fb w6Das Lesefest: Frankfurt liest zum 10. Mal ein Buch. Vom 6. bis 19. Mai 2019 in Frankfurt und Region, Teil 12

Wolfgang Nett

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Könnte ein Auftritt von Wolfram Koch, dem Kriminalhauptkommissar Paul Brix aus dem Tatort, anders beginnen, als mit einem Beben? Auf Seite 271 des neuaufgelegten Romans Westend von Martin Mosebach beginnt die Lesung mit musikalischer Untermalung von Pianistin Natalya Karmazin mit eben dieser Beschreibung eines Erdbebens inmitten der Stadt Frankfurt.

Tags zuvor noch hatte Martin Mosebach dies als Schlüsselszene bezeichnet, wenig beachtet von den in Frankfurt lebenden Menschen, gibt es hier leichte Erdbeben, „als stehe die Stadt auf dem Rücken eines großen, schlafenden Tieres, das im Traum ein Schauder überlebt.“ Diese, wie alle weiteren zu lesenden Stellen, hatte treffsicher die künstlerische Leitung der FABRIK Frankfurt, Karin Wagner, ausgewählt. Denn wäre es nach Martin Mosebach vor Veröffentlichung des Romans im Jahr 1992 gegangen, hätte das Buch „Das Erdbeben“ geheißen, denn genau durch diese Begebenheit im Roman und dem kleinen Wasserrohrbruch nimmt das Schicksal den Lauf der Dinge.

Ein Wendepunkt, der möglicherweise dem Publikum in dem ausverkauften Saal verborgen blieb. Denn es war das Hier und Jetzt, das in den Bann zog. Die Kellergewölbe, dem stets Essenswünsche erfüllenden jungen Mitarbeiterstab, der flackernden Beleuchtung, jedoch vielmehr der Präsenz von Wolfram Koch: ganz in Schwarz mit braunen Schuhen und türkisfarbenen Socken, intonierte er auf das Höchste konzentriert diverse Episoden des Romans. Die Pianistin und Jazz-Stipendiatin der Stadt Frankfurt schuf Pausen des Innehaltens. Im ersten Teil der Veranstaltung eigene Kompositionen eher im Stil des Unterhaltungsmusikers auf einem Kreuzfahrtschiff, in der zweiten Hälfte mit Wucht und Leidenschaft, die mit dem Text wunderbar korrespondierten.

Möglicherweise gibt es Exzellenz im Beisein von gewogenem Publikum, daher war es die Begegnung der anderen Art in der Pause dieser Veranstaltung. Ein Zuhörer gratulierte Wolfram Koch zu seiner Lesung mit den Worten „viel besser als im Tatort!“ Was antwortet man auf diesen Kommentar? Fragt man nach, an welchen Stellen des Tatorts so viel vorgelesen wurde? Koch entschied sich für die höfliche Variante und erwiderte artig „Vielen Dank!“

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© Wolfgang Nett

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Weitere Informationen zum Programm unter www.frankfurt-liest-ein-buch.de