buch nor2Frankfurter Buchmesse 2019: EHRENGAST NORWEGEN, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es begann mit dem Hören, dem Zuhören von ungewöhnlichen Klängen, deren Hervorbringen durch drei Musikern/Komponisten/Rappern von Ferdigsnakka man sehen konnte, wobei die Musik Begleitung zu einem Gedicht war, eben dem DAS IST DER TRAUM des norwegischen Dichters Olav H. Hauge (1908-1994), das vor zwei Jahren zum bedeutendsten norwegischen Gedicht aller Zeiten gewählt wurde und das heute Fredrik Hoyer im Musikrhythmus sprach.

Damit haben wir mit diesem lyrischen Anfang schon etwas Wichtiges über Norwegen erfahren, denen wir nicht unbedingt die Verschmelzung von Wort und Musik und den Traum als eigentlichen Ort des Lebens zugetraut hätten. Die anschließende Pressekonferenz fand statt mit Juergen Boos, seit 2005 Direktor der Frankfurter Buchmesse, der norwegischen Kulturministerin Trine Skei Grande und dem Projektmanager des norwegischen Gastauftritts, der schon 2011 für Island in der selben Funktion tätig war, Halldór Gudmundsson. Die Vierte im Bunde heißt Margit Walso, hat 20 Jahre als Verlegerin gearbeitet und ist Initiatorin des norwegischen Ehrengastprojekts, das sie als Direktorin von NORLA (Norwegian Literature Abroad) schon seit 2011 vorbereitet.

Juergen Boos begründete die Auswahl von Norwegen als Ehrengast mit ein paar statistischen Daten, die aufhorchen ließen: Seit Jahren steht Norwegen bei der Erfüllung der Pressefreiheit auf Platz 1, hat als viertes Land das Frauenwahlrecht eingeführt, steht ganz vorne bei den Ländern, die den geringsten Unterschied zwischen den Gehältern von Frauen und Männern und andere derartige Probleme gelöst haben, auch der Friedensnobelpreis wird in Oslo verliehen. Deshalb, so Boos, können wir von Norwegen lernen. Und wenn man die ellenlange Liste von Autorinnen, die er nur hochhielt, weil bei einer Verlesung das Ende der Buchmesse erreicht sei, als Vorbild für Deutschland nimmt, wohl auch. Boos sprach auch von dem norwegischen Verleger, der unmittelbar nach der Fatwa Salman Rushdie eingeladen hatte, angeschossen wurde, knapp überlebte.

Boos äußerte große Erwartungen an den norwegischen Auftritt im nächsten Jahr, die über Literatur hinausgehen: „Die Programmverantwortlichen haben schon in diesem Jahr...und sie haben insbesondere auch die Neugier der deutschen Buchhändlerinnen und Buchhändler auf norwegische Literatur wecken zu können. Mit Tomas Espedal, Maja Lunde, Matias Falsbakken, Monica Isakstuen, Erling, Kagge, Asne Seierstad und Linn Ullmann sind auf der Frankfurter Buchmesse einige der wichtigsten Vertreter norwegischer Literatur vor Ort – und wir werden im nächsten Jahr noch viele andere junge norwegischen Stimmen entdecken. In der norwegischen Zivilgesellschaft sind Werte wie Rede- und Meinungsfreiheit fest verankert – diesen Themen wird Norwegen im Rahmen seines Gastlandauftrittes auf der Frankfurter Buchmesse 2019 besondere Aufmerksamkeit schenken.“ Und in einem späteren Beitrag kam Boos auf etwas Neues zu sprechen, das sich aber mit der wachsenden Bedeutung des Ehrengastes auf der Buchmesse über die Literatur hinaus anbietet: es werde 2019 „Country of Focus“ bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin und Partnerland bei der Messe Jazzahead in Bremen. Besondern intensiv werden die norwegischen Zeiten in Frankfurt begangen, wo beispielsweise das Museum für Angewandte Kunst sich monatelang in ein „House of Norway“ verwandeln werde.

Die Kulturministerin Skei Grande äußerte anschließend: „Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse zu sein, ist eine herausragende Chance für Norwegen. Unsere Autoren und Künstler können an einer globalen Diskussion über Kunst, Meinungsfreiheit und unsere gemeinsame Zukunft teilnehmen, wofür die Buchmesse schon immer eine ausgezeichnete Plattform bot.“

Die kleine Runde überbot sich in wohlwollenden Kommentaren zur bisherigen Planung und Halldór Gudmundsson war in gewissem Sinn der Emotionalste: „Gute Literatur öffnet unsere Herzen und bringt uns an Orte, an denen wir noch nie zuvor waren. Mit Kultur, in allen ihren Erscheinungs- und Ausdrucksformen, möchten wir im Rahmen unseres Ehrengastauftritts 2019 darüber erzählen, wer wir sind.“ Er ging auch darauf ein, wie sehr das Interesse an nordischer Literatur in Deutschland gewachsen sei, als es mit Jostein Gaarders“Sofies Welt“ als Bestseller losgegangen sei.

Margit Waslo, die seit Jahren die Vorarbeit machte, schloß als Direktorin von NORLA : „ Norwegens literarisches Ehrengastprogramm im Jahr 2019 wird auf dem internationalen Erfolg der norwegischen Literatur aufbauen und dabei zum einen die Stellung unserer Literatur in Deutschland festigen und zum anderen neue Stimmen auf den deutschsprachigen Buchmarkt bringen.“ Und sie verwies darauf, daß heutzutage fünfmal mehr Bücher aus dem Norwegischen übersetzt werden können, weil ihr Institut das leistet.

In den nächsten Tagen folgen weitere Auftritte norwegischer Dichter und Schriftsteller. Am Sonntag, 14. Oktober wird vom 15.30 bis 16.30 Uhr im Forum, auf der Ebene des Gastlands, die feierliche Übergabe der Gastrolle von Georgien an Norwegen erfolgen.

Foto:
Die Macher:Margit Waslo und Halldór Gudmundsson
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