Zur Erinnerung an den österreichischen Schriftsteller Milo Dor (1923–2005), Teil 2

 

Felicitas Schubert

 

Wien (Weltexpresso) – Wir können nicht im Handumdrehen eine richtige Werkübersicht leisten. Aber wir können drei Bücher, die derzeit im Picus Verlag lieferbar sind, vorstellen, die sowohl seine kämpferisch politische Seite zeigen wie auch die des Unterhaltungsfachmannes...

 

Positionen eines kämpferischen Humanisten

 

nennt Milo Dor im Untertitel sein Buch GRENZÜBERSCHREITUNGEN.

»Wie viele Grenzen der Vernunft, des Anstands und der Moral müssen noch überschritten werden, damit die Menschen zu einer humanen Haltung gelangen, die sie daran hindert, aus verworrenen Gründen einer trüben, fadenscheinigen nationalistischen Ideologie das Leben ihrer Mitmenschen auszulöschen?« Milo Dors in diesem Band versammelte Schriften fügen sich zu einer repräsentativen Auswahl, die seine wichtigsten Haltungen und Reflexionen zur europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts wie zur gegenwärtigen politischen Lage dokumentiert. Dors zutiefst humanistische Intention, den Zustand der Welt nicht so hinzunehmen, wie er ist, sondern ihm schreibend kämpferisch zu begegnen und so seine kritische Stimme gegen Missstände zu erheben, wird in jedem dieser Texte deutlich.

 

Aber er lässt auch viel Persönliches und Anekdotisches einfließen: Erinnerungen an Weggefährten und Freunde, Nachdenkliches über das eigene Schreiben sowie über die Position des Schriftstellers gegenüber der Gesellschaft im Allgemeinen. Seine Lebensgeschichte macht ihn zu einem aufgeklärten Europäer, der durch seine Erfahrungen und seine offene Haltung prädestiniert dafür ist, eine Brücke zwischen West- und Osteuropa zu schaffen. Und so finden sich auch mehrere Texte in diesem Band, die zu einer zukunftsweisenden Annäherung an unsere südosteuropäischen Nachbarn beitragen, indem sie die Perspektive auf die gemeinsame Geschichte in einem gesamteuropäischen Kontext rücken.


120 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-85452-465-6
14,90 Euro

 

 

Internationale Zone

 

ist der Titel des von Milo Dor und Reinhard Federmann verfaßten Romans, eines flotten Nachkriegskrimi im besetzten Wien des Dritten Mannes.

Wien, Nachkriegszeit – Nach den Jahren der Zerstörung und des Hungers werden die ersten Siegergestalten des Wiederaufbaus an die Oberfläche gespült. Es sind einheimische und zugewanderte Schieber, Schwarzhändler und Unterweltler, die Dor und Federmann in ihrem packenden Roman vorführen, und die atemlos dem schnellen Geld nachjagen. Sie sind es, die sich im noch unsicheren System der Besatzungszeit im aufgeteilten Wien am besten zurechtfinden, die sofort erfassen, mit welcher Besatzungsmacht sich welche Geschäfte abwickeln lassen. Vom Handel mit und dem Schmuggel von Zigaretten geraten sie so fast zwangsläufig in das Spiel der Spionage und schließlich des Menschenraubs. Die sowjetischen Besatzer helfen aktiv bei der Beschaffung des Schmuggelgutes: die erwartete Gegenleistung ist die Auslieferung von »Feinden der Sowjetunion«, die sich in nicht-sowjetischen Sektoren aufhalten. Dors und Federmanns negative Helden, die sich ohne Skrupel und Bedenken an dem Spiel im Wien des Dritten Mannes beteiligen, geraten allerdings bald selbst in das von ihnen ersonnene Netz, in dem sie sich verfangen und an dem sie zugrunde gehen.

203 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-85452-291-1
21,90 Euro



Und wenn sie nicht gestorben sind ...

haben ebenfalls Milo Dor und Reinhard Federmann zusammen verfaßt. Der Roman gilt als köstlicher-komischer Politthriller aus der Zeit des Kalten Krieges.

Ein turbulenter, meisterhaft erzählter Politthriller in einem imaginären südöstlichen Staat, dessen innenpolitische Wirren deutlich vom kalten Krieg geprägt sind. Eduard Rafaeljan ist Journalist in Paris. Im Auftrag einer Presseagentur reist er für eine Reportage in das südöstliche Land Dazien, was ganz und gar nicht nach seinem Geschmack ist: Denn Rafaeljan ist gebürtiger Dazier und dort vor einiger Zeit in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Dennoch begibt sich Rafaeljan auf die äußerst gefährliche Reise. Aber nicht nur die zur Zeit in Dazien regierende Partei – die Nationale Front –, auch die mächtige oppositionelle Untergrundbewegung, der Rafaeljan einmal angehörte – die Nationale Liga –, trachten ihm mittlerweile nach dem Leben.

 

Das ganze Land scheint mit nichts anderem als mit Bespitzelung und Agententätigkeiten beschäftigt zu sein, Minister führen mehr oder weniger offene Agentenkriege gegeneinander. Nur die Tatsache, dass die Ermordung des Journalisten die Weltöffentlichkeit auf die Zustände in Dazien aufmerksam machen würde, gibt Rafaeljan eine winzige Chance, bei dieser atemlosen Jagd, die zahllose Todesopfer fordert und das Land direkt in den Bürgerkrieg zu führen scheint, zu überleben … Ein weiteres gemeinsames Werk, das Reinhard Federmann und Milo Dor in den fünfziger Jahren schufen. Der turbulente Thriller zeichnet ein plastisches, teilweise ins Groteske übersteigertes Bild seiner Zeit.


241 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-85452-259-1
18,90 Euro