Hanno Lustig
Köln (Weltexpresso) – Schon wieder zehn Tage ins Land gezogen. Es passiert eben zu viel. Auch im Weltexpresso, wo die ganzen Artikel zur Krimibestenliste das Schreiben und den Abdruck noch weiterer Krimis behindern. Denn nur Krimis oder nur Filme, das geht einfach nicht. Diesmal haben wir drei Krimis ausgewählt, einen ganz neuen, einen von gestern und ein Buch, das gar kein Krimi ist, aber spannend.
Zudem wurde jüngst Emma Donoghues RAUM mit sehr großem Erfolg verfilmt, weshalb das am 12. November 2012 herausgekommene Hörbuch eine neue Filmausgabe besitzt.
Aber erst einmal Stefan Ahnheim, der, so heißt es, einer der beliebtesten Krimiautoren ist. Ein Schwede, auch schon 52 Jahre alt, und seine Kriminalromane sind thrillerartig in der Regel sehr blutig. Mit seinem Kommissar Fabian Risk hat er aber einen gefunden, der zwischen Psychologie und blutigem Ernst denn doch auch den versierten Krimileser, meist die Leserin, interessiert. Übrigens ist Ahnheim geschult an seinen eigenen Drehbüchern, denn er hat Hennig Mankels Wallanderfilme die Drehbücher zubereitet.
Für deutsche Leser ist auch wichtig, daß Ahnhem gerne Lesereisen macht und sich perfekt verständigen kann, was kein Wunder ist, denn seine Mutter ist Deutsche. Und mir sind immer wieder mal in seinen Romanen Hinweise auf eine deutsche Marke, eine deutsche Stadt, Ereignisse aus deutscher Geschichte aufgefallen. Zurück zum vierten Fabian Risk ZEHN STUNDEN TOT, der ganz neu UND MORGEN DU (2015), HERZSAMMLER (2016) und MINUS GRAD (2017) folgte.
Fabian Risk ermittelt in Helsingborg. Das ist ganz unten südlich, direkt gegenüber dem dänischen Helsingør, das muß man wissen, denn es geht immer wieder hüber und nüber, was auch seinen biographischen Hintergrund hat, denn der Autor lebt in Kopenhagen. Als Grenzstadt hat Helsingborg das Schicksal all dieser Grenzstädte, daß sich Verbrecher, ob Wirtschaftsverbrecher oder Fluchtverbrecher hier gerne ansiedeln. Und so ist aus dem alten beschaulichen Städtchen eine wüste Stadt geworden, in dem die Morde zu Hause sind.
Was hinzu kommt, jetzt nur gestreift wird, ist Fabians persönliche Situation, die ihn zwingt, Abstand zu seiner Familie zu halten, wobei das Problemkind der waffennärrische Sohn ist, aber die eigentliche stumme Heldin seine Tochter, die im Koma liegt. Mehr muß man wirklich nicht sagen, um zu wissen: das Schlimmste ist eingetreten. Das haben wir jetzt als Vorgabe gebracht. Das Hörbuch fängt jedoch ganz anders an. Da will eine Frau ihren abgefahrenen, unsympathischen Mann verlassen und mit dem Geliebten nach Paris abhauen, doch dann wacht sie im tiefen Wald wieder auf. Was ist passiert?
Die Lesekapitel mit dieser Frau und mit dem Kommissar sind unterbrochen durch einen rätselhaften Mann. Ist es überhaupt ein Mann? Aber sofort stellt man sich diesen vor, wenn da einer in Zwangshandlung sein Verhalten von Würfelzahlen abhängig macht. Beim Einkaufen genauso wie beim Morden. Der Krimi gewinnt seine Spannung daraus, daß man erst an den Teilen herumrätselt, dann aber die verschiedenen Teile immer weiter zusammengebunden werden, bis der Zopf festsitzt und dann auch das Gummi den Rest zusammenhält und Risk trotz vieler Flauten der Gerechtigkeit zum Sieg verhilft.
Wir haben so viel verschwiegen. Vor allem Irene Lilja, denn gleich zu Anfang geht es um einen so grauslichen Mord an einem Kind, das wir uns fragen, ob das nötig ist, so grausam in allen Einzelheiten einen besonders sadistischen Mord niederzuschreiben. Wir meinen nein und haben diese Passagen einfach überschlagen. Nicht aber die darumherum, denn der kleine tote Junge ist ein syrischer Flüchtling und wie insbesondere im Osten Deutschlands ist auch in Skandinavien das Flüchtlingsthema ein gewaltiges, weshalb auch die eh schwierige Liebesbeziehung der Kommissarin für sie ein Ende hat, als sie zufällig entdeckt, daß ihr Partner bei den Schwedendemokraten eingetragen ist, vergleichbar unserer AfD. Gute Nacht.
Der Mensch denkt, die schreibenden Fingerlein denken. Denn jetzt ist statt der drei Hörbücher es doch erst einmal bei Fabian Risk geblieben. Die beiden folgenden Romane als Hörbücher im nächsten Teil.
P.S. Typisch. Aber so ist das mit den Hörbüchern. Liest jemand richtig gut, dann wird einem das selbstverständlich. Und ehrlich gesagt, soll es so auch sein. Denn, wenn uns der Vorleser besonders aufgefallen wäre, wäre das nicht gut für das Buch. So hat David Nathan alles richtig gemacht und den Text wirken lassen.
Foto:
Cover
Info:
Alle drei Hörbucher von Hörbuch Hamburg
Stefan Ahnhem
Zehn Stunden tot: 2 CDs (Ein Fabian-Risk-Krimi, Band 4),
gelesen von David Nathan, et al.
2mp3 CDs, 840 Minuten
ISBN: 9783 95713 1546
Mai 2019