Serie: Bestien von Florenz und das Monster von Perugia: Amanda Knox, Teil 3

 

Felicitas Schubert und Klaus Hagert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir hatten Robert Harris angeführt. Tatsächlich war er, wie viele andere, von weit hergekommen, um den einzelnen Prozessen über DIE BESTIE VON FLORENZ zu folgen, um daraus für sein eigenes Schreiben Authentisches mitzunehmen, was er in HANNIBAL auch umsetzte.

 

 

Wir hatten ihn als einen aufgeführt, der dabei war. Es war aber bei der Aufzählung in erster Linie um diejenigen gegangen, die beruflich mit der Aufklärung der Morde und gerichtlichen Verfolgung zu tun hatten. Diese Aufzählung setzten wir hier fort. Es folgen des weiteren Arturo Minoliti, Maresciallo der Carabinieri, Michele Giuttari, der die Ermittlungen übernahm, nachdem Hauptkommissar Perugini nach Washington befördert worden war und eigentlicher Drahtzieher hinter der Verhaftung von Spezi und der strengen Vernehmung vor einer potentiellen Verhaftung des Amerikaners Douglas Preston ist.

 

Beteiligt an den Bestien Verfahren sind auch Francesco Ferri, Präsident des Berufungsgerichts im Verfahren Pacciani, eines der nacheinander als Bestie Angeklagten, Inspektor Castelli, Kriminalbeamter der GIDES, der Sonderermittlungseinheit für Serienmorde, Capitano Mora, ein Carabinieri-Hauptmann, Giuliano Mignini, Publico Ministerio, also Ankläger von Perugia, was einem Bezirksstaatsanwalt entspricht, der hier mit dafür sorgt, wie die journalistischen Berichterstatter Spezi und Preston als Kriminelle behandelt werden und dann im Fall der Amanda Knox groß herauskommt als derjenige, der besonders willkürlich und die 'Indizienbeweise' fälschend ist sowie Marina De Robertis, Untersuchungsrichterin im Fall Spezi.

 

Allein mit den Namen der für die Aufklärung der Morde Verantwortlichen und juristischen Begleiter lassen sich Seiten füllen. Vielleicht ist dies auch eine Erklärung für den mangelnden Aufklärungserfolg. Denn bei der BESTIE VON FLORENZ geht es um einen furchtbaren Serientäter, der zwischen August 1968 bis September 1985 achtmal in der Nähe von Florenz junge Liebespaare im Auto beobachtete und abschlachtete, wobei er sich insbesondere besonders grausam an den Frauen vergriff, aber niemals sexuell betätigte.

 

Ehrlich gesagt geht das Lesen über diese detailliert dargestellten Morde an die Grenze des Erträglichen. Was bei Krimis ja noch unterhaltsam ist, wird bei der Vorstellung, daß dies alles geschehen ist, zum Alptraum, was sich verstärkt, wenn man im hinteren Teil die Fotos der ermordeten Paare, einiger Verdächtigter und des Behördenpersonals sieht. Alptraumhaft auch, daß eigentlich das Morden schon 1951 beginnt, als Pietro Pacciani den Geliebten seiner Verlobten ermordet, was sich 1961 fortsetzt, als Salvatore Cincis Frau Barbarina auf Sardinien tot aufgefunden wird. Der Zusammenhang dieser Morde mit den Liebespaarmorden ergibt sich durch die später als Serienmörder Verdächtigten.

 

Insofern können wir diesen echten Kriminalfall in seiner Beschreibung als Buch eigentlich nur empfehlen, weil die Aufarbeitung durch die italienischen Behörden besonders stümperhaft ist und man aus dieser lernen kann, wie man einen Serienmörder nie und nimmer fassen kann. So gab es in Florenz die Jahre über immer neue Theorien und neue Verdächtige. War es zuerst die sogenannte sardische Spur – ein Clan aus Sardinien, der sich um Florenz ansiedelte -, waren es dann Einzeltäter, die verhaftet und sogar verurteilt wurden, was aufflog, wenn die Inhaftierten drinnen saßen, während draußen der nächste, sehr identische Mord passierte. Im übrigen ist der Fall, sind die Morde bis heute nicht aufgeklärt!

 

Was das Buch so spannend macht, ist das Involviertsein der Autoren in den Fall, was nicht freiwillig geschah. Das Buch selbst besteht in 60 Kapiteln aus zwei Teilen: im ersten Teil berichtet der vielleicht beste Kenner der Materie, der Journalist Mario Spezi aus Florenz, über die einzelnen Morde, über den Verlauf, die Toten und die versuchte Aufklärung, bzw. Anklage in 29 Kapiteln. Im zweiten Teil ab Seite 213 berichtet Douglas Preston bis zum Schluß. Der lebte als Erfolgsautor ab 2000 damals auf eigenen Wunsch mit seiner Familie in Florenz, dann in der Nähe, als er durch die Bekanntschaft mit Mario Spezi in die Berichterstattung der BESTIENMORDE hineingezogen wurde.

 

Ursprünglich hatte er für seinen nächsten Kriminalroman mit dem „legendären toskanischen Kriminalreporter namens Mario Spezi, der mehr als zwanzig Jahre lang für LA NAZIONE, die Tageszeitung der Toskana und Mittelitaliens, die cronaca nera ('schwarze Geschichte' oder Kriminalreportage) geliefert hatte“ und „Er weiß mehr über die Polizei als die Polizei selbst“, nur reden wollen. Herausgekommen ist eine Freundschaft, was zu Verdächtigungen bei der Recherche zu der BESTIE VON FLORENZ der eigenen Täterschaft führte, was alles auf die Kappe von insbesondere zwei Personen geht: des neu eingesetzten Michele Giuttari und des Giuliano Mignini, des Bezirksstaatsanwaltes von Perugia.

 

 

Beide Buchteile ergänzen sich hervorragend. Spezi bringt das florentinische und forensische Detailwissen und eine akribische Spurensuche sowie Kommentare zum polizeilichen Handeln sowie den fälschlichen Verhaftungen der angeblichen BESTIEN. Preston dagegen, der seit 2000 im Raum Florenz wohnte, arbeitet literarisch insbesondere das Verhalten der Polizei und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Verfahrens gegen seinen Spezi, den renommierten Kriminalreporter Mario Spezi und dessen willkürliche und durch nichts zu rechtfertigende Verhaftung auf sowie die Einschüchterung, die ihm selbst widerfuhr, als er von Oberstaatsanwalt Mignini in einer anklagenden Form vernommen wurde, der er sich dann doch lieber durch sofortige Abreise mit seiner Familie in die USA entzieht.

 

Übrigens wurde Spezis Haus das erste Mal am 18. November 2004 durchsucht, eine zweite Durchsuchung erfolgte am 24. Januar 2005, am 22. Februar 2006 wurde Preston von Mignini vernommen, am 7. April Mario Spezi von diesem verhaftet. Am 29. April muß er aus dem Gefängnis entlassen werden, am 16. Januar 2008 ist der erste Verhandlungstag im Prozeß gegen Giuttari und Mignini wegen Amtsmißbrauch. Mario Spezi dagegen erringt den nationalen Journalistenpreis! Fortsetzung folgt.

 

 

 

INFO:

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Die Bestie von Florenz, Taschenbuchverlag Knaur 2010, 50436

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Der Engel mit den Eisaugen, Taschenbuchverlag Knaur 2013, 51346

 

Amanda Knox, Zeit, gehört zu werden, Droemer Verlag 2013

 

ab 3. Juni Douglas Preston & Lincoln Child, FEAR – Grab des Schreckens, Droemer Verlag 2013