nachhängen.
Info: Um im Messetrubel auch persönliche Begegnungen in entspannter, „isländischer“ Atmosphäre zu ermöglichen, lädt „Sagenhaftes Island“ täglich um 17.00 Uhr zu einer Happy Hour in den Pavillon ein – mit isländischen AutorInnen, Musik und Brennivín, dem Nationalgetränk der Insel.
www.buchmesse.de/de/ehrengast/island2011