c siriSommerkrimis: Der neueste (10.) Krimi um den laotischen Rechtsmediziner aus dem Goldmann Verlag, Teil 1/2

Elisabeth Römer

Hamburg (Weltexpresso) – Irgendwie kam ich auf „Dr. Siri Paiboun“. Vor Jahren hatte ich mit Vergnügen, diese skurrilen Krimis entdeckt und gelesen, dann neulich verwechselt mit Nury Vittachi und seinem Fengshui-Detektiv C.F. Wong aus dem Unionsverlag, den ich mit mindestens dem gleichen Vergnügen gelesen hatte, und mir deshalb geschworen habe, wenn ich mich jetzt erst einmal darum kümmere, was mit Dr. Siri in seinen letzten Büchern passierte und lese und lese, daß dann wieder einmal Wong dran kommt, an dem seine rotzfreche Assistentin Jo besonders interessiert.

Aber schon verständlich, warum ich beim uralten Dr. Siri auf den alten Wong kam. Daß gleich zwei Krimireihen, die aus Südostasien kommen, denn das Hongkong des Wong ist Laos nicht fern, von alten Männern handeln, ist nicht zufällig. Denn die Alten haben dort noch eine höhere Wertschätzung als in westlichen Ländern, so wie es früher auch bei uns war, was einer direkten Ableitung aus der Antike entsprach, wo sogar auch jüngere Philosophen in Statuen als alte Männer dargestellt wurden, weil erst die Falten und die gebrechliche Figur die höhere Weisheit schon optisch verkündete. Das Alter ist deshalb das eine, warum man beide Ermittler, den laotischen Siri und den chinesischen Wong zusammenbringt. Das andere ist, daß die Kriminalhandlungen ihre jeweiligen Themen aus einer leicht okkulten Welt beziehen, wie der Titel „Der Fengshui-Detektiv und der Geistheiler“ zeigt, denn um Geister und überhaupt Zwischenwelten geht es immer, die andere Menschen nur in Träumen und Albträumen sowie im Drogen- oder Alkoholrausch erleben. Und dann gibt es ein Drittes, was die beiden Ermittler verbindet. Beide Reihen sind urkomisch, bringen einen zum Lachen, sind geistreich und voller Anspielungen. Im Ernst, man kann beim Lachen eine Menge lernen.

Nun hat mich interessiert, ob diese meine damaligen Erinnerungen sich in dem neuesten, im Juli erschienenen „Dr. Siri und die Tränen der Madame Daeng“ wiederfinden. Das kommt gleich. Aber erst einmal wollte ich wissen, wo meine bisherigen Leseerlebnisse im Ablauf der zehn Siri-Krimis angesiedelt sind. Also recherchieren.

Die Reihe um den Rechtsmediziner Dr. Siri Paiboun im Goldmann Verlag

Dr. Siri und seine Toten, Manhattan, München 2008
Dr. Siri sieht Gespenster, Manhattan, München 2009
Totentanz für Dr. Siri, Manhattan, München 2010
Briefe an einen Blinden - Dr. Siri ermittelt, Manhattan, München 2011
Der Tote im Eisfach - Dr. Siri ermittelt, Manhattan, München 2012
Der fröhliche Frauenhasser - Dr. Siri ermittelt, Manhattan, München 2013
Grabgesang für Dr. Siri - Dr. Siri ermittelt, Manhattan, München 2014
Dr. Siri und der explodierende Drache, Manhattan, München 2015
Dr. Siri und die Geisterfrau, Goldmann, München 2016
Dr. Siri und die Tränen der Madame Daeng, Goldmann, München 2018

Die Fettmarkierungen sind die von mir gelesenen Büchern, wobei ich, als ich wieder einsteigen wollte, mir das Hörbuch besorgte von Dr. SIRI UND DIE GEISTERFRAU, aus dem Hörverlag. Und da hörte und hörte ich und fand vieles witzig, aber konnte der Handlung nur sehr schwer folgen. Nun war auch zuvor nicht die Geschichte und ihre Auflösung das Besondere gewesen, sondern doch eher die Art und Weise des Erzählens. Und dabei sind landschaftliche Kenntnisse einfach erforderlich, wenn man den Spuren von Siri und seiner Frau Daeng folgen will. Von daher kann ich jetzt zugeben, daß ich schon beim ersten Mal mit Dr. Siri mir einen Weltatlas geholt hatte, den ich im Gebiet Südostasien aufgeschlagen liegen ließ, denn wenn eine Geschichte in Laos spielt, sind die Nachbarländer automatisch dabei.

Das liegt daran, daß Laos im großen Zipfel unterhalb Chinas, das einzige Land ist, das Binnenland ist, also keinen Zugang zum Meer hat, weder zum Südchinesischen Meer wie der Nachbar Vietnam, oder zum Golf von Thailand wie Thailand im Süden oder im Westen zum Golf von Bengalen, an den auch Myanmar stößt, was natürlich in den Romanen noch Burma heißt, denn die spielen in der Mitte und Ende der 70er Jahre. So lautet der erste Satz des neuen Krimis: „Am 25. Dezember 1978 flog der Lautsprechermast in Abschnitt sechs im Süden That Luangs unversehens in die Luft, ein laotischer Rock, in dessen Saum ein abgetrennter Finger eingenäht war, passierte, unbeanstandet das staatliche Postbeförderungssystems, und Vietnam marschierte in Kambodscha ein.“

Ob deshalb endlich(!!!) auf der linken Seite zum ersten Kapitel rechts eine gezeichnete Karte von Laos mit den angrenzenden Ländern abgedruckt ist. Dort sind auch die ganzen Orte in Laos verzeichnet, zu denen diesmal Dr. Siri mit Madame Daeng unterwegs ist, was einem das Lesen einfach spannender macht, weil man die gesamte Handlung besser nachvollziehen kann. Nur witzig, das fällt mir jetzt erst beim Schreiben auf, gerade im zitierten ersten Satz wird ja Kambodscha erwähnt, und genau dies Land, das südlich von Laos liegt, ist auf der Karte nicht mehr drauf. Dafür aber der Norden. Und das ist sehr eindrücklich, wie massiv China über allem thront. Deshalb versteht man im Buch dann die ganzen Anspielungen auf China und die Befürchtungen der laotischen Bevölkerung, daß sie von China aus unterwandert werden könnten, bzw. dies im Roman auch geschieht.

Höchste Zeit nun endlich zur Geschichte zu kommen, was im nächsten Teil geschieht.

P.S. Beim Lesen liegt es näher, sich den Atlas zu holen. Beim Hören, insbesondere wenn man unterwegs hört, liegt es ferner, bzw. geht nicht.

Foto:
Cover © Goldmann

Info:
Colin Cotterill, DR. SIRI UN DIE TRÄNEN DER MADAME DAENG,
Goldmann Verlag, Juli 2018