Frankfurt Buchmesse 2011, Teil 10: Hoffmann und Campe stellt das neue Programm vor
von Felicitas Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Presseeinladung des Verlages galt den Büchern, die auf der Buchmesse als Neuerscheinungen vorliegen und von denen vier Autoren – Jimmy Wales, Ulrich Wickert, Julia Friedrichs und Karl.Heinz Ott ihre neuen Bücher vorstellten. Zuvor jedoch kündigte Verlagsleiter Günter Berg für den 29. Oktober „Zug um Zug“ von Helmut Schmidt und Peer Steinbrück an, das gleichzeitig mit dem neuen Buch von Hausautor Siegfried Lenz erscheint. Ein Buch von Jörg Kachelmann über seinen Prozeß folgt im nächsten Jahr. „Es blieb einem nichts übrig, als seine Geschichte öffentlich mitzuverfolgen. Deshalb kommt er nun zu Wort“, so Berg. Am gleichen Nachmittag wurde von Peer Steinbrück das neue Buch von Ulrich Wickert „Redet Geld, schweigt die Welt“ im Frankfurter Hof vorgestellt.
Der Verleger „macht es sich leicht“, und läßt ausgesuchte Autoren ihr Buch selber vorstellen. Erster ist Wikipedia-Gründer Jimmy Wales, der lebhaft begrüßt wird. „Alles über Wikipedia“ ist von der Gemeinde mitgeschrieben. Wales dankt der Wikimedia Deutschland, die dieses Hinter-die-Kulissen-Schauen verantwortet und herausgibt. Seit 10 Jahren gibt es Wikipedia überhaupt, die englische Ausgabe ist die umfangreichste, aber schon die deutsche hat die zweithöchste Auflage, also die zweitmeisten Klicks.
Günter Berg brachte nahe, wie die deutsche Wikipediamannschaft in ein paar Monaten das Buch fertigbekam. Er kündigt Ulrich Wickert an, der als Gesicht jedem Deutschen bekannt ist, der aber auch Bücher schreibt. Wickert begründet sein Schreiben: Er habe eine Ader, Verhaltensweisen der Leute in ihrer Konsequenz weiterzudenken, zu analysieren und niederzuschreiben. Er hat das Buch geschrieben weil er ein politischer Journalist ist, der sich fragt, warum funktioniert das nicht. Er mißt die Theorie an der Praxis. In den Wirtschaftsseiten der Tageszeitungen erlebt man Abenteuerliches. Warum werden gerade in der Wirtschaft die gesellschaftlichen Regeln, die Werte gebrochen. Warum?
Ein Philosoph, für den die völlige Freiheit damit Freiheit vom ethischen Handeln bedeutet, findet Ulrich Wickert - mit unserem Einverständnis - Quatsch. Es geht nicht um Gewinn und Profit, die der Ethik nicht widersprechen. Aber um die Art und Weise der Profitmaximierung schon. Erst schildert er wie in einem Krimi die Tatsachen, von Geldwäsche bis Milliardenunterschlagungen. Die Amerikaner fragten, warum ist es zur Wirtschaftskrise gekommen. Und antworteten mit: „Die Gier!“ Dazu sagt Wickert: „ Die Gier?
Die Gier kann nicht handeln. Das tut der Mensch. Wirtschaft und Ethik muß man zusammenspannen.“
Freiheit wird begrenzt durch die Verantwortung. Das Ethikprogramm vom Otto-Versand, dem größten Versandhaus der Welt, zeigt die Vereinbarkeit von Ethik und ökonomischem Erfolg. Keine Kinderarbeit, kein Billiglohn, die Gerechtigkeit beginnt beim gerechten Lohn. Adam Smith sagte, der gerechte Lohn sei dann gegeben, wenn ein Arbeiter seine Familie damit ernähren können. Das stimmt für heute schon lange nicht mehr, 1,4 Millionen Berufstätige sind „Aufstocker“, die zuzüglich zu ihrem Arbeitslohn staatliche Hilfen bekommen. Es muß also den Mindestlohn geben, das ist eine politische Grundvoraussetzung.
Wickert spricht darüber, daß Ethik Pflichtfach bei den Wirtschaftsstudenten sein muß. Wie wird der Unternehmer in deutschen Schulbüchern dargestellt? Keine Ahnung! Der deutsche Unternehmer ist bis heute dick mit Zigarre und viel Geld. Der Arbeiter schwitzt. In Frankreich wird der Unternehmer dargestellt als derjenige, der die Stagnation predigt, denn Wachstum bringt zum Schwitzen.
Zum Schwitzen brachte dies ebenfalls den kleinen Rechner, auf dem mitgeschrieben wurde. Deshalb waren ausgerechnet beim Internet Jimmy Wales alle Funktionen blockiert. Er rühmte im Buch über „Alle über Wikipedia“ das grundsätzliche kritische Verhalten der Deutschen und lobte die deutsche Fangemeinde.